Wer in Österreich oben in den Charts stehen will, muss sich zum Kasperl machen. Das ergibt eine Analyse der Hits aus den Neunzigern, Nullern und von heute.
01- Charts 1990-1999
Künstler die von 1990 bis 1999 auf Platz Eins waren "Cotton Eye Joe"von den Rednex war der Nummer-Eins-Hit der 90er. Unglaubliche 33 Wochen war dieser Titel auf Platz eins. Yee - haw! Daneben finden sich schillernde Paradisvögel wie Sin With Sebastian oder Haddaway. Bunt, schrill und absurd musste Musik sein, um sich in den Neunziger Jahren in den Charts durchsetzen zu können.
02 - Charts 2000 bis 2010
Künstler mit Nummer-Eins Hits 2000-2009 Die 90er waren das Jahrzehnt der bodenständigen Christina Stürmer einer ganz und gar nicht bodenständigen Lady Gaga. Ein ungleiches Paar, das die Charts dominierte, wie sonst keiner. Außerdem springen einem sofort Schnuffel, DJ Ötzi, Schnappi und Tokio Hotel ins Auge. Ein Indiz dafür, dass der gemeine Österreicher auch bei den #1-Hits durchaus Humor beweist.
03 - Charts 2010 bis heute
Künstler mit den meisten Nummer-Eins-Hits 2010 bis heute Die mittlerweile fast vergessenen Black Eyed Peas dominieren 16 Wochen lang die österreichischen Hitparaden. Daneben hat Kesha mit neun Wochen auf Platz eins ebenfalls ein beachtlicher Hit gelandet.
04 - Genres in den Neunzigern
Die meistgehörten Genres in den 90er-Jahren Die 90er waren so musikalisch so, wie man sie in Erinnerung hat. Klar, das herausragende Genre ist Techno, also solcher, wo glitzernde Delfine und Aliens durch Blubberblasen schwimmen.
06 - Genres 2000-2010
Die meistgehörten Genres der Nullerjahre sind Boy- und Girlbands, Teenie-Stars und eben alles, was man anschmachten kann. Halbwüchsige und halbwüchsig aussehende Burschen und Mädls sangen über das einzige wichtige im Leben: lieben und geliebt zu werden.
07 - Genres 2010 bis heute
Meistgehörte Genres von 2010 bis heute Uns allen ist bewusst: Club/Dance-Musik ist zurück, auch wenn vieles davon in Läden wie der Grellen Forelle im Leben nicht auf die Plattenteller käme. Der Mainstream feiert die Musik fröhlich ab und hört sie vermutlich meist eher beim Morgenkaffee auf dem Weg zum Büro als bei der Afterhour.
08 - Das dominanteste Genre der letzten 24 Jahre
Es ist also nur logisch, dass sich alles, was unter dem Titel "Club-Hits" zusammengefasst werden kann, in den letzten 24 Jahren unglaublich gut verkauft hat. Das mag daran liegen, dass diese Musik sehr günstig und in großen Mengen hergestellt werden kann, aber vielleicht auch daran, dass es einfach oft den nötigen Bumms hat, den ein Song braucht, um gehört und gekauft zu werden. Ein großer Faktor ist sicherlich auch der US-Markt, auf dem Techno-Beats in den letzten Jahren den Mainstream erobert haben – denn US-Musiker sind diejenigen, die am meisten die Chartspitze Österreichs für sich beanspruchen. Wie Ihr es auch als Österreicher auf die Nummer Eins schafft, erfahrt Ihr in der nächsten Grafik...
09 - Österreicher Platz 1 Genres
Und wie landet man als Österreicher einen Nummer-Eins-Hit? Indem man ganz spezielle Genres bedient. Nischen wie Austropop und humoristische Titel waren in den letzten 24 Jahren diejenigen, mit denen es auch Österreicher an die Chart-Spitze schafften. Daher gilt für Bands da draußen, die auch mal einen Hit landen wollen: Es geht am besten lustig. Will man wirklich was reißen, orientiert man sich am besten an Titeln wie "A klana Indiana" und Professor Kaisers "Was is' mit du"? Hier sind die Top-Five-Songs aus der Heimat: 1.) Buddy vs. DJ The Wave - Ab in den Süden (zugegebenermaßen ein Wackelkanditat für das Comedy-Genre und irgendwie an der Grenze zwischen - hm, ja was eigentlich? Sommer, Sonne, Sonnenschein. Nananananananana. 2.) Power Pack - Birthday Song 3.) A klana Indiana - A klana Indiana 4.) Edelweiss - Raumschiff Edelweiss 5.) Professor Kaiser - Was is' mit du?
Selbst mit sehr speziellen und alternativen Musik-Vorlieben, selbst durch Ö3-Boykott und selbst ohne Radio kommt man an den #1-Hits der österreichischen Charts nicht vorbei. Irgendwie kennt man sie immer. Was einen Song zum #1-Hit macht, ist und bleibt Mysterium und ist irgendwie nie rational erklärbar. Dementsprechend schwierig gestaltet sich auch die Suche nach gemeinsamen Nennern.
Im Laufe der meisten Musikkarrieren muss man sich zumindest einmal mit dem Gedanken auseinandersetzen, ob und wie und warum man möglicherweise irgendwann auch einen #1-Hit landen möchte. Klar, der eigene künstlerische Anspruch zählt zuerst. Klar, die österreichischen Charts sind sowieso uncool. Und klar, bevor man in einer Statistik mit Rihanna, den Backstreet Boys oder „Schnappi, das kleine Krokodil“ erwähnt wird, spielt man lieber sein ganzes weiteres Leben vor kleinem Publikum in anspruchsvollem Ambiente und teilt seine Werke auf SoundCloud. Wer dennoch eingeplant hat, mal einen richtigen Chart-Hit zu schreiben, findet hier Orientierung.
Die Methode
Die Datenbank für die Statistiken dieses Artikels basieren auf den Angaben der Website www.austriancharts.at. Hier findet man unter „Nummer 1“ eine Auflistung aller #1-Hits der vergangenen Jahrzehnte. Weitere Daten für den Artikel wurden entweder nachrecherchiert (Geschlecht der Musiker, Herkunftsland) oder unterlagen unserer persönlichen Einschätzung (Genres).
Das Ergebnis der Analyse bestätigte so manche Vorahnung. Um einen #1-Hit in Österreich zu landen, sollte man elektronisch produzierte Partymusik machen oder folgendes beachten: Deutschsprachige Musik kommt gut, am besten, wenn sie von deutschen Musikern kommt. Österreich nimmt – wie so oft in der Geschichte – die Kasperl-Rolle ein und katapultiert sich mit Comedy und Nonsens an die Chartspitze.
Alles in allem lässt sich in den letzten 25 Jahren nicht unbedingt erahnen. Vielmehr hat jedes Jahrzehnt seine eigene Dynamik mit eigenen starken Genres und Dauergästen auf der Hitparade.
Dieser Beitrag ist im Rahmen eines Praxis-Seminars am i>Institut für Journalismus & Medienmanagement der FHWien der WKW entstanden.