Dieses Wochenende startet das Donaufestival in Krems. Neben Musik, Kunst, Film und Theorie ist Performance ein wesentlicher Baustein des Programms. Kuratorin Astrid Peterle im Mail-Interview über das Maschinenhafte eines Sternzeichens, die Auswirkungen der Pandemie und die späte Würdigung der Pionierinnen elektronischer Musik.
Das Donaufestival reflektiert gesellschaftliche Entwicklungen und setzt sich mit der allgemeinen Weltlage auseinander. Wie viel Pandemie steckt in der bevorstehenden Festivalausgabe?
Natürlich kann die Gegenwart der Pandemie nicht ausgeblendet werden, vor allem organisatorisch. Inhaltlich haben wir aber keine explizit die Pandemie reflektierenden Positionen im Performance-Programm. Wir haben viele der Produktionen, die im Programm der 2020 abgesagten Ausgabe geplant waren und die vor der Pandemie konzipiert wurden, mit in die aktuelle Ausgabe genommen, dies war uns als wertschätzende Haltung gegenüber den Künstler*innen wichtig. Ich denke, dass die Gegenwart der Pandemie nicht ausgeblendet werden kann und alle Arbeiten dadurch neue Interpretationsmöglichkeiten erfahren haben. Aber meiner Ansicht nach ist die Lust auf plakative Corona- und Lockdown-Arbeiten enden wollend.
In welcher Form bildet sich das heurige Festivaltitel »In The Year of the Metal Ox« im Performance-Programm ab?
Der heurige Festivaltitel spiegelt nicht, wie etwa »Machines Like Us« im Jahr 2020, ein spezifisches Thema wider, sondern zeigt vor allem an, dass wir uns in einem Ausnahmejahr befinden. Wir hatten für 2020 ein Programm kuratiert, das die Beziehung zwischen Mensch und Maschine und die Frage, wie viel Drohung in deren Zuneigung zueinander liegt, reflektiert hätte. Unser heuriger Titel findet sich nicht als programmatisches Motiv im Performance-Programm wieder, sondern zieht eine Verbindung zum abgesagten Festival des letzten Jahres. Denn schließlich schwingt im heurigen chinesischen Sternzeichen auch etwas Maschinenhaftes mit, indem es zwischen Lebewesen und unbelebtem Element changiert.
Welche Verbindungslinien gibt es zwischen dem Festival von 2020, das ja pandemiebedingt nicht stattfinden konnte, und dem heurigen – also zwischen »Machines Like Us« und »In The Year of the Metal Ox«?
Als wir das Festival letztes Jahr absagen mussten, war uns sofort klar, dass wir möglichst viel des Performance-Programms aus dem Jahr 2020 in die nächste Festivalausgabe mitnehmen wollen. Dies war für uns auch als Commitment gegenüber den Künstler*innen und Kooperationspartner*innen, mit denen wir zusammenarbeiten, selbstverständlich. Sehr spannend ist, dass die Produktionen, die vor der Pandemie entstanden sind, durch die Erfahrungen der letzten 1,5 Jahre völlig neue und unerwartete Bedeutungsebenen bekommen haben. Andere konnten der neuen Realität folgend nicht mehr stattfinden wie ursprünglich geplant und wurden adaptiert, denn physische Berührungen und die Überwindung von Distanz zwischen Publikum und Performer*innen waren im Februar 2020 noch möglich, heute kaum denk- und durchführbar.
Was sind die größten Herausforderungen bei der Vorbereitung eines Festivals in Zeiten einer globalen Pandemie?
Im gesamten Kultur- bzw. Veranstaltungsbereich müssen wir in den letzten 1,5 Jahren ständig auf mögliche beziehungsweise notwendige kurzfristige Änderungen gefasst sein. Vor allem das Performance- und Visual-Arts-Programm hat aber in der Regel lange Vorlaufzeiten, was die derzeitige Planung sehr erschwert. Wir arbeiten parallel bereits intensiv am Festival 2022 und im Vergleich zu Vor-Pandemie-Zeiten haben sich die Voraussetzungen für das Kuratieren stark geändert. In den letzten 1,5 Jahren wurde generell weniger produziert beziehungsweise haben sich viele Produktionsprozesse stark verschoben oder verzögert. Über lange Zeit konnten wir Performances nur im digitalen Raum recherchieren und ansehen. Aufgezeichnete Performances gehörten zwar auch vor der Pandemie zu unserem Alltag, aber die Ausschließlichkeit dieser Art der Rezeption war schon eine ungewohnte und außergewöhnliche Situation, wenn man mit einer Kunstform arbeitet, die so stark vom Liveerlebnis in Gemeinschaft in einem analogen Raum geprägt ist. Wir reisen normalerweise viel, sehen uns andere Festivals und Aufführungsorte an. Der Austausch mit Kolleg*innen und Künstler*innen an anderen Orten ist essenziell. Das hat uns in den 1,5 Jahren sehr gefehlt, auch wenn es aus ökologischer Sicht sicherlich gut ist, dass wir auch andere Formen der Kommunikation und der Gemeinschaft gefunden haben, die in Zukunft als Ergänzung verstanden werden können, wenn sie auch kein vollständiger Ersatz sind.
Neben der von dir kuratierten Performance-Schiene sind Musik, Kunst, Film und Theorie wesentliche Pfeiler des Donaufestivals. Auf welche Programmpunkte aus diesen Genres freust du dich besonders?
Musikalisch freue ich mich außerordentlich darauf, Rosa Anschütz, Duma und Black Country, New Road endlich live zu erleben. Dass wir eine Videoinstallation der von mir hochgeschätzten Anne Imhof, die den deutschen Pavillon in Venedig 2017 bespielt hat, präsentieren können, ist eine große Freude. Aus feministischer Perspektive kann ich es auch kaum erwarten, endlich den Film »Sisters with Transistors« von Lisa Rovner auf der Leinwand des Kinos im Kesselhaus zu sehen. Der Film würdigt Pionierinnen der elektronischen Musik, die viel zu lange unsichtbar gehalten wurden und kaum einem breiteren Publikum bekannt sind.
Das Donaufestival 2021 findet von 1. bis 3. sowie von 8. bis 10. Oktober in Krems statt.