Das Erstlingswerk von Experiment 101 macht große Lust auf mehr: Mehr von dieser Welt, mit mehr Zeit und Geld und Personal für die Entwicklung.
Wenn in Reviews kritisiert wird, dass »Biomutant« nicht mit »The Witcher 3« mithalten kann, fehlt ganz klar der Blick für die Rahmenbedingungen. Zwanzig Menschen arbeiten bei Experiment 101 und seit den ersten Trailern und Interviews zum Erstlingswerk des Studios stellte sich allem voran die Frage, ob ein solches Projekt vor diesem Hintergrund umsetzbar ist. Ein Actionrollenspiel mit offener Spielwelt, Crafting, einem vielseitigen Kampfsystem, unterschiedlichen Enden und einem relevanten Moralsystem wurde versprochen und tatsächlich geliefert. Aber die begrenzten Ressourcen der Entwicklung sind dem Spiel stark anzumerken.
Seit seiner Ankündigung wurde »Biomutant« von vielen Seiten große Sympathie entgegengebracht. Ein zentraler Grund dafür war wohl die charmant fabelhafte Spielwelt. Gespielt wird ein biologisch nicht eindeutig zuordenbares, anthropomorphes, felliges Wesen in einer Welt nach der ganz großen Klimakatastrophe. Die Tierwelt ist hier ganz offensichtlich mutiert, hat sich etwas angezogen, bewaffnet und Stämme gegründet; irgendwas zwischen »Fallout« und »Kung Fu Panda« also. Und diese Welt ist auch nach dem Release noch entzückend und unverbraucht.
Nah- und Fernkampfwaffen in Verbindung mit erweiterbaren Kampfstilen und magieähnlichen Fähigkeiten bilden die Basis des eigentlichen Gameplays. Erkunden, kämpfen, aufleveln, Fähigkeiten entwickeln, Waffen verbessern – die bekannte Genre-Palette. Alles funktioniert halbwegs, aber wenig so richtig gut. Die Kämpfe werden schnell unübersichtlich. Die Kampfstile ähneln sich zu sehr. Einigen Charakter-Eigenschaften fehlt die Relevanz. Und auch das Moralsystem ist zu platt – Engelchen und Teufelchen inklusive.
Sympathie hat sich Experiment 101 auch durch die lange Verschiebung des Release-Termins verdient. So sollten Bugs und Crunch vermieden werden. Erstere sind momentan trotzdem noch ein Problem. Und alles in allem vermittelt das Spiel in all seinen Teilen den Eindruck, dass sich hier jemand mit großer Leidenschaft übernommen hat.
Das ist schade, weil hier vieles Lust auf mehr macht. Auch wenn sich »Biomutant« recht brav innerhalb etablierter Genregrenzen bewegt, versprüht es den Esprit eines Studios, das nicht einfach nachmachen will und Spaß am Weltenbau hat. Es bleibt also zu hoffen, dass die Sympathie für und das Interesse an »Biomutant« trotz durchwachsener Kritiken und holprigem Spielerlebnis nicht abreißen, damit das Spiel entweder fortlaufend weiterentwickelt wird oder Experiment 101 die Chance bekommt, mit mehr Ressourcen einen zweiten Teil zu basteln.
»Biomutant« ist bereits für PC, PS4 und XBox One erschienen.