Ulrich Seidl’s Film Im Keller hat dank den "Kellernazis" für einen kleinen Skandal gereicht. Der Gedanke an Keller bringt immer einen Hauch von Versteck und ein Stück Verbrechen mit sich – wir haben nach Filmen gesucht, die das aufgreifen.
3096 Tage - Gestohlene Kindheit, Sherry Hormann, 2013
Die gleichnamige Verfilmung von Natascha Kampuschs Autobiographie ist einer der Filme, der auf kommerzieller Ebene wohl am stärksten Wellen geschlagen hat. Der Fall Natascha Kampusch ging um die Welt und auch der Film – in englischer Originalfassung – zog große Aufmerksamkeit auf sich.
Der Knochenmann, Wolfgang Murnberger, 2009
Die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Wolf Haas wurde mindestens ebenso vom Publikum zelebriert wie das Buch selbst. Brenner soll beim Gasthof Löschenkohl einen Künstler auftreiben, von dem jedoch jede Spur fehlt. Doch nicht nur dies irritiert Brenner gewaltig, sondern schlussendlich auch die Kellerräume des Gasthofs: Hier ist der Keller nicht nur ein Keller, sondern gleichzeitig Schlachtraum des Gasthofs Löschenkohl, in welchem der Wirt höchstpersönlich seinen Erpresser ermordet und schließend auch dort zerlegt. Dass die Knochenmahlmaschine nicht nur für die Hühnergerippe gedacht ist, erklärt sich an der Stelle wohl von selbst.
Im Keller, Ulrich Seidl, 2014
Die letzte Produktion des Enfant Terrible des österreichischen Films gewährt Einblicke in diverse private Kellerräume in Österreich: SM-Keller, Stammtischrunden umgeben von Souvenirs aus der NS-Zeit, eine Masochistin, und noch mehr. Ob willkürlich ausgewählt oder nicht, Seidl schafft auch hier wieder, den Zuschauer etwas verstört zurückzulassen und das Unsichtbare in Österreich ein wenig sichtbarer zu machen.
In 3 Tagen Bist Du Tot 2, Andreas Prohaska, 2008
Österreichische Horrorfilme mit Laiendarstellern, die im Dialekt sprechen – bis jetzt eher eine Seltenheit, jedoch hatte der erste Teil der Reihe durchaus respektablen kommerziellen Erfolg zu verbuchen. Im 2. Teil waren die Darsteller keine Laien mehr. Die Protagonistin Nina macht sich auf die Suche nach ihrer Freundin, die sie in Lebensgefahr vermutet. Ihr Weg führt sie in ein verschneites Kaff in Tirol, wo sie entgegengesetzt aller Warnungen einen halb verfallenen Gasthof erreicht, in dessen Keller sie ihre Freundin Mona vermutet.
Keller - Teenage Wasteland, Eva Urthaler, 2005
Die aus eher schwierigen familiären Verhältnissen stammende Sebastian und Paul sind Freunde geworden; gemeinsam haben sie die Suche nach einem drastischeren Kick, nachdem sie an nichts Interesse zeigen und ansonsten so ziemlich alles schon ausprobiert haben. Die beiden 16-jährigen entführen dann mehr oder weniger aus Langeweile die 30-jährige Sonja, die sie fortan in einer verlassenen Fabrik gefangen halten und sie als ihr eigenes Spielzeug benutzen.
Michael, Markus Schleinzer, 2011
Den Versicherungsangestellten Michael würden seine Nachbarn wahrscheinlich als „ruhig und introvertiert“ beschreiben. Die Wahrheit ist jedoch eine andere: im Keller seines Hauses hält er den 10-jähirgen Wolfgang gefangen, den er regelmäßig missbraucht und quält. Detaillierte Antworten auf Fragen wie die Herkunft des Jungen, die Umstände seiner Entführung o.Ä. werden allerdings nie vollständig beantwortet; der Zuschauer kann sich durch die Darstellung ihres gemeinsamen Alltages eher bruchteilhaft die Hintergründe zusammenreimen.
Das Vaterspiel, Michael Glawogger, 2009
Basierend auf dem Roman des österreichischen Schriftstellers Joseph Haslinger, spielt der Keller auch in "Das Vaterspiel" eine wichtige Rolle – als Versteck. Rupert Kramer, genannt „Ratz“, der sich auf den Weg nach New York macht, um seiner Jugendliebe Mimi bei Handwerksarbeiten zu helfen. Dort angekommen stellt er allerdings fest, worum es wirklich geht: Mimis Großmutter versteckt eigenen Bruder seit bereits 32 Jahren in ihrem Keller, um den ehemaligen NS-Verbrecher vor Strafverfolgung zu schützen. Eigentliches Ziel ihres Anrufes war also, Kramer das Versteck mithilfe seiner handwerklichen Fähigkeiten ausbauen zu lassen, wozu er sich schlussendlich auch überreden lässt.
In österreichischen Kellern wohnt das Verbrechen. Und man wird ja im Ausland nicht selten auf Fritzl und Natascha Kampusch angesprochen, wenn "Austria" fällt. Heimische Filmemacher sind da nicht weit und nehmen das Kellermotiv in ihre Dramaturgie auf – von Ulrich Seidls Klassiker über den Film von Natascha Kampusch bis zum Knochenmann – der Keller ist in Österreich ein Thema und selten positiv belegt.
Natürlich kommen Keller auch in vielen anderen Filmkulturen vor. Die Kellerstiege ist gerade in Horrorfilmen der Ort, der da hin führt, wo das Böse lauert. Alte Indianerfridhöfe, dunkle Familiengeheimnisse und Dämonen – der Keller ist selten ein harmloser Hobbykeller. Aber im österreichischen Film ist gehen von ihm nicht nur ein paar Schockeffekte aus. Keller sind Orte, die eine existenzielle Unruhe ausstrahlen. Sigmund Freud hat das Unterbewusste selbst mit einem Keller verglichen – da, wo die Laster der Menschen wohnen (wenn man einer schnellen Internet-Recherche trauen darf).
Dunkel, düster, kalt, dreckig. So stellt man sich den Raum unter der Erde klassich vor. Oft ist es aber gar nicht das große Schicksal, dass den Keller prägt. Selbst in der Alltagssprache ist das Wort nicht unbedingt positiv belegt, wenn man etwa an die "Leichen im Keller haben" denkt. Immerhin können wir auch ab und zu in den Keller lachen gehen. Oder uns Filme über Keller ansehen – auch wenn die selten zum Lachen sind.
Was haben wir im österreichischen Filmschaffen im Keller vergessen? Drunter posten oder Tweet @the_gap.
Autorin auf Twitter: i>@yasmin_vihaus