Der ORF hat eine Teletext-App veröffentlicht. Im Jahr 2016. Das ist an sich schon lustig, zusätzlich gibt es diese App bereits von privaten Entwicklern. Man könnte jetzt laut: "Was ist mit unseren GIS-Gebühren" schreien – oder die App einfach ausprobieren.
In einer Zeit, in der ein Teil der Smartphone-User nicht mehr weiß, was die Funktion des Teletexts ist, kann man sich zu Recht die Frage stellen, warum der ORF auf die Idee kommt, eine solche App zu programmieren. Einerseits, weil junge Menschen den Teletext als Informationsquelle etwa so oft verwenden, wie das Fax zur Kommunikation, andererseits aber auch, weil es – von externen Programmieren – bereits zwei Apps gibt, die genau dieselben Funktionen anbieten. TeleGexx und lillyText bieten ebenfalls Zugriff auf Headlines im Retrolook – EasyTeleText sogar auf den Teletext von anderen Sendern Die Teletext-App ist also in mehrerlei Hinsicht eine App, auf die niemand gewartet hat.
Warum bei jeder ORF-App externe Programmierer offensichtlich schneller reagieren, lässt sich im ORF-Gesetz begründen. Das besagt, dass der ORF keine eigens für mobile Endgeräte gestaltete Angebote entwickeln darf, wenn es keine Entsprechung im Web gibt. Über die "Entsprechung im Web" lässt sich beim Teletext freilich streiten. Es gibt die Onlineversion http://teletext.orf.at/, für das Web konzipiert wurde der Teletext – wie auch der Name vermuten lässt – freilich nicht. Welche Lücke hier gefunden wurde ist fraglich.
Wer nutzt diese App?
Während Digital Natives den Teletext vielleicht belächeln, ist er für viele Personen dennoch eine einfache und schnelle Informationsquelle. Ob es Sinn macht, ihn eins zu eins auf ein anderes Gerät zu spiegeln, bleibt offen. Tatsache ist, wer sich damit auskennt, kommt schnell zu vielen Headlines und hat einen guten Überblick. All jene, die den Teletext auf ihrem TV-Gerät nicht nutzen, werden den Retro-Informationskanal auf eine ernsthafte Art und Weise auch jetzt nicht nutzen. Wir – als nicht Teletext-Geeks – haben die App trotzdem getestet und hatten eigentlich schon Spaß daran, random Zahlen ins Smartphone einzutippen, um dann zu sehen, auf welcher Seite man landet. Außerdem wissen wir jetzt, dass Kasimir und Walburga, Rupert und Waltrud Namenstag haben. In der Kategorie Spiel + Sterne gibt es übrigens tatsächlich ein Spiel, nämlich Bridge. In der Redaktion konnte damit allerdings niemand so wirklich etwas anfangen und so blieb das "Problem der Woche" unsererseits ungelöst. Schade. Was genau auf Seite 886 abläuft, wissen wir übrigens auch nicht.
Kultfaktor Teletext
In gewisser Weise hat der Teletext abgesehen von Für und Wieder bei der Nutzung auch Kultstatus erreicht. Seit 2012 gibt es ein Teletextkunstfestival, bei dem Teletext-Kunst im… richtig geraten, Teletext, präsentiert werden. Das Ziel ist es, Teletextkunstwerke zu sammeln, zu dokumentieren und zu zeigen. Wer sich die Kunstwerke des Festivals ansieht, wird feststellen, dass der Teletext schon auch sehr 2015 sein kann. Wenn ihr bisher den Sinn des Teletexts nicht verstanden habt, gibt es jetzt also doch einen Grund, ihn zu benutzen.