Benjamin Lacombe ist eine der bekanntesten Pop-Figuren unter Frankreichs Illustratoren. Beim Besuch in Wien erzählt er von seine düsteren Kinderbuchzeichnungen und, dass Twitter hässlich, Affen uninspiriert und Marie Antoinette cool ist.
Wie kann man sich auch als Erwachsener sein inneres Kind behalten?
Ich verstehe gar nicht wieso das erstrebenswert ist! Ich finde, das ist so eine vielverwendete Phrase – man muss auch wirklich kein Kind mehr sein um für Kinder schreiben zu können. In Wahrheit sind die besten Kinderbücher jene, die Themen behandeln, die einen als Kind interessiert haben, und die als Erwachsener noch immer interessant sind.
Die meisten Erwachsenen, die versuchen Kinder zu bleiben sind falsch und unauthenthisch und fokussieren sich auf die Vergangenheit anstatt offen für Neues zu sein. Ich zum Beispiel war als Teenager ziemlich anmaßend und dachte ich weiß alles, und werde für immer Comics zeichnen. Heute bin ich viel offener, und weiß, dass sich alles ständig ändert.
Viele Autoren waren überhaupt nicht solche „Träumer, mit dem Kopf in den Wolken“, wie sie gerne gezeichnet werden. Lewis Caroll war Mathematiker und hat mit "Alice im Wunderland" ein so wunderbar fantasievolles Buch geschrieben! Beatrix Potter war auch sehr ernsthaft.
Dass man als Künstler sein inneres Kind behalten muss, ist so überbewertet – Kunst wird interessant durch das, was ein Künstler ausdrücken möchte. Erst wenn man Erfahrung hat kann man Dinge tiefergehend analysieren. Kunst von kleinen Kindern oder Affen ist doch nicht interessant! Die haben noch nichts auszudrücken. Egon Schiele zum Beispiel war schon mit elf Jahren ein großartiger Maler, aber seine richtigen Meisterwerke hat er, meiner Meinung nach, erst in seinen Zwanzigern geschaffen. Denn da hatte er Erfahrungen zu verarbeiten, er hatte was zu sagen.
Verändert moderne Technologie deine Arbeit auf irgendeine Weise?
Ja klar, als Künstler ist man immer von seiner gesamten Außenwelt beeinflusst. Es gibt heute so viel mehr Möglichkeiten seine Arbeit zu publizieren, ohne dabei auf einen Verlag warten zu müssen, so viele Möglichkeiten mit den Menschen zu kommunizieren. Ich habe schon so viele coole Künstler auf Facebook und Pinterest entdeckt.
Mein Elfen-Bestimmungsbuch habe ich auch als E-Book herausgebracht, denn es geht darin darum, eine neue Welt zu entdecken. Mit dem E-Book haben wir auch eine neue Welt entdeckt, man kann damit eine Geschichte ganz neu erzählen. Deswegen hat es gepasst, ich würde aber nicht einfach zu jedem Buch analog ein E-Book herausbringen.
Ich liebe es Feedback von Fans zu bekommen. Twitter kann echt lustig sein, wenn man es gut macht, aber ich checke Twitter noch nicht so ganz. Ich glaub Instagram mag mich lieber – ich hatte innerhalb von zwei Wochen fast so viele Fans wie auf Facebook. Bei Twitter ist auch die Interface ziemlich schiach! Instagram ist einfach schöner.
Kannst du uns noch ein wenig zu zukünftigen Projekten erzählen?
Ja! Ich arbeite bereits seit zwei Jahren an einem Buch über Marie Antoinette, mit Versailles gemeinsam. Sie war damals die am öftesten porträtierte Frau – sowas wie die Madonna ihrer Zeit. Sie ist der Ursprung von französischer Patisserie und Mode. Sie hat damals die österreichischen Mehlspeisen am französischen Hof verlangt, und gesagt sie sollen Schokolade dazugeben. So sind die französischen Bäckereien entstanden.
Da sie Vorbild für die Aristokratie war, wurde ihr Schneider gebeten ihre Kleider nachzunähen – so ist eigentlich die heutige Modeindustrie mit verschiedenen Kollektionen entstanden. Davor gab es eigentlich nur maßgeschneiderte Kleider für Könige und für die Aristokratie und die einfache Bauernkleidung.
Benjamin Lacombes Bücher sind auf Deutsch bei Jacoby & Stuart erschienen. Er ist vor allem für seine düsteren Zeichnungen in Kinderbüchern bekannt. Der kreative Kopf des Kunstbedarfhändlers Boesner, Danijela Rajic organisiert Workshops, Lesungen und Kunstbuchpräsentationen in Wien.