Benjamin Lacombe ist eine der bekanntesten Pop-Figuren unter Frankreichs Illustratoren. Beim Besuch in Wien erzählt er von seine düsteren Kinderbuchzeichnungen und, dass Twitter hässlich, Affen uninspiriert und Marie Antoinette cool ist.
Bereits mit 16 Jahren hat Lacombe seine ersten Aufträge bekommen. Sein früher Erfolg und seine einprägsamen, düsteren Kinderbuchzeichnungen verhalfen ihm zum Pop-Status in der Illustratoren-Welt. Auf Einladung von Boesner hat er in Wien Workshops gehalten, und sich mit uns über das Kind im Künstler, Twitter und Marie Antoinette unterhalten.
Ich hab mir ein Youtube-Video von dir angesehen, in dem du sagst, dass alle Kinder zeichnen – die meisten hören im Erwachsenenalter damit auf, und andere machen weiter, so wie du. Warum glaubst du, hören viele Erwachsene auf sich kreativ zu betätigen?
Ich glaube es hat viel mit Bildung zu tun. In Frankreich hat Kunst im Bildungssystem einen viel geringeren Stellenwert als Mathe oder Englisch zum Beispiel. Es wird nicht wirklich als etwas Wertvolles oder Ernsthaftes gesehen. Wenn Kinder ihren Eltern eröffnen, dass sie Künstler werden möchten, schlagen die höchstens die Hände über dem Kopf zusammen!
Früher, im Quattrocento, war das anders. Da musste man eine lange Ausbildung machen um Künstler zu werden und der Beruf war sehr angesehen. Heute ist es auch von Kultur zu Kultur unterschiedlich, in den skandinavischen Ländern wird das gesellschaftlich sehr gepusht. Deswegen haben sie auch mehr kreativen Output, viele innovative Lösungen für ökologische Probleme kommen auch aus dieser Region.
In Frankreich wird figurative Kunst überhaupt nicht geschätzt, alles muss abstrakt und konzeptuell sein! Das ist Japan und den USA ganz anders: da darf es ruhig mal poppiger sein… Kultur hat sehr viel damit zu tun, welche Kunst wo produziert wird.
Denkst du, dass Problemlösungskompetenz für gesellschaftliche Herausforderungen und kreative Leistung Hand in Hand geht?
Definitiv! In Gesellschaften, in denen kreatives Denken einen hohen Stellenwert hat, gibt es mehr Menschen die gegen den Strom schwimmen und anders denken als der Mainstream. Durch dieses kreative Denken kommen innovative Lösungen eher zu Stande. Die Art wie man denkt kommt total darauf an, wo man aufwächst!
Wann kannst du dich freier ausdrücken – beim Zeichnen oder beim Schreiben? Wo gibt es mehr Restriktionen?
Jedes Medium hat seine Beschränkungen und seine Freiheiten. Aber ich mag Beschränkungen – nur wenn es Limits gibt, kann man sie herausfordern. Wenn ich zum Beispiel ein Buch signiere, und der Leser möchte eine Fee dazu haben, dann male ich sicher nicht nur ein Mädchen mit Flügeln. Dann muss ich zwar eine Fee malen, aber ich habe die Herausforderung, es irgendwie außergewöhnlich zu machen. Wenn ich gar keinen Wunsch dazu bekomme, kann ich eigentlich alles machen was ich will – aber das ist halt langweilig.
Beim Schreiben kommt hinzu, dass man den Ton an die Zielgruppe, Erwachsene oder Kinder, anpassen muss. Beim Zeichnen muss man über ein ganzes Buch hinweg eine bestimmte Bildsprache beibehalten. Aber ich könnte nicht sagen, dass Sprache oder Bilder mich mehr oder weniger limitieren.
Findest du es herausfordernd, die richtige Sprache für Kinder zu finden?
Ich denke man kann über viel mehr Dinge mit Kindern sprechen, als die meisten Erwachsenen glauben. Ich habe schon über so verschiedene Probleme in Kinderbüchern gesprochen: Kinder, die geschlagen wurden, Tod, Fantasie. Wenn man ein schwieriges Wort verwendet, muss man es eben im nächsten Satz mit dem Kontext erklären.