Nur noch 13 Tage bis zur Eröffnung der Expo 2010. In Shanghai ist das nicht zu übersehen. Seit Jahren wurde die Stadt auf die Ausstellung vorbereitet. Auch jetzt wird noch an allen Ecken und Enden erneuert und verschönert. 7 Tage die Woche. Arbeitskräfte kosten hier ja so gut wie nichts.
Was vielleicht überraschen mag: China sieht sich selbst als noch nicht voll entwickeltes Land. Daher ist man hier besonders stolz darauf, dass die Expo zum ersten Mal in so einem "Entwicklungsland" stattfindet. Und darum will man vermutlich der ganzen Welt beweisen, dass das auch hier möglich ist.
Der Expo kann man in der Stadt einfach nicht entgehen: An jeder Straßenecke steht das Maskottchen Haibo in Überlebensgröße herum (siehe Bild). An zahlreichen öffentlichen Gebäuden zählt ein Countdown die Tage und Stunden bis zur Eröffnung. Es gibt kaum eine Einkaufsstraße, in der sich kein Souvenirshop befindet. An belebten Kreuzungen stehen Verkehrseinweiser, die all jene auf den Gehsteig zurückpfeifen, die schon halb auf der Straße stehend auf die Grünphase warten. Zudem wurden über 2.000 neue Taxis (VW-Minivans) angeschafft, die sich optisch klar von den alten Standardtaxis (VW Santana) abheben.
Die Screens in öffentlichen Verkehrsmitteln, in U-Bahnstationen oder auch in Wohnhäusern (die Medien-/Werbebeschallung hier ist ziemlich abartig) sind voll von Expo-Werbung. Wenn in den TV-Nachrichten nicht ohnehin von der Expo berichtet wird, läuft zumindest der Expo-Song (siehe Video) mit Jackie Chan, Lang Lang etc.
Alle Einwohner von Shanghai (das sind jene, die eine Permanent Residence Permit haben) bekommen einen Zweitagespass und eine Transportkarte für die öffentlichen Verkehrsmittel im Wert von 200 RMB gratis. Sonst könnten sich viele Einwohner den Eintritt vermutlich gar nicht leisten. Die Tagestickets (Normalpreis) kosten 160 RMB (100 RMB für Studenten). Bei Monatslöhnen von um die 2.000 RMB nicht gerade wenig. Die im TV interviewten Pensionisten waren ganz aufgeregt, als sie die Tickets (die sehen übrigens so aus, wie auf dem Foto links) bekommen haben. Bei der Dauerberieselung und Hochstilisierung gar kein Wunder.
Im TV wird außerdem darauf hingewiesen, was man am Expo-Gelände alles nicht darf. Messer zum Beispiel sind nicht erlaubt. Die Fahrzeiten der U-Bahnen werden extra verlängert (manche Linien fahren normalerweise nur bis 21:30 Uhr). Außerdem wurden in den letzten Jahren schnell mal zwei neue U-Bahnlinien extra für die Expo gebaut, die Ende letzten Jahres bzw. letzte Woche eröffnet wurden. Das U-Bahnsystem hier funktioniert so wie in London oder New York. Ohne Ticket kommt man nicht rein bzw. nicht raus. Beim Reingehen werden Taschen durchleuchtet bzw. man wird – wenn man verdächtig aussieht – wie am Flughafen mit einem Metallsuchgerät gecheckt. Westler bleiben davon für gewöhnlich verschont.
Österreich-Pavillon
Das Motto der Expo ist ja "Better City, Better Life". Frau Mag. Birgit Murr hat den Österreich-Pavillon bereits im chinesischen TV vorgestellt. Wenn das alles ist, was sie im Interview erzählt hat, dann schafft Österreich eine glatte Themenverfehlung. Präsentiert werden neben Sissi und Mozart noch simulierter Schnee und Bergklima. Was das bitte mit "Better City, Better Life" zu tun haben soll, frage ich mich jetzt schon. Vielleicht ist es vor Ort dann ja besser. Derzeit sieht das aber nach reiner Tourismuswerbung aus. Schon klar, dass es nur um das geht – aber ein wenig mehr Mühe hätte man sich schon geben können, damit man zumindest irgendwie am Thema bleibt. Andere Staaten schaffen das offenbar auch.
Das Expo-Gelände an sich ist riesig. Abgesehen von den vier chinesischen Gebäuden, werden alle anderen Pavillons nach der Ausstellung wieder abgerissen. Inwieweit dabei der Recycling-Gedanke zum Tragen kommt, bleibt vorerst noch offen. Der Aufbau und Abriss ist dezentralisiert und liegt in der Hand der einzelnen Aussteller. Das sind eben einzelne Länder oder Firmen (es gibt bspw. auch einen Coca Cola-Pavillon). Die ganzen Maskottchen müssen ebenfalls irgendwann entsorgt werden. Auch das ist Sache der einzelnen Stadtbezirke. Mal schauen, wie weit der Nachhaltigkeitsgedanke hier reicht.
China bzw. Shanghai bemühen sich derzeit nämlich sehr, mehr Bewusstsein für Umweltschutz zu schaffen. Momentan scheint es aber gar kein Leben nach der Expo zu geben. Wäre interessant, wie es mit der Stadt ab Ende Oktober weitergeht.