Trent Reznors jüngstes Projekt ist halb Soundtrack, halb anspruchsvolle Pop-Produktion. Der Grundton ist überraschend friedlich, der Inhalt aber alles andere als homogen.
Wer in den letzten Jahren die Projekte von Trent Reznor verfolgte, der konnte einen allgemeinen Wandel in der musikalischen Ausrichtung des Amerikaners beobachten. Bereits mit den letzten Nine Inch Nails-Aufnahmen nahm der Anteil instrumentaler Stücke kontinuierlich zu, so zum Beispiel im komplett akustisch gehaltenen "Ghosts I-IV". Generell war eine Abkehr vom aggressiven Sound des einstigen Industrial Rock-Projekts zu vernehmen. Mit den Scores für die Filme "The Social Network" und "The Girl With The Dragon Tattoo" weitete Reznor sein musikalisches Interessensgebiet nochmals aus.
Das Albumdebüt von How To Destroy Angels fügt sich praktisch nahtlos in diese Entwicklung ein. Den Gesang übernimmt größtenteils Mariqueen Maandig, nur vereinzelt stimmt Reznor in einen Refrain ein. Generell ist auch die Stimmung auf "Welcome Oblivion" ausgeglichen, aggressive Gefühlsausbrüche sucht man vergebens. Dafür wartet das Album vor allem im Mittelteil mit zugänglichen Melodien auf und überrascht beispielsweise in "Ice Age" mit Gitarrengezupfe und einem zauberhaften organischen Sound. Dennoch bestehen weiterhin große Teile des Materials aus den bekannt verzerrten Computerbeats und Effekten, die mit ihrer gewohnt maschinellen Ästhetik so bezeichnend für den Sound der Nine Inch Nails waren, mittlerweile aber einen Teil ihrer Faszination eingebüßt haben. "Keep It Together" ist voll von Blips und Beats und könnte auch aus der Feder von Portishead stammen und "Too Late, All Gone" kommt dem klassischen Nine Inch Nail-Song wohl am nächsten.
"Welcome Oblivion" springt dem Hörer nicht wirklich ins Gesicht, ganz im Gegenteil. Es dauert verhältnismäßig lange, bis es sich dem Hörer erschließt. Die Mischung aus verschachteltem Soundtrack, der manchmal gar in Ambient-Regionen abschmiert und anspruchsvoller Pop-Produktion wie im beinahe R&B-Stück "How Long" wirkt in sich nicht wirklich stimmig. Ist man des einen bereits überdrüssig, beginnt sich erst der Rest des Materials zu öffnen. Als Album funktioniert "Welcome Oblivion" nur mit ausgesprochen viel Geduld.