Die Rückkehr der legendären Echtzeitstrategie-Reihe setzt auf Zurückhaltung bei den Innovationen und das Spielgefühl von damals
Von der politisch so präsenten Krise des Konservatismus ist in digitalen Spielwelten wenig zu spüren. Die Wiederbelebung verflossener Spielgefühle ist länger schon zu einem Standbein der Industrie geworden. Wohl vor allem, weil den Spielenden der 1990er und 2000er zwar die Zeit, nicht aber die monetären Mittel fehlen. Eine weitere Neuauflage eines Spiels, das damals ganz großartig war, hat immer noch Platz am Pile of Shame.
Ganz großartig waren auf jeden Fall die ersten beiden Teile der »Age of Empires«-Reihe. Damals, als RTS (oder Echtzeitstrategie) der heiße Scheiß war, saßen die Spiele für einige Zeit recht zufrieden am Genre-Thron, bis dann »Warcraft III« neue Maßstäbe setzte und gleichzeitig auch schon das Ende des goldenen RTS-Zeitalters einläutete. Seither hat es einen dritten Teil, einen Mythologie-Ableger, Add-Ons und definitive Editionen der verschiedenen Versionen von »Age of Empires« gegeben. Aber die Reihe ist mit dem Genre in einer Nische verschwunden.
Dass dem vierten Teil kein Blockbustertum zugetraut wurde, merkt man sowohl der Grafik als auch der Bewerbung an. Da wurde nicht am letzten technischen Rädchen gedreht und auch nicht auf die ganz große Pauke geschlagen. Ein tolles Spiel ist es trotzdem geworden. Und vor allem eines, das Erinnerungen weckt, weil es seinen Vorgängern über einen großen Teil der Strecke treu geblieben ist.
Wenig überraschend geht es wieder darum, aus einem Dorf über historische Epochen hinweg ein Imperium aufzubauen. Schauplatz ist diesmal das Mittelalter und die spielbaren Zivilisationen stammen aus Eurasien und dem nördlichen Afrika. Fortschritt wird in erster Linie durch militärische Stärke bemessen und die Herausforderung besteht darin, Produktion und Kriegsführung zu planen und an vielen Punkten auf der Karte gleichzeitig aktiv zu sein, ohne in Ruhe überlegen zu können.
Neuheiten verstecken sich in den Details. So können etwa Truppen in Wäldern versteckt werden und Bogenschützen können sich mit Pfählen gegen Reiter verteidigen. Feinheiten also, mit Ausnahme der Mongolen, die sich als nomadisches Reitervolk ganz anders spielen, als die spießigen Zentraleuropäer. Der frische Wind bringt also brandschatzende Horden und einigen Spaß.
»Age of Empires IV« ist ein Spiel für die Fans. Und das macht es sehr gut. Es wird wenig unternommen, um über die Nische hinaus Aufmerksamkeit zu generieren. Und selbst der Kampagne merkt man an, dass sie von Vorwissen ausgeht. Das ganz große Geld wurde nicht investiert, aber das Spielkonzept wurde mit Leidenschaft und Respekt in die Gegenwart geholt. Und der Moment, wenn das Kräfteverhältnis auf der Karte zu den eigenen Gunsten kippt, ist heute so schön wie zum Jahrtausendwechsel.
»Age of Empires IV« ist bereits für den PC erschienen.