Der Walder Opa lässt grüßen

Im Designforum in Wien ist noch bis 16. September eine Ausstellung über Design und Materialinnovation zu sehen. Sie gibt Hoffnung.

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Vor zehn Jahren hätte eine Präsentation neuer Materialien und experimenteller Entwürfe noch anders ausgesehen: Die Frage, wie man dereinst ein Produkt entsorgt, war keine zentrale; um eine energie- und ressourcenschonende Produktion kümmerte man sich nur aus Kostengründen und nicht aus Rücksicht auf die Natur. Doch mittlerweile scheint der Gedanke der Nachhaltigkeit endgültig im Mainstream angekommen zu sein, das beweist nicht nur die große MAK-Ausstellung „Design 4 You“, sondern auch die kleine Schau „Material Future“ im designforum (Museumsquartier). Sie findet im Rahmen einer Initiative statt, die das Wiener Designbüro Nofrontiere gestartet hat.

Ziel der Plattform „Skin – Future Materials“ ist es, Designer mit jenen Unternehmen und Forschern besser zu vernetzen, die Materialinnovationen vorantreiben. „Das soll beiden nützen“, so Manfred Hlina von Nofrontiere. „Einerseits dem Designer, der für seine Entwürfe das passende Material sucht. Andererseits der Forschung, denn oft wird ein Material entwickelt, ohne dass man ein konkretes Ziel vor Augen hat. Das führt nicht selten dazu, dass am Ende nichts Konkretes dabei rauskommt.“

Die Ausstellung versammelt Best-Practice-Beispiele, viele davon aus Österreich, aber nicht aus patriotischen Gründen, sondern weil man zeigen wolle, „dass auch bei uns schon viel passiert“. Stimmt ja auch: Martin Mostböcks „Flaxx Chair“, eine Kombi aus Freischwinger und vierbeinigem Stuhl, besteht aus gepressten Flachsmatten.

Das Tiroler Start-Up „Organoid Technologies“ vermengt gemahlene Gräser, Schilf oder Holzabfälle mit einem Bindemittel, die Mischung lässt sich auf unterschiedlichste Formen aufspritzen und härtet zu einem widerstandsfähigen Material aus. Nofrontiere Design wiederum hat den Pouf „IOYO“ entworfen, der mit Pitztaler Know-how gefertigt wird: Hier ist es eine Mischung aus Fichtenhackschnitzel und Baumrinde namens „Walder Opa“ (so heißt der Großvater von einem der Entwickler), die dereinst auf jedem Acker entsorgt werden könnte statt in der Müllverbrennungsanlage zu landen.

In die gleiche Kerbe schlägt der „Compos Chair“ des Finnen Samuli Naamanka, der unter anderem aus Maisstärke besteht und jene Qualität hat, die man für Besprechungszimmer oder Konferenzzentren braucht: bequeme Form, leicht zu reinigen und natürlich stapelbar. Oder, um noch ein letztes Beispiel zu nennen: Kompostierbare Netzverpackungen aus Cellulose (für Kartoffeln o.ä.) vom Verpackungszentrum Graz, die demnächst im Supermarkt auftauchen werden.

Vor lauter Nachhaltigkeit könnte man meinen, die Zukunft könne nicht anders als rosig aussehen. Doch die Ausstellung ist keine Öko-Schau, sondern zeigt auch politisch Unkorrektes wie den „Gravity Stool“ des Niederländers Jólan van der Wiel, der in seine Kunststoffmischung Metallspäne mischt. Mittels Magnetfeldern entstehen experimentelle, organische Formen, die schon ihren Reiz haben (trotz der Chemiebombe). Auch Oskar Zietas „Plopp“-Hocker, der aus „aufgeblasenem“ Blech besteht, ist wieder mal zu sehen. Warum eigentlich so viele Möbel? „Ein Möbel muss man nicht erklären. Da erschließt sich die Materialinnovation von selbst“, so Manfred Hlina.

Noch bis zum 16. September ist die Ausstellung in Wien zu sehen, zuvor war sie schon in Graz beim Designmonat. Weitere Stationen sind geplant, die Plattform „SKIN – Material Future“ soll kontinuierlich ausgebaut werden, sprich: den Austausch zwischen innovativen Entwicklern und Produzenten einerseits und Designern andererseits vorantreiben. Denn oft mangelt es nicht an technischen Möglichkeiten, sondern nur daran, dass man von ihnen keine Kenntnis hat.

www.designforum.at

www.skin-futurematerials.com

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