Zu Stadtschrift gibt es mittlerweile Instagram-Accounts, Ausstellungen, museale Wände und Bücher. Maximillian Meergraf durchstöbert Wien für seine Fotoserie "Vienna Stores".
Vienna Stores (© Maximilian Meergraf)
Vienna Stores (© Maximilian Meergraf)
Vienna Stores (© Maximilian Meergraf)
Vienna Stores (© Maximilian Meergraf)
Vienna Stores (© Maximilian Meergraf)
Vienna Stores (© Maximilian Meergraf)
Vienna Stores (© Maximilian Meergraf)
Vienna Stores (© Maximilian Meergraf)
Vienna Stores (© Maximilian Meergraf)
Vienna Stores (© Maximilian Meergraf)
Vienna Stores (© Maximilian Meergraf)
Vienna Stores (© Maximilian Meergraf)
Vienna Stores (© Maximilian Meergraf)
Vienna Stores (© Maximilian Meergraf)
Vienna Stores (© Maximilian Meergraf)
Vienna Stores (© Maximilian Meergraf)
Vienna Stores (© Maximilian Meergraf)
Vienna Stores (© Maximilian Meergraf)
Vienna Stores (© Maximilian Meergraf)
So wie die Menschen in Wien selbst erzählen auch die Schriftzüge viele Geschichten über die Stadt und ihren Werdegang. Es geht um Nostalgie und vergessene Zeiten, in denen (natürlich) alles besser war. Und Bandagisten und Kunststopfer noch von ihrem Handwerk leben konnten.
Häuserwände zierten früher liebevoll gestaltete Geschäfts- und Firmenaufschriften – aus Metall, Glas oder Neonröhre. Manche dieser Schriften sind hässlich, andere kultig, alle aber mit Geschichte und Identität gefüllt. Dabei ist die Stilspanne weitläufig: Von streng wirkenden Großbuchstaben über verschnörkelte Handschriften sieht man alles an den Wänden Wiens. Doch trotz unterschiedlichem typografischen Ausdruck bleibt die Message meist dieselbe – es geht um Produkte und Dienstleistungen aus einer Zeit, als Berufsgruppen wie Bandagisten und Kunststopfer noch von ihrem Handwerk leben konnten, Gebrauchsgegenstände wie Gelegenheitsschwemme noch gefragte Güter darstellten, Koks im Laden gekauft werden konnte und der Sauerkraut-Fachhandel boomte. Was davon übrig bleibt sind typografische Wunderwerke, die zwar an Farbe dafür aber niemals an Charme verloren haben.
Der Fotograf Maximilian Meergraf hält diese Stadtschriften mit seiner Kamera fest. Er hat lange fürs TV, Theater oder das österreichische Filmmuseum gearbeitet. Und er musste immer wieder zu bestimmten Geschäften um das richtige Licht oder die richtige Ansicht zu bekommen. Denn was uns beim Anblick dieser Bilder fasziniert, treibt auch Meergraf an, der Blick zurück, der aber auch die Sicht auf das Handwerk, das Craftmanship und Handgemachtes der Gegenwart öffnet.
Was macht für dich den Reiz aus, alte Läden in Wien zu fotografieren?
Der moderne Mensch hat seine Erinnerungen externen Speichern überlassen, da er seinem eigenem Gedächtnis nicht zutraut sich alles scheinbar Wichtige zu merken. Diese Alten Läden sind schon fast von der Bildfläche Wiens verschwunden. Sie waren lebendige Zentren in den einzelnen Bezirken in denen auch mal ein Pläuschchen gehalten wurde. Der Kundenservice wurde hoch geschrieben.
Leider konnten sie wie so viel andere individuelle Einzelhändler dem Druck der Großmärkte und Supermarktketten nicht stand halten und sie geraten in Vergessenheit.
Wichtig bei der Erarbeitung dieser Serie war es mir immer bestmöglich zu versuchen, wenige Hinweise auf das 21. Jahrhundert zu geben. Das Bild rein auf die Fassade und den Laden mit all seinem Charme und den Narben der Zeit zu beschränken. Teilweise musste ich Gebäude viele Male aufsuchen um den Shot, ohne davor geparkten Autos, Mopeds oder Ähnlichem zu bekommen. Die Reduzierung auf Schwarz-Weiss entnimmt den Faktor Zeit und lässt den Betrachter seine eigene Geschichte entwickeln. Bei Ausstellungen habe ich bemerkt, dass die Bilder Menschen dazu bewog an Situationen aus ihrer Kindheit zu denken bzw. davon zu erzählen. Scheinbar längst Vergessenes kann durch so einen Auslöser wieder hervor gerufen werden.
Welche Merkmale fallen dir denn bei den Vienna Stores auf? Inwiefern haben sich diese Schriften zu den heutigen, modernen Schriftbildern verändert? Was macht diese Optik so alt bzw. warum wirkt sie so?
Bei der Veredelung der Einzelnen Geschäftsfassaden wurde damals noch mehr Liebe ins Detail gesteckt. Jeder Betrieb hatte sein spezielles Sortiment – nicht mehr und nicht weniger, seinen firmeneigenen Schriftzug. Die Großkonzerne heute arbeiten meist mit digital, aus Designerhand am Computer erstellten Logos und Schriftzügen und einer unglaublich großen Produktpalette. Handwerker wie der Glasbieger welcher noch vor Jahrzehnten die Leuchtstoff bzw. Gasröhren für Auftraggeber handfertigte oder Gießereien welche Schilder und Beschläge herstellten sind selten geworden.
In unserer schnelllebigen Zeit werden meist Aufkleber, Leuchtboxen und Monitore eingesetzt. Ein eindeutiges Zeichen dafür dass Fassaden nicht mehr für die Ewigkeit gebaut oder gestaltet werden und in Folge alle Geschäftseinrichtungen einmal austauschbar werden. Warum die Schriftzüge retro aussehen? Weil sie es schlichtweg sind.
Sind die Läden wild in Wien verteilt oder gibt’s einen Hotspot, wo man vermehrt solche Fotomotive findet?
Eigentlich sind diese Läden quer über Wien verstreut. Man muss nur gut aufpassen und die Augen offen halten wenn man durch die Gassen geht. Ich kann nur empfehlen die Stadt mit Fahrrad und Kamera zu erkunden. Die Möglichkeit jederzeit leicht anhalten zu können und die Geschwindigkeit mit der man sich bewegt, sind ideal für eine Entdeckungstour.
Maximilian Meergraf fotografiert neben Stadtschrift noch eine Reihe weitere Serien. Seine Website bzw. Tumblr findet man hier.