Warum es sich lohnt, die 13 noch bestehenden Arthouse-Kinos Wiens in einer Welt unendlicher Internetmöglichkeiten trotzdem und gerade deshalb zu besuchen.
In Wien ist die Kinoanzahl über die letzten Jahrzehnte rapide gesunken: Von ca. 156 in den 1980ern zu 28 im Jahr 2015. Viele der noch existierenden Arthouse-Kinos sehen sich daher vor Herausforderungen gestellt. Ohne die seit 1999 bestehende Unterstützung durch den Filmfonds Wien hätten vermutlich noch mehr von ihnen schließen müssen. Die Programmkinos versuchen derzeit mit Hilfe verschiedener Konzepte und Ideen ein größeres Publikum anzusprechen, denn auch dieses Jahr ging die Besucheranzahl im Vergleich zum Vorjahr um 5,8 Prozent zurück. Wir haben daher die 13 Arthouse-Kinos Wiens mitsamt ihrer Charakteristika und Besonderheiten zusammengestellt – vielleicht können wir ja so auch einen ganz kleinen Teil zum Weiterbestehen der großartigen Lichtspielhäuser tun.
Admiralkino (© Andreas Weiss)
100-jähriges Bestehen überzeugt: Das Admiralkino ist das älteste, unveränderte Kino Wiens und wird seit 2007 von Michaela Englert geleitet. Besonders ist, dass es nur über einen Saal verfügt und es sich daher noch immer seinen ursprünglichen Charme erhalten hat. Die Besitzerin Englert zeigt pro Tag nur drei ausgewählte Filme, quasi als Nachspiel zum Vorspiel. Denn die Richtlinien für einen neuen Film – nämlich diesen dreimal täglich zu spielen – will sie nicht erfüllen. Sie setzt hingegen auf Vielfalt. Der Gier nach neuen Filmen weicht sie somit aus, im Vordergrund steht das Ambiente und der Kinogenuss. Außerdem existiert seit kurzem ein Doggy-Day – jeden 1. Donnerstag im Monat. Derzeit gibt es The Lobster, The Neon Demon und Tomorrow zu sehen. Die Filme laufen in der Originalfassung mit Untertiteln. Admiralkino, Burggasse 119, 1070 Wien
Bellaria Kino (© Phreak 2.0/Christian Mayrhofer)
Das Bellaria Kino befindet sich hinter dem Volkstheater und erinnert architektonisch stark an die Lichtspiele der 1960er und 1970er. Neben diskussionsfreudigen Stammgästen findet auch die Jugend hier ihren Platz. Vier Filme am Tag lassen die 1930er und 1940er wieder aufleben, wohingegen die Filmvorführungen der aktuellen Filme von österreichischen bis zu internationalen Arthouse-Produktionen reichen. Derzeit wird unter anderem Vor der Morgenröte und Ein Mann namens Ove gezeigt. Bellaria Kino, Museumsstraße 3, 1070 Wien
Breitenseer Lichtspiele (© Breitenseer Lichtspiele)
Das älteste, dauerbespielte Kino der Welt durchlebte zwei Weltkriege. Es entstand 1905 aus einem ehemaligen Zeltkino und wurde 1909 mit dem Einzug in ein Gründerzeit-Eckhaus zu einem Ladenkino. 1969 übernahm die pensionierte Professorin Anita Nitsch-Fritz das Kino von ihrem Vater, der es mehr und mehr von seiner technischen Konkurrenz, dem Fernseher, bedroht sah. Bis heute werden zum Teil Stummfilme gezeigt, die am noch vorhandenen Klavier tatkräftig unterstützt und begleitet werden. Derzeit auf der Leinwand: Verräter wie wir, Smaragdgrün und Kill Billy. Breitenseer Lichtspiele, Breitenseer Straße 21, 1140 Wien
Burg Kino (© Luke McKevran)
Während der NS-Zeit stellte das Kino eine Ausnahme dar, weil es sich von fremdsprachigen Filmen trotz der damaligen Gefahrenzone nicht fernhielt und so das erste Kino Wiens war, das fremdsprachige Filme überhaupt zeigte. 1939 musste es sich auch der strikten Anordnung des Regimes unterordnen, also verschwanden die US-Filme. Heute bewegt sich das Programm wieder zwischen Kult und Neuheiten, natürlich im Originalton. Es wird zur Zeit unter anderem Der dritte Mann, Hail, Caesar! und Money Monster gespielt. Burg Kino, Opernring 19, 1010 Wien
Filmcasino (© TEDx Vienna)
Kasino, also ein Raum für gesellige Zusammenkünfte, hier stimmt die Namensgebung mit der Realität voll und ganz überein. Berühmtheit erlangten auch die Plastilinfiguren Wallace & Gromit vom britischen Trickfilmer Nick Park, deren Weltkarriere hier begann. 1996 fand erstmalig das Queer Filmfestival Identities statt. Das Filmcasino beginnt außerdem mit der Zusammenarbeit von dok.at (Dokumentarfilme) und die Frauen-Filmtage prägen den Ort erstmalig. 2010 sorgte das erfolgreiche Slash Filmfestival auch zum ersten Mal für Aufsehen. Das Programm des Filmcasinos umfasst stets eine interessante Auswahl von älteren und aktuellen Filmen, öfters sogar als Premiere, manchmal auch in Anwesenheit der RegisseurInnen. Toni Erdmann, Marshland und Tomorrow finden hier derzeit unter anderen den Weg auf die Leinwand. Filmcasino, Margaretenstraße 78, 1050 Wien
Filmhaus Kino am Spittelberg (© Stadtkino Filmverleih)
Das Filmhaus Kino am Spittelberg präsentiert drei Vorstellungen pro Tag und hat sich auf ein eher ausgefallenes Programm spezialisiert. Aktualität und Österreich-Bezug, gleichzeitig aber auch internationales Kino, auf das man sich einlassen muss, das alles gibt es hier. Zurzeit läuft etwa Holz Erde Fleisch und The Assassin. Filmhaus Kino am Spittelberg, Spittelberggasse 3, 1070 Wien