Kreisverkehr
Need For Speed: Ron Howard deutet das Formel-1-WM-Duell 1976 zwischen Lauda und Hunt als Clash der Motorsportkulturen.
Zunächst zirkulieren Zweifel – noch bevor eine einzige Runde einer Rennstrecke abgefahren wurde. Ja, hätt’s denn das 2013 wirklich noch gebraucht? Einen Formel-1-Film? Zu schlecht sind einem die seltsam vergurkte Motorsport-Sequenz in »Iron Man 2« oder, schlimmer, das Desaster, das da »Driven« hieß, noch in jüngerer Erinnerung. Der einzig richtig gute Genre-Eintrag? John Frankenheimers »Grand Prix«. Über 40 Jahre her.
So seltsam es klingt, aber vielleicht brauchte es für diese Mission einfach einen wie Ron Howard, einen grundsoliden Verfertiger »wertiger« Blockbuster-Konfektionsware (»The Da Vinci Code«), einen, der eben nicht ständig selbstvergessen in Effektfeuerwerke stieren oder sich übereifrig die nächste Cutting Edge zurechtschleifen muss. Wie schon »Frost/Nixon«, seine vorangegangene Zusammenarbeit mit dem Wahl-Wiener Drehbuchautor Peter Morgan, zieht auch »Rush« seine Reize bevorzugt daraus, dass es gar nicht mehr sein muss als ein gut gearbeitetes Period Piece. Wiewohl man hier eher von einem Zeitenwendedrama sprechen müsste, in das Howard das sattsam bekannte Narrativ des dramatischen WM-Duells 1976 zwischen dem Engländer James Hunt (Chris Hemsworth) und dem Einsparer Nikolaus Lauda (Daniel Brühl) hineinzuformulieren angetreten ist. Es ist ein tollkühn auf dem Gaspedal stehend und wild in den Boxengassen gestikulierend ausgetragener Clash der Kulturen zwischen der alten Schule der Hallodri-Playboy-Fahrer à la Hunt und der sich hartnäckig breitmachenden neuen Generation hyperstrebsamer Perfektionisten à la Lauda (ein Duell, das in der Gegenwart durch Fahrroboter wie Schuhmacher und Vettel eh längst entschieden ist).
Howards Inszenierung vermittelt dabei, auch dank der gewohnt crispen Bilder von Anthony Dod Mantle, nie den Beigeschmack allzu großer Patinaverliebtheit, weiß insbesonders in der beklemmenden Rekonstruktion von Laudas horrendem Nürburgring-Crash eine Unmittelbarkeit herzustellen, wie sie im kontemporären Action-Kino rar ist. Das wahre Trumpf-Ass von »Rush« ist aber im Akteursaufgebot zu finden: Wie sich der Deutsche Daniel Brühl da in feinst verstandener Method-Acting-Tradition, ganz Überbiss und Broken English, in die Figur Lauda reinhaut, ja, gleichsam in ihr aufgeht, gehört schon mit zum besten, was man dieses Jahr auf der Leinwand vorgespielt bekommen wird. Es ist eine, man sagt es so, furchtlose, dringliche Performance, eine, die ihm die Tore Hollywoods in bester Waltz-Manier weit aufstoßen sollte.