Auf seinem ersten Album unter dem wirklich echten Namen seit 9 Jahren gewährt der Wiener Tausendsassa gleich 44 Einblicke in sein Denken (no pun intended).
Es gibt sie einfach: Diese Leute, die irgendwie alles machen. Und es gibt sie noch mehr im österreichischen Pop, oder sagen wir: im Bereich der zumindest halbwegs populären Musik. Einer davon ist der Clemens Denk: Wenn er nicht gerade malt, schreibt oder zeichnet – weil eigentlich ist er studierter Maler und Grafiker – dann macht er Musik. Auch wenn er sagt, dass er nicht singen kann, tut er es trotzdem umso häufiger: Neben seinem fast gleichnamigen Projekt Clemens Band Denk, den Gruppen Dot Dash, Krafftmalerei und Rabe, ist er etwa auch der Vorsteher der Gruppe Wirtschaftskammer – was in dem Sinne auch lustig ist, weil ein anderer Präsident einer Organisation gleichen Namens fast schon ein Meme für Workaholic geworden ist. Letztere Band, die der Searchability in den Suchmaschinen mehrere Schnippchen schlägt, hat im 19er Jahr ein neoliberalismuskritisches Manifest in die Gehörgänge geritzt.
Und wenn Clemens Denk zum ersten Mal seit seinem Album »Lieder« aus dem Jahr 2012 jetzt also so wirklich unter korrektem eigenen Namen ein Album veröffentlicht, das beim coolsten Label Cut Surface erscheint, wird er seinen Ruf als verschlurfter Tausendsassa, der auch nicht wirklich los. Weil, stell dir vor, auf »Reserviert« sind ganze 44 – vierundvierzig! – Lieder oben: Dass sich da keine Zehn-Minuten-Feedback-Orgien, die irgendwie eh keiner mehr so richtig braucht, ausgeht, sollte klar sein, das gibt eine CD an Platz ja auch gar nicht her. Es sind viel eher kleine Würfe, Skizzen, in ihrer Unvollständigkeit auch wieder vollständig. Es sind Einblicke ins weirde Leben, in einen Künstler-Kopf im besten Sinne: Manchmal sind es seltsame Klänge, ganz ohne Gesang, wie metallisches Klopfen, manchmal sind es Gedichte ganz ohne Musik, manchmal abgedrehte Slogans mit weißem Rauschen.
Textlich ist das natürlich meistens ganz schön dada, aber schon auch immer wieder lustig. Beispiele wären: »Tyson beißt ein Ohr ab / Ich singe das ganze Jahr / Ich singe alle Ohren ab / Tyson kaut das ganze Jahr« aus »Sänger«, oder, auch lustig: »Mit meinem Finger rühre ich fremde Suppen / Jetzt, wo ich berühmt bin« aus »Ruhm«. Klar, das muss man schon alles mögen und so, aber: Muss ja auch nicht immer alles super poppig sein. Es kann ja auch mal Musik sein, mit der man sich auf einem anderen Level auseinandersetzen kann und soll. Und auf einem anderen Level ist dieses Album allemal.
»Reserviert« von Clemens Denk erscheint am 22. Jänner 2021 via Cut Surface. (Noch) keine Live-Termine.