900.000 Facebook-Fans. Unnützes Wissen interessiert Menschen. Von Linz aus werden dort täglich skurrile Fakten und Zahlen in den Feed gespült. "Kann es Liebe sein?", fragten wir die Macher im Interview.
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Dass eine US-Amerikanerin den Eiffelturm geheiratet hat, dass Godtube.com das Youtube für Christen ist oder dass Kim Jong-un die Ausstrahlung der Teletubbies im nordkoreanischen Staatsfernsehen erst im April 2014 erlaubt hat, sind Fakten. Muss man zwar nicht wissen, es scheint aber, dass sehr viele Menschen genau das wollen. Der Geschäftsführer von Pulpmedia, Paul Lanzerstorfer und einer der Macher von Unnützes Wissen, beantwortete uns im Interview, warum Unnützes Wissen nützlich ist – zum Beispiel wenn man bei der "Wer wird Millionär" die Millionenfrage knacken möchte.
Euch gibt es seit 2009, auf Facebook habt ihr fast 900.000 Likes. Ist "Unnützes Wissen" quasi die wahre Liebe, eben das, was Menschen verbindet?
Das ist nett gesagt! Unnützes Wissen gibt es eigentlich gar nicht, jedes Wissen ist in irgendeiner Form nützlich, und sei es nur, um über peinliche Stille in Smalltalks hinwegzuhelfen. Aber "Schon irgendwie nützliches Wissen" ist halt kein klingender Titel. Es ist auf jeden Fall ein Zeitvertreib, der sehr vielen Leuten Spaß macht. Die Welt steckt ja voller überraschender, skurriler, interessanter Fakten – sei es aus der Wissenschaft, aus einem spezialisierten Berufsfeld, betreffend historische Ereignisse oder aus dem täglichen Leben. Diese zu erfahren – und weiterzuerzählen – macht Spaß, weil man einfach mal staunen oder auch lachen kann.
Ihr seid ja Teil von Pulpmedia, einer Agentur, die sich mit Online-Marketing beschäftigt – ist "Unnützes Wissen" vielleicht auch eine Art Best Practice Beispiel, das man Kunden zeigt, um zu beweisen, dass man dieses Internet so richtig kann? Verdient ihr mit der Seite Geld?
Einerseits hat uns Unnützes Wissen sehr viele Türen geöffnet – einfach, weil die Menschen es kannten, auch wenn sie nicht wussten, dass Pulpmedia dahinter steckt. Eine so bekannte Facebook-Seite ist natürlich ein gutes Aushängeschild für eine Online-Marketing-Agentur, die auch Social-Media-Dienste anbietet. Gleichzeitig ist Unnützes Wissen auch ein wenig unsere Spielwiese. Hier können wir Dinge ausprobieren – etwa, wie gut bestimmte Werbeformen auf Facebook funktionieren – und dieses Wissen dann direkt auf Marketingaktivitäten für Kunden anwenden.
Wir haben ja bereits drei Bücher und ein Brettspiel zur Seite rausgebracht, auf der zugehörigen Seite bieten wir Werbeflächen an, also ja, wir verdienen damit Geld. Das war allerdings nicht das primäre Ziel, vielleicht hat es deshalb auch so gut geklappt!
Woher nehmt ihr denn nun all das unnütze Wissen? Wie viele Menschen sitzen wie viele Stunden am Rechner, um zu recherchieren? Und sind eure Wissensmengen auch (wissenschaftlich) belegbar?
Im "Normalbetrieb" sind es rund 2-3 Stunden täglich, die wir dafür aufwenden – dies umfasst Recherche, Redaktion, Betreuung der Website selbst und Grafik. Von Zeit zu Zeit haben wir auch Aktionen – etwa eine Halloween-Woche oder einen Adventkalender, bei dem die Leser jeden Tag ein "Unnützes Ding" gewinnen konnten – da wird dann noch zusätzliche Zeit hineingesteckt.
Das Internet ist Gott sei Dank eine echte Fundgrube. Von Zeitungsartikeln und -archiven über kuriose Funde auf Wikipedia bis zu wissenschaftlichen Studien findet man alles, was das Herz begehrt. Ein ganz großer Dank gebührt hier aber unseren Fans – wir bekommen von ihnen jeden Tag Fakten eingesandt, die auch unsere kühnsten Träume übertreffen.
Wir versuchen, die Fakten so gut wie möglich zu belegen – eine Richtlinie ist zum Beispiel, nur verlässliche Quellen zu verwenden und diese auch im Artikel auf www.unnuetzes.com zu zitieren. Klar passieren uns manchmal Fehler, aber wir streben definitiv danach, diese zu minimieren.
