Film ohne Förderung – geht das? Erzählt an den Beispielen "Friday Night Horror", "Before Midnight", "Sturmfrei" oder "My Dog Killer".
Als Ende letzten Jahres der „Standard“ eine knappe APA-Meldung über eine eklatante Mittelerhöhung der deutschen Filmförderungsanstalt FFA online stellte, fand sich darunter ein einsames Posting: „Zum Glück nicht in Österreich. Das wäre wirklich beim Fenster hinausgeworfenes Geld.“ Abgesehen von der tragikomischen Note dieses Postings, in dem kulturelle Agonie wie eine Pose zur Schau gestellt wird, stellt sich die Frage, wie sehr der oder die Autorin mit österreichischen Filmen tatsächlich vertraut ist. Geht man vom traditionell sehr niedrigen Marktanteil aus, den das österreichische Publikum in den heimischen Kinos produziert, dürfte die allergrößte Mehrheit im Land keinen Tau davon haben, wofür auch hierzulande das Geld aus dem Fenster geschmissen wird.
Film vs Freihandelszone
Das macht einerseits nichts, schließlich definiert sich Kultur nicht per se aus dem Gedanken totaler Partizipation, auch wenn die Resignationshaltung in Oscar-Momenten ins Gegenteil umschlägt. Andererseits, und dabei sind wir wieder beim Thema dieser Kolumne, haben Förderpolitik und daraus hervorgehende ästhetische Werte nicht nichts miteinander zu tun. In den vergangenen Monaten war viel davon die Rede, dass die USA in den Verhandlungen mit der EU über die geplante Freihandelszone den europäischen Film zu Fall bringen könnten, weil damit Förderungen nicht mehr erlaubt wären. Das wurde erst kürzlich abgewendet, vorerst zumindest soll der audiovisuelle Kulturbereich aus dem schrankenlosen Kapitalismus ausgenommen bleiben. Vielleicht hätte eine APA-Meldung wie diese die kulturvereinsamte Posterin wieder zu einem befreiten Aufatmen veranlasst.
Tatsächlich hätte das weitgehende Förderverbot aber das glücklicherweise immer noch weite, heterogene Filmschaffen in Europa auf eine überschaubare Kollektion von Publikumsanwärtern eingedampft. Hochspannende Arbeiten wie „My Dog Killer“ der Slowakin Mira Fornay, der vom Filmfestival in Rotterdam ausgehend nun durch Europa wandert, oder wie „Winterdieb“ der Französin Ursula Maier, der bereits in Österreich zu sehen war, und selbst Richard Linklaters in Griechenland angesiedelter „Before Midnight“, der ohne europäische Finanzierung nie zustande gekommen wäre, würden unsere Realität nicht länger bereichern.
Österreich: Mundl, Rössl, Sturmfrei
Filmförderung in Österreich ist eigentlich ziemlich breit aufgestellt. Da hatte selbst ein „Mundl“-Aufguss Platz (und das gleich zweimal) und auch ein „Weißes Rössl“-Remake. Produktionen, für deren Realisierung man Fördergelder nicht unbedingt als nötig vermuten würde. Tatsächlich entstehen in Österreich auch Filme abseits der Förderung. Einige geben ein Gefühl dafür, wie die Filmlandschaft „danach“ strukturiert wäre. „Tag der Teufel“ ist einer jener Titel, die ein Grüppchen umtriebiger Trash-Freunde im Jahresrhythmus produziert. Da werden Horrorfilme wie „Tanz der Teufel“ und „Halloween“ oder der italienische Giallo in einen Kontext aus österreichischem Kolorit und Amateurbegeisterung versetzt. Mit erstaunlicher Fangemeinde, die Filme rangieren jeweils jenseits der 10.000 Besucher-Marke. Den Ansprüchen seiner subsubkulturellen Spielart genügt das sicherlich. Ein anderer Versuch war die Teenie-Komödie „Sturmfrei“. Der verdiente Kameramann Hans Selikovsky machte mit seinem Sohn auf „La Boum – Die Fete“ und besiedelte einen Wiener Reihenhaus-Swimmingpool mit harmlosen Statisten.
Ob darin nun die Alternative liegt? Die Filmförderung vergibt aber auch an Produzenten, die mit ihrem Film besonders erfolgreich waren, sowas ähnliches wie Prämien (die so genannten Referenzmittel). Damit kann der Produzent zur Not seinen nächsten Film sogar ganz unabhängig realisieren, ohne neuerlich bei Förderstellen einzureichen. Mit dem „Mundl“-Geld entstand auf diese Weise die Horrorkomödie „Friday Horror Night“, die sich um ein paar Doku-Soap-Helden aus dem Privatfernsehen gruppierte. Der Film fand selbst bei Freunden des gepflegten Trash kaum Zuspruch. Neben solchen Low- oder No-Budget Produktionen, die oftmals nur sich selbst zu genügen scheinen, entstehen aber tatsächlich auch einige Filme, bei denen die Förderungen bewusst ausgespart wurden, weil sie zu behäbig wären: Sundance-Teilnehmer und Rotterdam-Gewinner „Soldate Jeannette“ von Daniel Hoesl ist so ein Fall, oder auch das abenteuerliche Revolutionsbild „Libya Hurra“ von Fritz Ofner. Der Dokumentarfilmer zweigte quasi spontan von einem Festival kommend nach Libyen ab, um dort einen historischen Moment festzuhalten. Für solche Projekte wäre eine Adaption der Förderbedingungen tatsächlich eine feine Sache.