»Jugend ans Geld verloren« heißt das erste Album der Innsbrucker Band, die sich so gar nicht nach Innsbruck anhört. Das ist viel eher zeitloser Pop der Marke Hamburger Schule mit gar fabelhaften Formulierungen. Die Singleauskopplung »Und wenn es dann funktioniert« feiert hier seine Videopremiere.
Wenn die Nacht am tiefsten ist, lässt es sich am schönsten träumen. Wenn die Nächte ganz besonders lang sind, dann schlummert man eben noch ein bisschen länger seinen Sehnsüchten entgegen. Dass das mutmaßlich verträumteste und schwelgerischste Album dieses ansonsten nur von Angstträumen heimgesuchten Jahres pünktlich zum allerorts herbeigesehnten Winterschlaf erscheint, darf da natürlich ganz unverblümt als Wink des Schicksals verstanden werden. Als Wink mit dem Zaunpfahl, der sich in die Herzen der Schlafwandelnden bohrt. Dort gehört sie auch hin, die Musik der Innsbrucker Drei-Buben-Band Dreimalumalpha, die gar nicht mal so nach Innsbruck klingt (ist ja auch ein Deutscher dabei).
Der Bandname hört sich mathematisch an, die Songs füllen aber vor allem die Räume zwischen 0 und 1. Das ist eben die Art von Naturwissenschaft, die man in der Hamburger Schule lernt – und von deren arg bekritzelten Schummelzetteln haben sich die Tiroler für ihr Debütalbum hör- und spürbar inspirieren lassen. Dass »Jugend ans Geld verloren« auch schon vor zehn, zwanzig, vierzig Jahren genauso hätte erscheinen können, ist auch dieser vielleicht manchmal beratungsresistenten Genreschublade zuzuschreiben. Im Falle von Dreimalumalpha ist das aber kein Beweis von mangelndem Zeitgeist, sondern ein Statement für die Allgemeingültigkeit der transportierten Gefühlswelten. Zeitlos quasi. Denn das Album wird auch noch in zehn, zwanzig oder vierzig Jahren funktionieren.
Na, da schaust!
Weil nämlich, Punkt eins: Musikalisch sind die elf Stücke recht wenig polarisierend, da gibt’s gar nichts. Feinster Gitarrenpop, passend für jegliche Hörgewohnheiten. Und vor allem, Punkt zwei: Da werden Sätze durchgehend so fabulös fabuliert – denk an ein »Hi Freaks« in Dauerschleife. So lässt sich (nicht nur) das mancherorts schon wild zitierte »Du bist ein Ausnahmetalent in Sachen Freizeitgestaltung« aus dem Singlehit »Zu Besuch« ganz problemlos für niedliche Einträge in Poesiealben stibitzen. Und ein Satz aus »Ohne Theorie keine Revolution« eignet sich als gespraytes Wandtattoo für die Studierenden-WG: »Traurige Gesichter sind mit Sicherheit ein grundlegender Maßstab der Systembeschaffenheit.« Na, da schaust!
Das Album »Jugend ans Geld verloren« von Dreimalumalpha ist heute, also am 4. Dezember 2020, bei Motor Music erschienen.