»Knight Rider« ist heute Realität

Welchen Einfluss hat künstliche Intelligenz auf die gesellschaftliche Realität? Wir haben Experten an Österreichs Hochschulen gefragt.

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Wo werden wir in den nächsten zehn Jahren den Fortschritt in den Bereichen Robotik und künstliche Intelligenz am konkretesten beobachten können?

Wilfried Kubinger, FH Technikum Wien: Die größten Fortschritte wird es im Bereich der Service-Robotik und in der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Roboter geben. Eine Anwendung wird dabei der Autopilot bei PKWs sein.

Christian Fermüller, TU Wien: Derartige Vorhersagen sind immer schwierig, wie die entsprechenden Einschätzungen in der Vergangenheit gezeigt haben. Aber wenn man "dem Geld folgt", so ist ganz klar, dass sich im militärischen Bereich am meisten tun wird.

Wolfgang Werth, FH Kärnten: Aus meiner Sicht wird der Fortschritt am deutlichsten im Home-Service-Bereich (z.B. Assistent für ältere Menschen) und der Medizintechnik (z.B. Roboter unterstützen den operierenden Arzt) sichtbar werden.

Was sind häufige Vorurteile und Klischees in der Roboter-Mensch-Beziehung?

Kubinger: Das häufigste Vorurteil ist sicher nach wie vor, dass ein Roboter dem Menschen ersetzt, d.h. einem Menschen den Arbeitsplatz wegnimmt. Dies ist jedoch ein Trugschluss, da etwa ein Industrieroboter Tätigkeiten ausführt, die ein Mensch so nicht oder nur schwer ausführen könnte – etwa das präzise und schnelle Positionieren von schweren Lasten über einen längeren Zeitraum.

Hubert Berger, FH Joanneum: Das Szenario des völligen „Außer-Kontrolle-Geratens“ von Maschinen zum Beispiel würde ich eher in den Bereich der Klischees einordnen. Ein weiteres Klischee ist die Vorstellung von humanoiden Robotern, die Menschen imitieren und ersetzen. Die meisten nützlichen Roboter des Alltags sehen nicht sehr menschlich aus.

Fermüller: Man denkt bei "Robotern" häufig an menschenähnliche Maschinen mit unklar definierten Fähigkeiten. Tatsächlich ist die große Mehrzahl von Robotern für klar spezifizierte, mechanische Aufgaben mit sehr geringer Anforderung an „Intelligenz“ im Einsatz.

Leute wie Stephen Hawking oder Elon Musk warnen vor intelligenten Maschinen. Zurecht?

Thomas Schmickl, Uni Graz: Ja, weil wir die Selbstorganisation solcher Systeme nicht durchgängig verstehen. Wir verstehen manche Teile recht gut, aber unsere moderne Infrastruktur bindet diese Teile zu Gesamtsystemen zusammen. Und dort gibt es Phänomene wie "Emergenz".

Berger: Ähnlich kritisch hat sich mittlerweile auch Bill Gates geäußert. Er hat diese Gefahr aber so relativiert, da er den aktuellen Stand der Entwicklungen noch einige Jahrzehnte davon entfernt sieht. Die Gefahr kommt durch die Vernetzung höchst komplexer Systeme, deren gemeinsames Verhalten schwierig abzuschätzen ist.Ich würde intelligente Maschinen jedenfalls nicht als so bedrohlich einschätzen wie etwa Nuklearwaffen, den Klimawandel oder auch die flächendeckende Beglückung der Menschheit mit modernen Smartphones, deren eventuelle Langzeitschäden aus soziologischer Sicht auch noch nicht abschätzbar sind.

Fermüller: Die Warnungen sind sicher bedenkenswert. Es ist zu befürchten, dass die tiefen ethischen und rechtlichen Probleme nicht adäquat politisch verhandelt werden. Es sind bereits technische Systeme – vor allem im militärischen Bereich – im Einsatz, die autonom Entscheidungen treffen, die unmittelbare Konsequenzen für Tod oder Leben von Menschen haben. Die äußerst sporadische und jedenfalls nicht breitenwirksame öffentliche Debatte darüber – sofern es diese überhaupt gibt – rechtfertigt jedenfalls kaum optimistische Einschätzungen zu den Konsequenzen des Einsatzes intelligenter Maschinen.

Johannes Steinschaden, FH Vorarlberg: Ich persönlich denke, dass das noch ein sehr weiter Weg ist. Derzeit sehe ich diese Gefahr noch nicht real.

Sehen Sie die zunehmende Automatisierung überwiegend als Chance oder auch als Bedrohung (Arbeitsplätze, Kriegsführung, menschliches Versagen, uvm.)?

Kubinger: Automatisierung um qualitativ hochwertige Produkte zu einem günstigen Preis herzustellen, geht in die richtige Richtung.Die zunehmende Automatisierung der Kriegsführung ist einer der extrem negativen Ausflüsse einer technologischen Weiterentwicklung, speziell da hier Tendenzen bestehen, gewisse militärische Entscheidungen von einem Menschen an eine Maschine auszulagern – und dies ist strikt abzulehnen. Es gibt jedoch auch punktuelle Anwendungsgebiete die nicht ganz einfach in ein militärisches bzw. nichtmilitärisches Fach eingeordnet werden können – etwa die roboterunterstützte Bergung nach einer Katastrophe oder die autonome Erkundung nach einem Chemie- oder Atomunfall.

Steinschaden: Ich sehe die Automatisierung überwiegend als Chance. Vor allem dadurch, dass sie uns von gefährlichen und körperlich oder psychisch anstrengenden Tätigkeiten entlasten kann.

Berger: Automatisierung verlagert den Bedarf an Arbeitskräften hin zu hochqualifizierten Ingenieuren. Das spiegelt sich darin wider, dass wir einerseits bereits über 400.000 arbeitssuchende Personen haben und gleichzeitig einen nicht wirklich gedeckten Bedarf an Elektronik- und Softwareingenieuren.

Schmickl: Dass kann man so nicht beantworten. Automatisierung kann Menschen helfen. Meist ist es mangelnde Solidarität der Menschen untereinander die Arbeitsplätze vernichtet. Siehe Supermarkt: Heute führe ich mein Einkaufswagerl brav selber zurück, ich stecke das Leergut in den Automaten und drücke brav die Bananen-Taste auf der Waage. Dann checke ich vielleicht meine Einkäufe selbst aus an der Automatenkassa. Früher waren das alles bezahlte Jobs. Manche Jobs sind ja so gefährlich, ungesund oder eintönig, dass sie wegrationalisiert gehören, andere wieder nicht. Und es ist eine Frage wie viele neue Jobs durch Automatisierung entstehen und wie wir die gewonnene Zeit nutzen (können).

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