Forever Young?
Waltz With Robin: Ari Folman gießt eine psychedelische und dichte Zukunftsvision von Kulturindustrie und Kino in ein knallbuntes Animations-Spektakel.
»Die wahren Abenteuer sind im Kopf, und sind sie nicht im Kopf, dann sind sie nirgendwo«, sang André Heller 1976 und appellierte an die naive Fantasie. Jahrzehnte später zeigte er in esoterisch-kulturalistischen Erfolgsshows, dass der Welt der Fantasie und Kopfabenteuer auch etwas Bedrohliches innewohnt. Stanislaw Lem wusste das bereits 1971, als er sein Werk »Der futurologische Kongreß« vorstellte, in dem die Welt diktatorisch regiert und die Barbarei durch den Einsatz von Psychopharmaka ausgeblendet wird.
Regisseur Ari Folman diente Lems dystopischer Roman als Vorlage für »The Congress«, das nach »Waltz With Bashir« der gleichfalls politische Versuch ist, sich mit den Mitteln der Animation nun dem Sci-Fi-Genre anzunähern. Im Gegensatz zur Vorlage steht nicht ein Raumfahrer, sondern eine Schauspielerin im Zentrum der Handlung. In die Jahre gekommen wird Robin Wright (als sie selbst) ein beispielloses Angebot unterbreitet: Das Hollywood-Studio Miramount will für 20 Jahre die Rechte an ihrer Person erwerben. Sie soll eingescannt und ihr digitales Image ohne ihr Mitspracherecht in unterschiedlichsten Rollen besetzt werden. Aus monetären Gründen willigt Wright ein und entledigt sich ihres Abbilds. Und zugleich ihres Egos. Folman verhandelt Lems Zukunftsszenario so aus der Perspektive der Kulturindustrie und bringt zusätzlich Fragen zur Zukunft und Rolle des Kinos aufs Tableau. Bestechend schön und sinnlich trügt der Schein, wenn sich Wright und ihr Avatar-Animator Dylan Turliner (Jon Hamm) näher kommen. Dieser hat sich in Wrights Avatar, also seine eigene Kreation, verliebt. Einer Anti-Ikone gleich sind Persönlichkeit und Medienbild hier voneinander abgespalten.
Die entmenschlichten, verstandslosen, komischen Bewohner der futuristischen Animationswelt nehmen einander so nur mehr als austauschbare Etiketten wahr. Robin Wright streift als entleerter, entfremdeter, zeit- und geschichtsloser Charakterumriss über das Miramount-Gelände. Man möchte sich in sie einfühlen und weiß doch, dass auch sie nur Abbild ist. »The Congress« zeigt eine überladene und überfrachtete, psychedelisch verwirrte und verwirrende, farbenprächtige Animationswelt, von der man sich im Kinostuhl überrumpelt und beeindruckt fühlt. Auf die Erkenntnis, dass auch dieses Abenteuer im Kopf Inszenierung ist, stößt man spätestens zum Ende hin.