A1 und The Gap veranstalteten am 19. Juni 2012 mit dem Partner SmartWeb.Vienna den zehnten twenty.twenty-Abend zum Thema „Information.Wissen.Wert“ ausgerichtet.
In seiner Keynote entwickelte der Philosoph Klaus Neundlinger ein utopisches Bild der Arbeit: In Zukunft werden sich themenspezifische Wissenskooperativen bilden, die in der Lage sind, Aufgabenstellungen effizient zu lösen und die auch ökonomischen Nutzen daraus ziehen. Die nachfolgende Diskussion drehte sich um die Konflikte, die aus dem Widerspruch zwischen ökonomischer und kultureller Wertbestimmung von Wissen resultieren und um die Frage, wer für die Produktion von Wissen bezahlen soll.
In der heutigen Gesellschaft ist Wissen zur zentralen Produktivkraft aufgestiegen. Allerdings hat Wissen als handelbares Gut einige Besonderheiten, die tiefgreifende Änderungen in der Gestaltung von Märkten und in den Arbeitswelten nach sich ziehen. Klaus Neundlinger, Leiter des Bereichs Forschung der 4dimensions GmbH, beschäftigt sich in seiner wissenschaftlichen Arbeit intensiv mit sozialer Produktivität. Für twenty.twenty entwickelte er ein Zukunftsbild, in dem flexible Wissenskooperativen Aufgaben in Netzwerken erledigen. Die Mitglieder bringen ihr Wissen ein, teilen und transformieren es und schaffen so neuen Wert. Diese Form der Zusammenarbeit braucht entsprechende Räume und eine entsprechende Infrastruktur. Dazu zählt das Internet mit seinen Services genauso wie physische Räume. Co-Working Spaces wie das HUB Vienna, in dem twenty.twenty gestern stattfand, sind ein Beispiel dafür. Diese Infrastrukturen regeln die Beziehungen zwischen den Akteuren. Zweites, ebenso wichtiges Element, ist die Flexibilität der Organisationsform selbst. „Produktivität von Wissensarbeitern kann sich nur steigern, wenn die Spielräume immer wieder neu ausgehandelt werden“, so Neundlinger.
Unterschiedliche Wertlogiken im Konflikt
Verena Krawarik, Leiterin der Stabsstelle Innovationsmanagement der APA, betonte ebenfalls die Notwendigkeit flexibler und offener Strukturen, um Netzwerkeffekte wirklich nutzen zu können. Für sie liegt die Wertschöpfung nicht nur in der Produktion von Information, sondern auch in deren Verarbeitung, Interpretation und Kontextualisierung. Darin sieht sie die Aufgabe ihres Hauses wie auch die der Medien allgemein. Der Wert des Wissens ergibt sich also immer aus seiner Anwendung.
Tassilo Pellegrini, Leiter Bereich Neue Medien am Institut für Medienwirtschaft der Fachhochschule St. Pölten wies darauf hin, dass hier unterschiedliche Wertlogiken aufeinanderprallen. Der kulturelle und soziale Wert von Wissen steigt, wenn es möglichst breit geteilt wird. Um ökonomischen Nutzen daraus ziehen zu können, wird es – bisweilen übergebührlich – künstlich verknappt. Hier kommen Methoden und Maßnahmen wie etwa Digital Rights Management, das in Deutschland gerade heiß diskutierte Leistungsschutzrecht oder das ebenfalls hoch umstrittene ACTA-Abkommen zum Einsatz. An ihnen wird der Konflikt zwischen den Möglichkeiten kultureller Wertbildung oder sogar mit allgemeinen Freiheitsrechten deutlich.
„Wer soll das bezahlen?“
Stefan Strauß, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Technikfolgen-Abschätzung (ITA) an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften warnt generell davor, Wissen nur mehr unter ökonomischen Gesichtspunkten zu betrachten und soziale Innovation zu übersehen. Denn das führt zu einer Verengung der Wissensproduktion und würde ökonomische wie soziale Innovation behindern statt befördern. Dennoch: Wenn Arbeit immer mehr zur Wissensarbeit wird, gewinnt die Frage nach der Entlohnung bzw. Bezahlung für die Produkte dieser Arbeit an Wichtigkeit. Die Werbefinanzierung von Online-Inhalten ist eine Möglichkeit, aber sicherlich nicht das Allheilmittel. Im Bereich der Medien werden Paywalls mit überschaubarem Erfolg eingesetzt und auch Crowdfunding befindet sich noch ganz am Anfang. Auch Commons-Modelle eignen sich als Alternativen zu traditionellen Bewertungsformen. Verena Krawarik sieht eine alternative Möglichkeit in der Finanzierung von journalistischen Projekten nach dem Vorbild amerikanischer Stiftungen (z.B. Knight Foundation). Was für die permanente Neuverhandlung der Handlungsspielräume in Wissenskooperativen gilt, gilt somit auch in größerem Kontext.
Dieser Text wurde auch als Presseaussendung versandt.