Manche sind größer, manche kleiner, manche dunkler, manche heller. Für manche sind sie Grund zur Scham, andere zeigen sie stolz in der Öffentlichkeit. Alle haben welche: Brüste. Die neue Ausstellung »Darker, Lighter, Puffy, Flat« in der Kunsthalle Wien ist ihnen gewidmet – zwischen Sinnlichkeit und Diskursivität.
In der Kunstgeschichte, in unseren Kulturen und Gesellschaften hat sich die Bedeutung der Brust über die Jahrzehnte und Jahrhunderte deutlich gewandelt. Vom nährenden religiösen Symbol ist sie zum säkularisierten und sexualisierten Objekt geworden. Was auch dazu geführt hat, dass Brüste – vor allem die von Frauen – omnipräsent sind: in der Werbung, in Alltagsgesprächen in der Darstellung von Frauen in Filmen und Videospielen, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Aufreger Brust
Brüste gelten immer noch als »Aufreger«. Aber warum ist es heutzutage eine Nachrichtenmeldung wert, wenn jemand größere Brüste, kleinere Brüste oder gar keine Brüste haben möchte? Warum reden wir immer noch über Brüste? Fragen wie diese beschäftigen die internationale Gruppenausstellung »Darker, Lighter, Puffy, Flat« in der Kunsthalle Wien. Sie wirft dabei einerseits einen Blick auf kunsthistorische Aspekte und greift andererseits radikale, queere und feministische Diskurse auf.
Indem die Brust gleichermaßen als Symbol für die Frau als nährende Mutter wie für den erotisierten weiblichen Körper steht, wirkt sie auf unsere Wahrnehmung gegenderter Körper. In einer Welt, in der bestimmte Körper eigentlich nicht existieren sollen, ist ihre Sichtbarkeit ein Akt des Widerstands, aber auch der Exponierung. Es ist ein Akt der Normalisierung, Brustwarzen und Brüste in allen Formen, Größen und Farben zur Schau zu stellen, vielleicht aber auch ein Akt der Sexualisierung und Verobjektivierung.
Fluideres Verständnis
Auch die männliche Brust ist Gegenstand der Auseinandersetzung. So hat sich der Druck auf Männer, ein bestimmtes Aussehen zu haben, etwa ebenso zugenommen. In einer Welt mit einem fluideren Verständnis von Gender, Rollenzuschreibungen und Körpern im Allgemeinen ergeben sich neue Möglichkeiten für die ehemals männliche Brust, sowohl als ernährend, emotional versorgend als auch als sinnliches, sexuelles Objekt zu gelten.
»Darker, Lighter, Puffy, Flat« bietet keine eindeutige Antworten, sondern zeigt eine Vielzahl von Werken, Praktiken und Stimmen, die das scheinbar unbeschwerte, sinnliche und etwas laszive Motiv der Brüste nutzen, um die relevanten – und gelegentlich auch düsteren und komplexen – Themen unserer Zeit zu adressieren, hin- und herschwankend zwischen Sinnlichkeit und Diskursivität.
Mariya Vasilyeva »Altar 2.0« (© 2019, Courtesy die Künstlerin / © Bildrecht, Wien 2023)
Adam Rzepecki »Project of the Monument of the Polish Father’s« (© 1981, Courtesy der Künstler)
Marianne Vlaschits »The Deluge [Die Sintflut]« (© 2023, Courtesy La Beast Gallery / © Bildrecht, Wien 2023)
Lucia Dovičáková »I Like Order« (© 2018, Courtesy die Künstlerin)
Misleidys Castillo Pedroso »Untitled [ohne Titel]« (© ca. 2017, Courtesy Christian Berst Art Brut, Paris)
Merchandise zur Ausstellung (© Kunsthalle Wien)
Die Ausstellung »Darker, Lighter, Puffy, Flat«, kuratiert von Laura Amann, ist bis 14. April 2024 in der Kunsthalle Wien zu sehen. Im Begleitprogramm werden immer wieder Führungen, Stickerei- sowie Pleasure-Writing-Workshops angeboten. Im Shop der Kunsthalle Wien sind rund um die Ausstellung erhältlich: eine T-Shirt-Edition des Künstlers Rafał Zajko, die Sonderausgabe der Zeitschrift »Erotic Revue« der Künstlerinnen Šejla Kamerić und Aleksandra Vajd sowie spezielle Mützen und Kappen.