Unter dem Motto "Mensch sein in Österreich" sind gestern laut offiziellen Angaben 20.000 Menschen auf die Straße gegangen – um der Politik, die in der Flüchtlingsdebatte auf der Stelle tritt, einen friedlichen Arschtritt zu verpassen.
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Während in der Politik in den entscheidenden Fragen rund um die Flüchtlingsdebatte Stillstand herrscht, bewegt sich am Montagabend eine friedliche Masse von rund 20. 000 Menschen vom Westbahnhof Richtung Parlament. Viele sind in weiß gekommen, manche mit Kindern, Hunden oder Großeltern. Unzählige Kerzen werden angezündet und aus den Lautsprechern blubbern Songs wie „Imagine“ oder Wolfgang Ambros‘ „A Mensch möcht i bleiben“ in gemäßigter Lautstärke vor sich hin. Es ist ein ruhiger aber kein stiller Protest. Ein gewaltiger, aber ohne Gewalt. Die Polizeibeamten, die sich an den Rändern positioniert haben nehmen ihre Helme ab.
Private Initiative
Dass die Demo von einer Privatperson auf die Beine gestellt wurde, zeigte einmal mehr, dass politische Agitation, die auch wirklich etwas bewegt, im Moment in den Händen der Bevölkerung liegt. Die Transparente sprachen auf jeden Fall die klaren Worte, die man in der Politik nur selten hört. Und es war ein Strom der Liebe, Menschlichkeit und des Miteinanders, mit dem man gestern mitschwamm und der dann in einem Lichtermeer vor dem Parlament mündete.
Nachhaltig beeindruckt von dem, was sich da gestern in Wien abgespielt hat, haben wir der Initiatorin und Organisatorin Nadia Rida einige Fragen zur gestrigen Demo und ihrem Engagement gestellt.
Wie hast du es geschafft das alles als Privatperson auf die Beine zu stellen?
Ich habe alle Menschen, die ich kenne mobilisiert und jeder war sofort engagiert dabei und wollte mitmachen. Nur gemeinsam geht das alles.
Hast du schon Erfahrung in der Organisation solcher Veranstaltungen?
Ich habe gar keine Erfahrung mit so etwas und bin überwältigt davon wie viele Menschen gestern mit uns für Menschlichkeit gegangen sind. Ich habe heute noch Gänsehaut.
Mit wie vielen Menschen hast du im Vorfeld gerechnet?
Als ich während der Planung die Route für die Demo abgegangen bin, dachte ich so an 1000 Menschen die vielleicht kommen könnten.
Die Demo war eine der friedvollsten, die ich je erlebt hab. Sogar die Polizisten haben die Helme abgenommen. Wie kam diese Atmosphäre zustande, die man ja von anderen Demos nicht so wirklich kennt?
Das waren einfach die Menschen, die da mitgegangen sind. Sie waren es die friedvoll, solidarisch, stark und "gemeinsam" agiert haben.
Nach der Demo ist leider auch immer irgendwie vor der Demo. Was muss jetzt passieren?
Ich hoffe, ein Bewusstsein geschaffen zu haben, dass jeder und jede mitgestalten kann. Wir alle, egal mit welchem Netzwerk, mit welchen Möglichkeiten, können ein Stück dazu beitragen, dass es den Menschen, die bei uns Schutz und Sicherheit suchen, besser geht!
Die Politik versagt. Die entscheidenden Maßnahmen werden von Privatpersonen getroffen. Wie und wann ist diese Initiativen-Umkehr passiert?
Das kann ich leider nicht genau beantworten. Ich finde es auch wichtig sich nicht drauf zu konzentrieren wo die Fehler passiert sind, und wir versagt haben, sondern wie man es verändern und verbessern kann.
Es passiert selten, dass die Zahl der Facebook Zusagen tatsächlich mit der der teilnehmenden Menschen übereinstimmt. War mit dem tragischen Fall der 71 Toten eine Grenze erreicht, wo die Leute nicht mehr wegschauen konnten?
Naja, es war vorher auch schon recht großer Zuspruch für unsere Sache da. Aber bestimmt hat es die Menschen noch mehr dazu bewogen, aufzustehen.
Was war der für dich berührendste Moment gestern?
Als Nour, eine junge syrische Frau mit drei weißen Rosen auf die Bühne kam, um sich bei allen, die sich solidarisiert haben, zu bedanken. Das war für mich eindeutig der bewegendste Moment gestern.
Bist du auch mit Hasspostings konfrontiert? Wie gehst du damit um?
Ich möchte es nicht verschreien, aber zum Glück bisher noch nicht.
Wann hast du begonnen dich politisch zu interessieren und engagieren? Gab es dafür einen Auslöser?
Wie viele Auslöser braucht es noch? Ich denke wenn wir uns sie Welt so ansehen, kann man nie früh genug damit anfangen, etwas in seinem eigenen Rahmen zu tun.
Mit welchem persönlichen Background gehst du an diese Dinge heran?
Einfach Mensch sein.
Was rätst du Menschen die sich ebenfalls engagieren möchten?
Ich wünsche mir, dass die Menschen weiterhin so aktiv sind, sich engagieren und für solche Dinge einsetzen. Egal mit welchen Ressourcen, welchen Mitteln und welcher Reichweite.
Fotos, Stellungnahmen und Kommentare zur Demo gibt es hier zum nachlesen und anschauen.