Im April erscheint die neue Apple Watch. Braucht die Welt ein weiteres Gadget, das man sich ums Handgelenk binden kann?
Die Apple Watch sorgt schon Wochen vor Release für Schlagzeilen. Das Leben soll smarter werden, weil uns smarte Handys alleine nicht mehr reichen. Dabei ist die Idee gar nicht so neu. Neben Google Glass, das sich wohl eher nicht durchsetzen wird, gab es in letzter Zeit immer neue Gadgets, die eine Revolution auslösen sollten wie der iPod oder das iPhone, die ihre Erfinder nebenbei so reich machen sollten wie Bill Gates. Der Überhype blieb aus. Wenn das aber jemand kann, dann Apple.
Mit der Apple Watch wird unser Handgelenk intelligent, prophezeit zumindest das Wall Street Journal. Versuche aus einer Uhr mehr zu machen als eine Uhr gab es allerdings schon oft. Kann die Apple Watch jetzt die erste Uhr werden, die mehr sein will als eine stinknormale Uhr, die wir an unser Handgelenk lassen?
Früher wollten Uhren auch schon smart sein
Schon in den Siebzigern arbeitete man an futuristischen Uhren, die mehr als nur Uhren sein wollten. Zusätzliche Tastaturen, um Memos einzutippen, Stoppuhren, Weckfunktionen, Taschenrechner und so weiter. Doch meistens musste man sich entscheiden. Das Modell mit der Stoppuhr oder das mit fünf Speicherplätzen für Alarmsignale? Oder vielleicht sollte es doch die Nintendowatch mit Legend of Zelda oder Super Mario Brothers sein?
Speicherkapazitäten haben sich enorm weiter entwickelt. Das fast bruchsichere Gorillaglas ist mittlerweile auch in Formen lieferbar, die nicht nur flach sind. Nach den ersten Bildern im Netz wurde darauf aber offenbar verzichtet. Die Wischoberfläche der Apple Watch bleibt flach.
"Des Teil spüt olle Stickln, fost olle"
Die Apple Watch schluckt alle diese Funktionen locker, von denen in den letzten 40 Jahren fantasiert wurde. Und das alles in einer kleinen Uhr. Über das Wlan und GPS des iPhones, bekommt man über die Apple Watch alle wichtigen Informationen direkt an den Körper. Sei es die Benachrichtigung über ein Mail oder die Nachricht auf Facebook.
Die Uhr bietet, wie das iPhone, Apps, wie zum Beispiel ein Navi und ein lustiges Kommunikationstool namens Skribbel, das so ähnlich funktioniert wie Draw Something. Nachrichten verzeichnen. Kalender, Fitnessapp, Wettervorhersagen – alles mit dabei.
Was unterscheidet die Apple Watch also von den gefloppten Android Smart Watches, die bis dato lediglich ca. 700.000 verkaufte Stück melden? Einiges. Telefonieren war schon auf anderen Modellen möglich, Apple macht es vermutlich trotzdem einfach besser und intuitiver, wenn man aus dem Desaster rund um Apple Maps oder #Bendgate etwas gelernt hat. Außerdem ist Siri mit an Bord, denn wie überall im Leben, kommt es darauf an, was und wie du fragst, nicht was du weißt.
Die Akkulaufzeit soll bei starker Beanspruchung nur 2,5 Stunden betragen. Man darf sich jedenfalls auf tägliches Aufladen einstellen – ein nicht ganz unwesentlicher Unterschied zu gewöhnlichen Uhren.
Apple setzt auf Zärtlichkeit
Ob die Apple Watch mit ihren gefühlsechten Benachrichtigungen zu weit geht, werden erst die Reaktionen zeigen. Wenn die Pläne bis zum Launch nicht wieder verworfen wurden, kann man per Uhr einen anderen Uhrenträger anstupsen oder wenn es noch intimer werden soll, seinen Herzschlag an die andere Person übertragen.
Schmuckstück statt Gadget
Zu den ersten Fotos, die von der Uhr aufgetaucht sind, gehört auch das Cover von Self, einem US-Modemagazin. Die smarte Uhr soll also nicht nur als nerdiges Gadget positioniert werden, sondern als Wearable und als Fashion-Accessoire. Vielleicht aus Sorge, dass die Menschheit noch ein weiteres technisches Gerät nicht mit sich herumschleppen will.
Aufgrund von fehlenden Genehmigungen für bestimmte Selbstdiagnose-Funktionen wird die Uhr in einer abgespeckten Version kommen. Außerdem waren die Erwartungen von Apple teilweise zu hoch, sodass bestimmte Prototypen es nicht durch den Test geschafft haben. Fehlen werden vor allem Gesundheitsapps, wie zum Beispiel die Funktion, die deinen Stressfaktor misst.
Apple gab dazu jedoch noch kein konkretes Statement ab. Die Uhr wird in drei Preissegmenten erscheinen. Die abgespeckte Sportversion, die normale Version und die Luxus-Edition. Preislich startet das unterste Segment bei 349 US-Dollar. Die Königsklasse hingegen soll preislich alles sprengen, was Apple in der Art bis jetzt verkauft hat. Was das obere Limit anlangt, überschlagen sich derzeit die Meldungen. Mindestens 5.000 Dollar soll die teuerste Variante kosten.
Apple Watch ist keine Uhr
Die Apple Watch ist definitiv keine Uhr mehr. Auch wenn man sich darauf auf hundert verschiedene Arten die genaue Zeit sagen lassen kann. Sie hat kein Uhrwerk, keine Tasten und von sozialer Distinktion brauchen wir erst gar nicht zu sprechen anfangen. Die Frage ist nur, ob die Apple Watch die erste Uhr sein wird, die mehr sein wollte als nur eine Uhr, sich durchsetzen wird?
Nun, kommt drauf an, wonach man den Erfolg messen will. Bei iPod und iPad war die Skepsis ursprünglich enorm, die ersten Reaktionen oft gar nicht berauschend. Die Uhr als Wearable und Fashion-Accessoire zu vermarkten, öffnet dem Konzern Möglichkeiten und spricht neue Zielgruppen an. Wer sich aber erwartet, dass die Uhr das Handy ersetzt, wird enttäuscht werden. Wer sich erwartet, die die Uhr alle anderen Uhren ersetzt, wird auch enttäuscht werden. Die Apple Watch soll ein paar Millionen Stück verkaufen. Das wäre es erst einmal.
Die Apple Watch gibt es ab April 2015 und kommt in drei verschiedenen Ausführungen. Offizielle Statements von Apple zu den Abspeckungen hat es bis jetzt noch nicht gegeben.