Sehr en vogue, wie man so schön auf Französisch zu sagen pflegt, ist es im Moment, Selbstversuche aller Art zu machen und dann darüber zu schreiben.
Ein Monat vegan sein. Vier Wochen ohne Social Media-Kanäle. 30 Tage rund um die Uhr Beschallung mit dem Gesamtoevre von Kraftwerk. Einen Mondzyklus plus ein paar zerquetschte Tage lang nur die Wahrheit sagen. Ein Jahreszwölftel dazu nutzen, einen Pullover zu stricken. In drei Dekaden alle Bücher von Paulo Coelho lesen und schauen, was passiert. Laut der momentan sehr beliebten App "Quiz-Duell" wären das übrigens 24 Stück Coelho-Bücher. Und, nur für den Fall, dass sich jemand eben daran gestoßen haben sollte: Laut Duden, die alte, gelbe Sprachhure, darf man das Wörtchen Dekade auch verwenden, wenn man einen Zeitraum von zehn Tagen oder zehn Wochen meint.
Das Wort ist also nicht exklusiv für die Spanne von zehn Jahren reserviert. Und der Vollständigkeit wegen: Man darf auch eine Anzahl von zehn Büchern Dekade nennen. Fast zweieinhalb Dekaden Bücher von Coelho hätte man dann in drei Dekaden bei diesem Selbstversuchsvorschlag zu bewältigen. Das ist eindeutig zu viel und das macht auch keiner, der noch alle seine Murmeln im Sack hat. Und keine Sorge, ich tu das auch nicht. Denn ich bin nämlich dazu angehalten, Anzüglichkeiten und Frivolitäten in meine Zeilen zu mischen, sonst krieg ich nämlich mein Geld nicht überwiesen.
Ein Selbstversuch unter der Gürtellinie muss also her. Und weil ich das Angenehme gerne mit dem Nützlichen verbinde, war mein erster Impuls, bei meiner Lebensabschnittsdingsbums vorstellig zu werden und zu fragen, ob sie denn damit einverstanden wäre, über einen Zeitraum von 2.592.000 Sekunden 90 Mal mit mir intim zu werden. Abgesehen davon, dass ich mir schön langsam ein mittelschweres Thesaurusproblem gezüchtet habe und kaum noch Umschreibungen für das Wort Monat finde, erhielt ich eine grobe Abfuhr. Eine, die noch dazu in einer Meinungsverschiedenheit gipfelte, als ich im Scherz anfrug, diesen Selbstversuchsvorschlag vielleicht anderen, eventuell willigeren Personen zu unterbreiten.
Unterm Strich ist die ganze Idee aber ein ziemlicher Infantilismus und nicht sonderlich tiefschürfend, würde ich jetzt mal selbstkritisch anmerken. Darum mögen andere drei Mal täglich Fickifickibumsibamsi machen und darüber in anderen Trottelmagazinen schreiben, um Klickzahlen in die Höhe schnellen lassen. Irgendwo wird sich schon ein ambitionierter Invasivjournalist finden. Ich für meinen Teil, ein begnadeter Wichser und begeisterter Bumser, werde einfach die Stute von hinten aufzäumen und meinen Dödel Dödel sein lassen. Enthaltsamkeit ist viel herausfordernder. Das ist jetzt zwar auch nicht weniger infantil, aber reicht aus, um – so wie es sich fürs Beschreiben von Selbstversuchen gehört – banale Erkenntnisse und Befindlichkeitswinde zu herrlichsten Perlen der Selbstüberschätzung aufzublasen. Also, hier die Notizen. Und zwar in Dekaden zusammengerafft.