Nicolas Winding Refn gehört zweifellos zu den interessantesten Regisseuren des aktuellen Kinos. Mit der »Drive«–Cannes-Palme in der Hand und noch vor den Dreharbeiten zu »Only God Forgives«, gibt die einstündige Doku einen ungeschönten Blick auf das Schaffen des Dänen.
»NWR« nimmt zwar den jüngsten Erfolg in Cannes als Aufhänger, besinnt sich dann aber doch auf die Anfänge des Filmemachers. »Pusher« war 1996 nicht nur sein erster Film, sondern auch die bewusste Entscheidung gegen eine Ausbildung an der Filmakademie. Nach anfänglichen Erfolgen verschuldet sich Refn 2003 mit »Fear X« schwer und steht beinahe vor dem Ende seiner Karriere. Im Rückblick auf seine Laufbahn bekommt der Zuseher auch eine Ahnung vom Privatleben des Dänen. Refn ist trotz seines unüberhörbaren Sarkasmus (vgl. Lars von Trier) ein Poet, der zwischen Struktur und Zufall wandelt und sich seinen Projekten stets auf einer abstrakten, fast träumerischen Ebene nähert. Er beschreibt seine Filme mit Musik, nennt »Pusher« Post-Punk, »Bronson« Pet Shop Boys oder »Fear X« Brian Eno.
Ausdruck, Stimmung und Gefühl bestimmen den Weg der Filme eines Regisseurs, der Gewalt als eine Form der Kunst begreift. Das ist streitbar, aber immerhin konsequent. Dementsprechend hat Refn auch das geschafft, woran sich andere europäische Regisseure wie Stefan Ruzowitzky oder Florian Henckel von Donnersmarck noch die Zähne ausbeißen: Sich in Hollywood festzusetzen, ohne Kompromisse einzugehen. »NWR« zeigt präzise das Bild eines unscheinbaren Diktators in Badeschlappen, der Filme immer zuerst für sich macht.