Ein neuer Fördertopf sollte großes Kino ins Land holen. Is se filmworld too small in Austria?
Anfang Oktober lud eine Gruppe prominenter Filmschaffender zur Pressekonferenz ins Cafe Landtmann, um vor den Budgetverhandlungen der Regierung wieder mal Druck zu machen. Die Forderung nach mehr Geld ist mittlerweile so alt wie die Liste heimischer Festivalerfolge lang. Ganz erfolglos ist die Branche aber auch mit ihren Forderungen nicht. Vor zwei Jahren wurde nach deutschem Vorbild ein brandneuer Fördertopf eingerichtet: FISA steht für »Filmstandort Österreich«, bietet als Spitzenfinanzierung die letzte Summe Geld, die Projekten für ihre Realisierung fehlt und sollte, so die Erwartungen, große internationale Produktionen, am besten mit Tom Cruise, in die Alpennation holen.
Tom Cruise kam zwar nicht, oder zumindest nicht noch einmal. Er hatte schon 2010 für den Agentenfilm »Knight And Day« ganz ohne FISA die Salzburger Altstadt mit zwölf Filmminuten beehrt. Die Zielrichtung war aber mit dem neuen Fördermodell gesteckt: In Österreich sollte mehr »großes Kino« möglich werden, das Filmschaffen sollte sich weiter internationalisieren und die heimischen Produzenten stärker kapitalisiert werden. Das Problem daran: In Österreich existiert gar keine Filmindustrie. Viele kleine engagierte Produktionsfirmen arbeiten emsig vor sich hin, während ein Bruchteil von ihnen sich über ökonomisch wichtige Fernsehaufträge glücklich schätzen darf. Nicht wenige von ihnen sind international auf Festivals mit ihrer künstlerischen Vision erfolgreich. Dafür steht Österreich. Wozu also FISA?
Vielleicht für die folgenden zwei raren Großprojekte, die mit FISA ins Land geholt werden konnten: »360«, eine sehr freie Adaption von »Der Reigen«, die inhaltlich irgendwie aus dem Ruder lief. Was von Schnitzlers entlarvender Parabel über Macht und Verführung blieb, genügte auch für einen Skandal nicht. Was blieb, sind die Schatten von Anthony Hopkins, Jude Law und Rachel Weisz in einem von Österreich mitfinanzierten Film. Zwar brachte die Mitwirkung beteiligter österreichischer Departments am Film wichtige internationale Erfahrung, aber sonst? Welche Impulse von »360« ausgingen, bleibt unklar.
Die zweite Großproduktion, ebenfalls mit einem 10-Mio.-Budget ausgestattet, ist der Kehlmann-Bestseller »Die Vermessung der Welt«. Detlev Buck, ein Jongleur kleiner, satirischer Lokal-Koloritgeschichten wie »Karniggels« und »Männerpension« hat hier einen historischen Stoff verfilmt, der selbst nicht weiß, was er mit seinen Protagonisten nun anstellen soll. So müssen die Forscher Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß mal ernst parlieren, dann wieder Wuchteln schieben, während die parodistischen Züge diesen Film beharrlich sabotieren, anstatt ihn zu konturieren. Für einen durchgeknallten Euro-Blockbuster zu verhalten, erweist sich »Die Vermessung der Welt« für eine Buck’sche Farce als zu staatstragend. Dabei hatten zehn oder mehr Fördereinrichtungen sicherlich nur eines vor Augen: die Versprechung vom großen Kino. Auf welche Weise die österreichische Filmkultur dabei mitspielen soll, bleibt unklar.
Zwei Jahre später ist also Zeit, Bilanz zu ziehen. Sie fällt nüchtern aus. Hollywood produziert auch weiterhin kostengünstig in Rumänien oder Budapest; Produzenten kapitalisieren sich weiterhin über das Fernsehen; und FISA finanziert in einer Doppelstruktur »kleine« Filme parallel zum Österreichischen Filminstitut. Was also spricht dagegen, mit den für die Branche so wichtigen FISA-Mitteln gleich das Filminstitut zu stärken? Denn schon jetzt kann FISA als Spitzenfinanzierer nur dort aktiv sein, wo intakte Basisförderungen quasi vorfinanzieren. Solange diese aber unterfinanziert sind, erweist sich FISA selbst in finanzieller Hinsicht falsch kalkuliert. Salzburg holte sich Tom Cruise übrigens für 300.000 Euro ins Land.