Die neue Wiener Webserie »Endzeit« spielt mit der Kunstszene und Jungunternehmer-Klischees. Am Mittwoch ist sie am Youki zu sehen, am 1. Dezember im Topkino.
Anna und Jan Groos packen »Endzeit« voll mit durchaus aktuellen Themen: Kapitalismuskritik, Technologie, Kunst-Szene, Bobo-Biomarkt-Käufer, Science-Fiction, Jungunternehmer-Hype, Post-Apokalypse, präkere Arbeitsverhältnisse, persönliche Konflikte und noch einige mehr. Sie verlassen sich auf formale Freiheit und Assoziationen, machen Schwächen (den Lo-Fi Sountrack, die fahrige Erzähung, Lücken, die Reduktion auf Andeutungen …) zu Stärken. Während die Story doch viel offen lässt, überzeugen einzelne Szenen, Dialoge und die Schauspieler.
2011 haben wir über »Fauner Consulting« geschrieben, einen Webserien-Versuch rund um Manuel Rubey. Seit damals hat sich in dem Bereich nur bedingt viel getan. Die meisten Versuche haben weit unter jeglichem Aufmerksamkeits-Radar stattgefunden. Nur die deutschen Öffentlich-Rechtlichen haben es mehr oder weniger geschafft das Netz zu einem Versuchslabor auszubauen, in dem immer wieder Projekte entstehen, die genügend Wind machen, um später ins reguläre Fernsehen zu wechseln. Auch wenn das mitunter anachronistisch wirkt.
Ende 2015 gibt es mit »Endzeit« eine neue österreichische Webserie. Und: Sie ist absolut gelungen! Zentrale Figur ist der Künstler Daniel, der mitunter recht plakativ den modernen Kunstbetrieb und diverse Bobo-Entwicklungen kritisiert und versucht mit »Endzeit« ein kreatives Start-Up zu gründen, dass gut gefüllte Retro-Rucksäcke als Survival-Pakete vermarkten will. Antrieb und Verkaufsschmäh sind die Unzufriedenheit mit dem Zustand der Welt und ziemlich allgemeine Kapitalismuskritik. Auf den Punkt bringt es ein Youtube-Hit, im Kurt Razelli-Stil, das in der Serie eine Rolle spielt.
Erzählt wird die Story bewusst fahrig in einzelnen Situationen zwischen Jetztzeit, Zukunft und Erinnerungen seines dann erwachsenen Sohnes, die aus seinem Kopf heraus projiziert werden. Gemeinsam ist den Situationen, dass die oft vergleichsweise unangenehm sind: Beziehungskonflikte, Künstlerpräsentationen, Familien, Gespräche mit Geschäftspartnern oder einem potenziellen Geldgeber. Während Jan Groos zu Beginn als Daniel etwas gekünstelt wirkt, werden zunehmend die Dialoge und darstellerischen Leistungen des gesamten Ensembles zum eigentlich Grund Weiterzuschauen. Während vieles palakativ bleibt und ein bisschen übertrieben wie im Rausch, sind die Szenen und Situationen tendenziell lebensnah gehalten – und gerade deswegen so unangenehm berührend. Die Darsteller und Filmemacher empfehlen sich mit »Endzeit« für weitere, gerne größere Projekte.
Die ersten vier Episoden von »Endzeit« werden am Mittwoch, den 18. November im Rahmen des Youki-Filmfestivals gezeigt. Am 1. Dezember ist die komplette Serie im Topkino zu sehen – an einem Abend gemeinsam mit den Serienmachern. Alle Episoden sind außerdem hier online: Endzeit.