Make doch selbst

Nicht weniger als die nächste industrielle Revolution wird von der Maker-Szene erwartet. Wer sind diese Maker und was unterscheidet sie von gemeinen Bastlern?

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Eine CNC-Fräse ist ein ziemlich vielseitiges Gerät. Versorgt man es mit den richtigen Daten aus einer CAD-Software, bearbeitet sie Werkstoffe und formt daraus dreidimensionale Gegenstände. So etwas ist teuer. Die Anschaffungs- und Betriebskosten variieren nach Geschwindigkeit, Größe und Vielseitigkeit. Allein stellt man sich so etwas nicht in ein Arbeitszimmer oder eine Garage. Dabei gibt es eine Menge Leute, die mit den Geräten etwas anzufangen weiß. Dasselbe gilt für 3D-Drucker, für Lasercutter, für Vinylplotter und Oszilloskope. Die Maschinen sind für Maker das, was für Bastler einst Schweißgerät und Laubsäge waren. Und wo der Zugang zu High-Tech Maschinen aufhört, fängt die moderne Maker-Szene an. Das hehre Ziel: Digitale Produktion für alle. Das Buch zur Bewegung: »Makers – The New Industrial Revolution« von Chris Anderson aus dem Jahr 2012. Der Schauplatz: Offene Maker Labs in aller Welt.

Aus Produktionsmittellosigkeit geboren

Das Wiener Happylab ist einer von knapp 30 Maker-Spaces in Österreich. Es liegt in einer Gegend, die Aufbruchsstimmung und Gentrification schreit. Im 2. Bezirk, nähe Mexikoplatz, werden Werkzeuge und Maschinen zur Verfügung gestellt. Worin besteht nun aber der feine Unterschied zwischen Bastlern und Makern? »Da gibt es eigentlich keinen. Aber Bastler ist als Begriff zu niedlich konnotiert. Selbermacher ist die bessere Übersetzung für Maker«, meint Leyla Jafarmadar vom Happylab. Wer die Maschinen nutzen will, muss Mitglied werden, fünf Euro im Monat zahlen und eine Einschulung absolvieren. Constantin Simon hat sich gerade im Lab angemeldet. Er betreibt ein Start-up in Wien und hat sich schon länger vorgenommen, unter die Maker zu gehen. Ideen hat er genug. Viel technisches Know-how bringt er nicht mit, muss er auch nicht. »Für unsere Messestände haben wir bisher immer alles in Auftrag gegeben. Schablonen zum Besprühen von Wänden zum Beispiel. Die würde ich in Zukunft gerne am Lasercutter selbstmachen.« Der Lasercutter, das ist die am meisten benutzte Maschine im Happylab. Thomas Bittner, der hier den Makern mit Rat und Tat zur Seite steht, hat ein typisches Verhaltensmuster im Lab erkannt: »Die meisten Leute kommen wegen des 3D-Druckers, und bleiben wegen des Lasercutters.« Viele kommen aber auch wegen ganz einfacher Projekte. »Die Einstiegsdroge ist der Vinylcutter. Damit kann man Textilien bedrucken, ganz simpel. Manche werden Mitglied, um ein T-Shirt als Geschenk zu bedrucken, und gehen dann wieder. Das ist auch völlig in Ordnung.«

Neulich, wird erzählt, hat sich jemand mit der CNC-Fräse eine komplette Einbauküche gefräst. Das Start-up Dynamic Perspective hat im Lab Prototypen für kardanische Kamera-Aufhängungen entwickelt und mit Ruffboards und Kodama produzieren gleich zwei Longboard-Marken hier. Architekten stellen im Lab Teile für ihre Modelle her, im 3D-Drucker entstehen Kunstwerke.

Selbstmachen möglich machen

Über 600 Fab Labs wie das Wiener Happylab gibt es weltweit. Der Name steht für Fabrication Laboratory und die Idee dazu hatte Neil Gershenfeld. 2002 hat der Informatiker am MIT das erste Labor für niedrigschwelligen Zugang zu High-Tech-Entwicklungsmaschinen eingerichtet. Seither gilt er als Begründer und Vordenker der Szene. Mit DIY-Spirit, Open Access und Open Source geht es dabei um die Fortsetzung der digitalen Revolution durch Zugang zu Produktionsmitteln. Dieser idealistische Überbau könnte das sein, was Maker von Bastlern unterscheidet. Und damit er auch erhalten bleibt, haben sich die Fab Labs eine Charta mit den grundlegenden Werten gegeben. Allerdings ist die Maker-Szene nicht nur in den Fab Labs zuhause. Sie reicht viel weiter, schließlich gehört Offenheit zu ihrem Selbstverständnis.

Dienstleister oder Verein?

Ein Lab mit ganz anderem Look und Feel liegt beim Wiener Rathaus ums Eck. Im Metalab fühlt sich das Maken anders an als im Happylab. Das Metalab ist kein Fab Lab, dafür eigenständig und als Verein basisdemokratisch organisiert. Zum Selbstverständnis gehört, Ort und Plattform für Hacker zu sein. Hier war der Chaos Computer Club einst zuhause, und er wird es demnächst wieder sein, man ist unter Aktivistinnen und Aktivisten. Was die technische Ausstattung angeht, ähneln sich Happy- und Metalab. Nur: Das Happylab versteht sich stärker als Dienstleister, dass Metalab als Kollektiv. Wenn eine Maschine kaputtgeht, wird sie im Happylab möglichst schnell repariert. Wenn dasselbe im Metalab geschieht, sind es die Vereinsmitglieder selbst, die dafür sorgen müssen, dass die Technik wieder läuft. »Wir haben die Philosophie, dass jeder herkommen und arbeiten kann. Dafür muss man kein Mitglied sein«, erzählt Hetti bei einem Besuch im Metalab. Der Student der Technischen Informatik ist Schriftführer des Vereins. Seine kleine Tour durch das Metalab führt auch an einer vollautomatischen, japanischen Toilette mit beheizbarer Brille vorbei, und an einer offenen Gemeinschaftskasse, über die ein Putin-Porträt wacht. In der Küche wird gerade Curry gekocht, Club Mate und Wostok-Limonade stehen im Kühlschrank bereit. Im Metalab nahmen die Tumbleblog-Plattform soup.io und der Meta-Lieferdienst Mjam ihre Anfänge. »Es gibt viele Leute, die hier an Projekten arbeiten, mit denen sie Geld verdienen. Das kann man machen«, sagt Hetti, »aber der Hauptgrund zu kommen ist eher der Wissensaustausch.«

 

Bild(er) © Christoph Welkovits
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