Groß und wichtig: Die Sleaford Mods melden sich eindrucksvoll zurück

Schlechtes Essen, schlechtes Klima, schlechte Politik – die bissigste Band Englands verdichtet all das auf ihrem exzellenten neuen Album und spuckt uns den grauslichen Klumpen grinsend vor die Füße.

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© Roger Sargent

England, 2016. Es ist zum In-den-Caffè-Latte-Heulen. Bar jeglicher Vernunft oder Idee (für die tatsächliche Lösung realer Probleme) provozieren die Rechtspopulisten erfolgreich den Brexit. Im Fernsehen sagt ihr Leader Boris Johnson, er würde sich im Falle einer eintretenden Rezession aber entschuldigen. Moment … Wie bitte? Der Caffè Latte ist jetzt in großer Gefahr. Das Gegenüber knallt die Zeitung auf den Pub-Tisch. »Mop top cunt will apologise? What? I stick my fuckin phone in his head.« Jason Williamson ist kein Mann der Resignation, auch nicht auf Twitter. Und er ist gemeinsam mit seinem Produzenten Andrew Fearn Sleaford Mods, die laut Iggy Pop »absolut ohne Zweifel definitiv großartigste Rock-’n’-Roll-Band der Welt«.

Sleaford Mods »English Tapas«

Wütend auf Boris »Moptop« Johnson

Diese serviert uns nun »English Tapas« – ursprünglich eine dubiose Wort- bzw. Speisenkreation, unter der irgendein Pub tatsächlich ein Potpourri englischer »Spezialitäten« serviert. »It’s comedy, it’s make do, it’s ignorant and above all, it’s shit.« Wie der Brexit eben. Insofern überrascht es nicht, dass Williamson der dritten Nummer des Albums zentrale Bedeutung beimisst – das wütende »Moptop« attackiert Johnson und dessen Methoden unmissverständlich. Derartige Reflexionen sind bei Sleaford Mods ebenso elementar wie die meist nur aus Drumbeat und Bassline bestehende musikalische Umsetzung, die 2017 noch dringender, aber auch eingängiger daherkommt als beim schon hochgelobten Vorgänger »Key Markets«. Und es ist diese Kombination, die Sleaford Mods so groß und wichtig macht.

Da sich das Entlassen Tausender Angestellter zwecks Gewinnmaximierung bei gleichzeitigem Besitz einer 100 Millionen Pfund teuren Jacht im Sleaford-Universum sicher nicht ausgeht, wird Milliardär Sir Philip Green aufs Korn genommen. »We’re going down and it’s no stress, we’re going down like BHS«, heißt es da im catchiesten Refrain des Jahres, weil: »What do you do, laying on a boat mate, look at you.« Da dreht man den Spieß am besten um und lacht oder geht tanzen. Zum Beispiel, wenn Sleaford Mods im Mai dann in Wien spielen. Fooock!

 

»English Tapas« von Sleaford Mods erscheint am 3. März 2017 bei Rough Trade Records. Die Band tritt am 8. Mai im Wiener Flex auf.

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