Krampus killed the Christmas Star

Anfang Dezember startet »Krampus« in den Kinos. Die kuriose Horrorkomödie von Micheal Dougherty ist nur die Spitze des Krampus-Hypes in den USA. Der Regisseur sowie eine Volkskundlerin klären, warum es der gehörnte Störenfried plötzlich mit Santa und der Unterhaltungsindustrie aufnimmt und was er mit der österreichischen Identität treibt.

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Ein Viral Video war geboren. Christoph Waltz erklärt Jimmy Fallon, Host der populärsten US-Late Night-Show, das Phänomen Krampus, dessen Verwendung von Rute und Butte. Das US-Publikum zeigt sich begeistert von dem morbiden Kult aus Österreich. Das ist nun fast genau ein Jahr her. Dabei war es nicht das erste Mal, dass der dämonische Kettenschwinger ins Rampenlicht des US-Fernsehens trat. Bereits 2009 lud Stephen Colbert im kaum weniger beliebten »Colbert Report« den Krampus zu sich ins Studio, um die amerikanische, mit Zuckerguss und Fröhlichkeit geschmückte Weihnachtszeit aufzurütteln. Auch in Fernsehserien hatte der Krampus in den letzten Jahren schon einige Gastauftritte, etwa in der Sitcom »The League«, der Fantasy-Krimireihe »Grimm« oder auch in rappender Form in »American Dad«.

Schleichend unterwandert der Schatten des Nikolaus also schon seit einiger Zeit die US-amerikanische Unterhaltungsindustrie. Dieser Culture Clash feiert nun mit der Horrorkomödie »Krampus«, die Universal Pictures um den 4. Dezember weltweit in die Kinos bringt, einen Höhepunkt. Das Konzept könnte nicht absurder scheinen. Wir betreten die Arena des klassischen Weihnachtsfilms, erfunden, um Familien in den Feiertagen zusammenzuführen und eine besinnliche Zeit im Kino zu schenken. Amerikanisches Setting, zutiefst amerikanische Charaktere. Befohlene Besinnlichkeit und Kommerzialisierungswahnsinn schreien gleichzeitig aus jeder Ecke des Bildes. Und mitten in diese allseits bekannte Formel pflanzt sich ein zotteliger, mitteleuropäischer Dämon, der drauf und dran ist, Santa Claus den Rang abzulaufen.

Die Weihnachtszeit muss schelmischer werden

Verantwortlich zeichnet einer, der schon mit seinem Halloween-Schocker »Trick’r’Treat« begeistern konnte. Michael Dougherty, der mit seiner Darstellung rund um Pumpkin Jack bereits bewiesen hat, dass er aus lokalen Bräuchen und Traditionen skurrile Horrorgeschichten zaubern kann, ist auch ein großer Fan von Weihnachten, stellt sich nun heraus. Mit einem Haken: »Es hat mich aber immer schon gestört, dass Weihnachten nicht denselben schelmischen Geist hat wie Halloween. Viel zu lange wurden wir dazu gedrängt zu glauben, dass es zu Weihnachten ausschließlich um Freude, Feste und Geschenke geht.« Was ihm an der Weihnachtszeit bislang gefehlt hatte, war ein Kerl wie der Krampus. Der kam nun wie gerufen auf die US-Showbühne.

»Wir dürfen dem Aufstieg des Internets dafür danken, dass der Krampus nun eine Renaissance feiert«, freut sich Dougherty, »ein Online-Hype, dem in wahrhaftiger amerikanischer Manier sofort eine große Merchandise-Welle gefolgt ist.« Dabei hatte Dougherty schon lange vor der Existenz des Social Webs erste Bekanntschaft mit dem Krampus machen dürfen, nämlich durch einen weitergeleiteten Kettenbrief, in dem sich eine eingescannte alte Krampus-Grußkarte befand. Mehr Informationen zu der absurden Kreatur gab es damals aber nicht. Alte Grußkarten dieser Art sammelt noch heute ein anderer Krampus-Enthusiast. Auf seiner Website grussvomkrampus.net hat der US-Amerikaner George L. Peters Jr. aus purer Leidenschaft eine Galerie eingerichtet, die eine enorme Bandbreite der kuriosesten Krampus-Darstellungen zeigt.

Krampus in Österreich

Ist auch hierzulande eine solche Renaissance vom Krampus spürbar? Die obligatorischen Krampus-Umzüge werden uns wohl so schnell nicht verloren gehen, doch haben sie für viele schon einen faden Beigeschmack. In den Medien liest man davon, wenn es wieder einmal zu Ausschreitungen gekommen ist. Auf Youtube tummeln sich unzählige Amateurvideos, auf denen für die Kamera posierend die Rute geschwungen wird. Und wenn ORF-Reporter Hermes in seiner Reihe »Die unteren 10.000« einen Krampuslauf besucht, um betrunkenen Jugendlichen das Mikro unter die Nase zu halten, schafft es der Gehörnte auch mal ins Abendprogramm. Abgesehen davon zeigt der Krampus im gegenwärtigen heimischen Fernsehen wenig Präsenz. Der Glamour vom Krampus bröckelt. Aber gerade in den letzten Jahren gab es auch hier ambitionierte Ansätze, um den Geist wieder etwas zu beleben.

Erst im Vorjahr erschien der Dokumentarfilm »Vom Krampus«, der danach fragt, welchen ästhetischen Standards der Krampus sich heutzutage stellen muss, um gesellschaftsfähig zu bleiben. National Geographic brachte den Bildband »Alpendämonen« heraus, in dem mittels überwältigender Bildaufnahmen verschiedenen Krampus-, Perchten- und Faschingsritualen von Bayern, quer durch Österreich bis nach Südtirol nachgegangen wird. Dabei begegnen wir einer ungeheuren Diversität an Krampus-Variationen, ob Stilfser Klaubaufe, bayrische Buttnmandln oder der Strohschab aus Bad Mitterndorf. Der Autor und Fotograf Carsten Peter attestiert dem Krampus dabei in seiner heutigen Rolle, identitätsstiftend sowie wertvoller sozialer Kitt der Dorfgemeinschaften geworden zu sein.

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