Jasmin Roth und Stephan Göschl von Cin Cin sind spezialisiert auf Design, Publishing und Events. Eine Unterhaltung über gestalterische Vorstellungen, Hierarchien und Gleichberechtigung.
Cin Cin Vienna stehen in ihren Arbeiten für eine Symbiose aus Design, Kulinarik und Kultur. Mit ihrer holistischen Arbeitsweise initiieren, konzipieren und realisieren sie Projekte für Kunden wie Die Angewandte, MAK, Siemens Personaldienstleistungen und das 21er Haus. Eine Unterhaltung mit Jasmin und Stephan über die Vorstellungen von eigenständigem Gestalten, flachen Hierarchien und Gleichberechtigung bei der Arbeit.
Wie sieht euer bisheriger Werdegang aus?
Nach dem gemeinsamen Studium und Projekten an der Angewandten (Klasse Kartak für Grafikdesign) wurde im Sommer 2015 Cin Cin Vienna gegründet.
Was gefällt euch am selbstständigen Arbeiten?
Die Chance, unsere Zukunft aktiv in die Hand zu nehmen, frei von hierarchischen Systemen.
Der Aufbau sowie die Pflege einer eigenen Firmenkultur. Das Experimentieren und Ausprobieren von verschiedenen Ideen, Arbeitsmethoden und -situationen. Die Mischung aus Auftragsarbeiten und selbstinitiierten Projekten sowie das Kennenlernen verschiedenster Menschen und anderer Arbeits- und Lebenswelten.
Auf was seid ihr stolz?
Auf die Tatsache, von Anfang an unsere unternehmerischen und gestalterischen Vorstellungen konsequent realisiert zu haben und dass unser spartenübergreifendes Arbeiten und unsere Haltung immer stärker öffentlich wahrgenommen werden. Unsere Haltung Design nicht als Wettbewerb zu sehen und deshalb nicht bei Awards mitzumachen.
Wir leben in unserem Büro die Gleichberechtigung von Mann und Frau und pflegen eine respektvolle und sympathische Beziehung zu allen ProjektpartnerInnen.
Wie kann man sich als kleine Agentur gegen große Player behaupten? Was macht ihr anders?
Es ist schwierig, uns mit großen Agenturen zu vergleichen, weil wir denken, dass es sich um strukturell zwei verschiedene Dinge handelt. Wir sehen die Vorteile einer kleinen Agentur wie in unserem Fall in der Flexibilität und Selbstbestimmtheit, in der wir mehr Spielraum haben und die Möglichkeiten, uns agiler auf Veränderungen einstellen zu können, ohne größere Kompromisse machen zu müssen. Arbeitsprozesse laufen bei uns direkter und kürzer ab, was sehr praktisch ist.
Wie wählerisch seid ihr betreffend Kunden die ihr annehmt? Gibt es Kriterien, die Klienten erfüllen müssen?
Unser Credo lautet: Wir unterhalten uns mit allen, die mit uns arbeiten wollen. Dabei merkt man, ob man sich versteht oder nicht. Bislang hat sich diese Aufgeschlossenheit wunderbar bewährt.
Als Grundbedingung für unser Unternehmen gilt, dass wir für unsere Leistungen bezahlt werden wollen. Ausschlusskriterien gäbe es wahrscheinlich am ehesten in menschlicher Hinsicht oder bei Ideologien/Produkten, die wir selbst ablehnen. Das ist uns aber bislang noch nicht passiert.
Erzählt uns etwas über die Gegend, in der euer Studio liegt.
Unser Centre befindet sich zentral gelegen in unmittelbarer Nähe zu Wien Mitte. Das ist von der Infrastruktur her optimal und sehr gut erreichbar. Am dritten Bezirk gefällt uns die Mischung in vielerlei Hinsicht, die von der Angewandten über den bürgerlichen Mittelteil bis hin zur Schlachthausgasse große Vielfalt aufweist. Es gibt hier einige verborgene Schätze zu entdecken.
Verbringt ihr eure Freizeit in dieser Gegend? Wo geht ihr am liebsten für Drinks und ein gutes Essen hin?
Da wir Wien in seiner vollen Pracht lieben, beschränken wir uns nicht auf ein Grätzl. Wir versuchen, immer wieder Neues auszuprobieren und quer über alle Bezirke hinweg unterwegs zu sein. Natürlich wissen wir um Klassiker wie das Malipop oder das Kunsthaus Bescheid, und kennen die Mittagstische sämtlicher Lokale in der nächsten Gegend. Wir waren mittags aber auch schon beim Kleinen Sacher, das nicht gleich ums Eck liegt …
Unsere persönlichen Empfehlungen: Die Intermezzo Bar im Hotel Intercontinental – sollte man unbedingt besuchen, solange es sie noch gibt, sowie die Lokale beim Radetzkyplatz wie das Cafe Menta, Wild oder Garage01 an sonnigen Tagen.
Ein Ratschlag für Designer aus eigener Erfahrung, der nicht in Büchern zu finden ist?
Kreativität endet nicht bei der Bürokratie, sondern sollte auch dafür eingesetzt werden. Die unternehmerischen Aspekte sollten nicht vernachlässigt werden. Es gibt zwar immer mehr Literatur zum Thema Kundenpflege und Arbeitskultur; trotzdem würden wir anderen empfehlen, sich neben der Projektarbeit noch mehr mit der eigenen Firmenkultur zu beschäftigen. Denn die Beziehung zu GeschäftspartnerInnen prägt den Arbeitsalltag und nimmt einen großen Teil des Arbeitslebens ein.
Was ist derzeit der heißeste Trend, wenn es um das Thema Design geht?
Vielleicht das Fehlen eines einzelnen Trends: die Ausdrucksformen werden vielfältiger, die Grenzen zwischen den einzelnen Designdisziplinen verschwimmen immer mehr. Unserem Gefühl nach finden viele unserer DesignkollegInnen ihre Nische und interessante Karrierewege.
Habt ihr Pläne für die Zukunft?
Wir haben schon bei der Gründung mehrere Projekte im Kopf gehabt, die wir Schritt für Schritt realisieren wollen: Für 2017 planen wir unter anderem ein kontemporäres Magazin über Wien, das wir konzeptionell im letzten Jahr erarbeitet haben und viele unserer Leidenschaften versammelt, sowie eine Interviewreihe zum Thema »Karenz und Karriere«, weil das immer noch ein viel zu wenig beachtetes Phänomen in unserer Wirtschaftswelt und Gesellschaft ist und viele – auch uns – vor große Herausforderungen stellt.
Hier geht’s zur Website von Cin Cin. Hier findet ihr weitere Texte aus der Reihe Creative Industries Austria.