Genau, es gibt ja die Möglichkeit, Vorschläge einzureichen. Wie viele Zusendungen bekommt ihr in etwa? Was muss ein Vorschlag mitbringen, um auf es auf eure Page zu schaffen?
Im Durchschnitt bekommen wir wohl fünf bis zehn Einsendungen pro Tag von unseren Fans. Das erste Kriterium ist, dass der Fakt in der Form noch nicht vorgekommen ist. Zweitens sollte er natürlich stimmen. Drittens sollte er einen gewissen Überraschungseffekt mitbringen – etwas, das noch nicht jeder weiß und das idealerweise vielleicht zu einem spontanen Lächeln verleitet.
Ihr bindet in eure Beiträge auch Marken und Produkte wie z.B. McDonald’s oder Milka ein. Werdet ihr von den Unternehmen dafür bezahlt, diese Marken in eure Beträge mit hineinzunehmen?
Die meisten unserer Posts sind nicht bezahlt – wir finden einfach interessante Fakten über ein Unternehmen und posten diese. In Ausnahmefällen gibt es gesponserte Postings, bei denen Unternehmen für einen Fakt bezahlen. Dabei wenden wir aber dieselben Qualitätskriterien an wie sonst auch – ist der Fakt wahr und für unsere Leserinnen und Leser interessant? Pure Werbung posten wir nicht. Außerdem werden gesponserte Beiträge immer auch als solche markiert.
Stadtbekannt hat eine Facebook Page mit gleichem Aufhänger wie ihr, nur auf Wien spezifiziert, nämlich "Unnützes Wienwissen". Die Neon produziert ebenso Heftchen zu diesem Thema – Unnützes Wissen ist quasi überall. Habt ihr schon mit jemandem zusammangearbeitet oder existieren diese Dinge einfach parallel?
Unnützes Wissen an sich ist einfach ein cooles Konzept, darum gibt es das auch mehrfach bzw. auf bestimmte Bereiche spezialisiert. Das hat sich aber ganz unabhängig voneinander entwickelt; wir haben keine Kooperationen mit anderen, ähnlichen Seiten.
Ihr habt auch eine englisch-sprachige Facebook-Seite mit circa 400.000 Likes, Useless Facts, die 4 Monate nach Unnützes Wissen gegründet wurde. Wieso funktioniert die Seite auf Deutsch besser, obwohl ja viel mehr Leute Englisch sprechen?
Auch Useless Facts funktioniert sehr gut, vor allem in letzter Zeit haben wir dort eine große Zuwachsrate an Fans und konnten uns allein in diesem Jahr mehr als vervierfachen. Natürlich gibt es im englischsprachigen Bereich nicht nur mehr Userinnen und User, sondern auch mehr Konkurrenz. Zusätzlich gehört einfach ein klein wenig Glück dazu, einen gewissen Bekanntheitsgrad zu erreichen.
Was ist denn euer liebster unnützer Fakt?
Oooh, da gibt es viele. Ein Beispiel für einen Fakt, der einen Überraschungseffekt hat, ist "Wenn man ‚Der Weiße Hai‘ rückwärts schaut, handelt der Film von einem Hai, der so lange Menschen ausspuckt, bis sie eine Strandbar eröffnen." Cool sind auch Fakten wie jener über den amerikanischen Ort Monowi, der nur eine einzige Einwohnerin hat. Da fragt man sich sofort, wie es dazu gekommen ist. Auch interessante wissenschaftliche Ergebnisse wie "Schmerz ist durch Fluchen einfacher zu ertragen" haben ihren Reiz. Oder solche, die man am Abend bei einem Bier passenderweise anbringen kann: Ein perfektes Glas Guinness zu zapfen dauert exakt 119,5 Sekunden.
Abgesehen davon, dass ihr eine große Followerschaft unterhält und abseits von Partygesprächen: war euch einer eurer unnützen Fakten den schonmal wirklich nützlich, so im alltäglichen Leben? Wenn ja, welcher?
In der deutschen Version von "Wer wird Millionär" hat Kandidat Sebastian Langrock die Millionenfrage "Wer sollte sich mit der ‚Zwanzig nach vier‘-Stellung auskennen?" geknackt, weil er unser Buch gelesen hat.
Mehr Unnützes Wissen gibt es auf unnützeswissen.com, der Homebase der Linzer Faktensammler. Mit der "Zwanzig nach vier-Stellung" sollen sich übrigens Kellner auskennen. Besteck und so.