Eine Glock ist ein simples Tötungswerkzeug. Das freut auch die Hausfrau.
Designpublikationen haben in der Regel zwei blinde Flecken: Zum einen »anonymes Design«, d.h. Entwürfe, deren gestalterische Urheber man nicht kennt. Zum anderen Dinge abseits der normalen Wohn- und Konsumwelt. Kein Wunder also, dass man in den einschlägigen Nachschlagewerken oder im Web so gut wie nichts zum Design der Glock findet, obwohl sie zu den populärsten Waffen der Welt zählt und in dieser Hinsicht etwa mit der berühmten Kalaschnikow vergleichbar ist.
Wie diese wirkt die Glock auf den ersten Blick nicht unbedingt als eine Waffe, deren Schönheit man in hohen Tönen preisen würde – weit entfernt von den ästhetischen Highlights der Büchsenmacherkunst. Das muss sie auch nicht, denn sie ist in erster Linie das innovative Produkt eines Ingenieurs, dem es einzig und allein um die Funktionalität der Waffe ging. Denn wer will schon in Schönheit sterben? Die konstruktiven Vorteile waren dann auch der Schlüssel zum Erfolg: Sicherungstechnik, Zündvorrichtung, der polygonale Lauf und andere Details haben der Glock zwei Attribute gesichert, die für viele Designklassiker gilt – Benutzerfreundlichkeit und Qualität. Die Glock funktioniert auch unter extremen Bedingungen, kann mit einer breiten Palette von Munition gefüllt werden, hat eine hohe Magazinkapazität und punktet vor allem mit ihrem geringen Gewicht, was dazu geführt hat, dass sie besonders bei Polizisten beliebt sind, die ja ihre Waffe stets mit sich herumschleppen müssen.
Ihre deutliche »Leichtigkeit« verdankt sie dem Umstand, dass ihr »Designer« Gaston Glock mit einem Material gearbeitet hat, das bis dahin nur selten bei Pistolen eingesetzt wurde: Kunststoff. Allerdings ist es eine falsche Legende, dass sie die erste Pistole mit Kunststoffteilen ist. Ebenso eine Mär ist, dass sie gänzlich aus Kunststoff besteht und daher bei einer Sicherheitskontrolle nicht entdeckt werden könne: 84 Prozent des Gewichts der Glock stammen von Metallteilen, die das Polymer-Material verstärken und ergänzen (ganz abgesehen davon, dass ja auch die Munition aus Metall ist). Wie wichtig der Kunststoff für die Anmutung der Pistole ist, beweist auch die Tatsache, dass heute jede beliebige Plastik-Pistole oft als »Glock« bezeichnet wird.
Abgesehen vom innovativen Umgang mit dem Material verkörpert die Glock auch den bekannten Design-Grundsatz »Less is more«. Denn ihre ästhetische Rauheit ist keineswegs gespielt: Sie besteht nämlich nur aus circa halb so vielen Teilen wie die sonstigen Handfeuerwaffen, ist also eher simpel gebaut. Daher kann man sie leichter reparieren und auch leichter reinigen. Das freut auch die Hausfrau.