Lockout

Neue Bass-Konventionen

Mit der gebührenden Lockerheit veröffentlicht Milanese sein neues Album „Lockout“. Müsste ich mich auf /den/ Artist von Jetzt festlegen, Milanese wäre in der engeren Wahl.

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Vor gut zwei Jahren war Dubstep auf dem Höhepunkt, dennoch war bereits klar, dass das Genre selbst nur kurz von Bedeutung sein wird. Genauso klar war aber auch, dass diese Musik tatsächlich so modern und aktuell ist, dass sie keine Sackgasse der Musikgeschichte bleiben wird. Einer der Artists, der das am Besten verkörpert, war und ist Milanese aus London, der Dubstep als Verbindung von hochgezüchteter Technik und der organischen Seite von Dub und Bass auf den Punkt brachte. Sein Debütalbum (auf Planet Mu, nachdem er vorher EPs auf Warp veröffentlicht hatte) „Extend“ war ein dunkles Monster, dass mit jedem Hören mehr auseinanderfiel und immer weniger als Album konsumierbar war: Zu gegensätzlich waren die Tracks, die harte Beats, Melodien oder grimeartige Lyrics (etwa von Virus Syndicate) in den jeweiligen Vordergrund rückten.

Auf seinem neuen Album „Lockout“ bricht er gleich vollständig mit Album-Konventionen. Nicht nur der Opener „Blue Bird“, im Original von Al Haca, ist ein Remix, andere Stücke sind mehrfach in verschiedenen Versionen enthalten. Gemein ist den Stücken, dass Milanese hier offensichtlich Lust auf Koops und Features hatte (z.B. mit MC Ben Sharpa), und gemein ist ihnen außerdem, dass er weiterhin geile Beats zu programmieren versteht, diesmal aber noch gekonnter mit den melodiösen Bässen umgeht. Diese dreht er komplex aus nicht mehr hörbaren Bereichen in die Nummern, um sie zu verschachteln und zu verschlingen und sie ebenso wieder verschwinden zu lassen. Oder esoterischer: Milanese bändigt organische Bass-Ungetüme kurzzeitig, die sich wie Tentakel oder Schlingpflanzen dunkel und unzerstörbar als Grundierung von gebrochenen Beats und Vocals unruhig mäandernd festsetzen. Ich werde noch Wochen brauchen, um dieses Album mehr als ansatzweise zu durchschauen – und jeder Hördurchgang wird ein Genuss!

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