15 Jahre Leopold und jetzt das sehr wahrscheinliche Aus. Auch wenn wir Wiener ganz gerne granteln und motschgern, war es gar nicht schwer 15 Gründe zu finden, warum wir das Leopold sehr vermissen werden.
Nachts im Museum (© Raphael Skrepek)
Das größte Plus des Café Leopold ist das Haus an sich. Wo sonst kann man in einem Museum feiern, ohne davor einbrechen oder sich am Klo verstecken zu müssen? Während das Café den ganzen Tag geöffnet hat, ist der Salon vor allem bei Clubveranstaltungen zugänglich und wer an den Seiten durch die Schlitze lugt, kann den Museumssouvenirshop erblicken, der tagsüber seine Türen dort öffnet. Das hat natürlich alles seine Vor- und Nachteile. Beispielsweise die hellen Marmor-Wände, die so wohl nie jemand in einem Club sehen würde. Es ist heller, es ist freundlicher und irgendwie auch edler, aber das verleiht der Location auch einen unglaublichen Charme. Club-Musik auf hohem Niveau in einem Club, der nicht abgefuckt, düster und oder aufgrund von Lautstärkenbeschwerden irgendwo abseits der Zivilisation angesiedelt ist, ist eine Seltenheit. Um das volle Potential zu nützen, braucht es dazu aber auch Veranstalter, die Eventreihen konzipieren, die diesen Charme aufnehmen…
Clubreihen (© Bande a Part)
In den letzten Jahren werden uns vor allem (aber nicht nur...) die regelmäßigen Veranstaltungsreihen wie Canyoudigit mit einer sehr offenen Auslegung von Hip Hop bis Bass-Music, sowie die beiden house- & discoaffinen Clubnächte „Club Bande À Part“ und der „Fairlight Club“ und die auf Livemusik spezialisierten Nebenzimmer-Sessions, sowie Beat Science, Step Forward, #DASINTERNET und Fear Le Funk in guter Erinnerung bleiben. Das Leopold hat sich seine eigene Szene erschaffen, die aber teilweise von aktiven VeranstalterInnen und DJs anderer Technoclubs wenig wahrgenommen und als solche respektiert wurde. Beachtliche Warteschlangen bis zu den unteren Stiegen des Leopoldmuseums und musikalisch wertvolle Abende sprechen hier aber eine andere Sprache.
Betreiber (© Ali Schafler)
Seit 2001 und noch bis zum Jahresende wird das Café Leopold von der Familie Friesz betrieben, die auch das Café Europa in der Zollergasse und das Amerlingbeisl führt. Didi Schärf war lange Zeit der Programmchef des Leopolds und war an der „Teilzeit-Umwidmung“ den „Salons“ als Clubfloor maßgeblich beteiligt: Man hat dort seit 2006 fast jedes Wochenende eine Anlage und Bühnenelemente ein- und gleich danach wieder abgebaut, weil der reguläre Museumsbetrieb den „Schlauch“ als Ausgang benutzt. So wurde ein nachts ungenützter Raum, zu einem der wichtigsten Livemusik- und Clubfloors der letzten Jahre. Auf Schärf folgte 2011 der ältere Sohn Aaron Friesz, der den „Relaunch“ des Leopolds einleitete und die Veranstalter hinter Canyoudigit und Bande à Part an Board holte bevor er 2012 mit Lukas Weber einen routinierten Veranstalter und Szenekenner mit den Aufgaben des Chefbookers betraute.
Lage (© Hertha Hurnaus)
Das Café Leopold hat wohl gemeinsam mit dem Volksgarten die beste Lage Wiens gepachtet. Wobei jene des Leopolds eigentlich noch besser ist. Gerade im Sommer lädt das MQ zum Chillen, Trinken und „dann vielleicht noch irgendwo hinschauen“ ein – was bietet sich da mehr an, als einfach nur die Stiegen hochzulaufen? Ausreden gibt es ebenfalls keine: Bankomat, Straßenbahn, U-Bahn und Essensmöglichkeiten sind immer nur wenige Gehminuten entfernt und im MQ findet man fast jeden Abend irgendwen, den man irgendwoher kennt und der vielleicht doch noch motiviert ist.
Visuals (© Dominik Geiger)
Die hellen Wände des Leopold Museums nehmen dem Salon vielleicht den ulitmativen Clubflair, gleichzeitig bieten sie aber optimale Projektionsflächen für Visuals an allen Wänden. Es gab Abende, wo man eigentlich für die Visuals alleine zahlen hätte können. Wer bei Veranstaltungen war, wo die Abstimmung gut geklappt hat, fragt sich vielleicht sogar, wieso nicht alle Clubwände weiß sind. Die Antwort: Weil nicht jeder Club ein fancy Museum mit megahohen Marmorwänden sein zu Hause nennen darf.
Ort für Club und Konzert (© Sascha Scheer)
Obwohl der Salon ob der heißen Temperaturen und Massen an Menschen nicht der Lieblingsort vieler Besucher war, gab es gerade bei Konzerten immer wieder eine ausgelassene Stimmung und die auftretenden KünstlerInnen haben sehr oft positives Feedback hinterlassen und wurden zum Teil auch immer wieder gebucht. Die Anlage ist für Wiener Verhältnisse mehr als ok und zeigte nur an brechend vollen Abenden ihre Limits auf. Ein häufiger Kritikpunkt an Clubnächten war das zu hohe DJ-Pult, mit dem man sich zu weit von den DJs und umgekehrt von den Leuten entfernt gefühlt hat. Seit letztem Jahr konnte man das aber auch in der Höhe regulieren und für ein familiäreres Setup sorgen.
Tagesbetrieb (© Café Leopold)
Neben dem Clubbetrieb ist das Café Leopold vor allem eines: ein Café, dass sich auch tagsüber gut besuchen lässt und eine sehr freundliche Politik betreibt, was Klo-Anfragen von Menschen betrifft, die einfach nur so im MQ herumsitzen. Es gibt auch eine gut ausgewogene Küche, die zwischen Hummus und Burger viele verschiedene aber gut ausgewählte Speisen bietet. Das Best-Kept-Secret ist aber wohl die Terrasse, deren Eingang sich noch über dem Eingang zum Café befindet. Hier kommt man in der wärmeren Jahreszeit zur Ruhe und kann sich bedienen lassen.
Klo (© debidoesibk)
Clubklos sind ein viel zu wenig beachtetes Thema, deshalb hier. Das Klo im Leopold ist sauber, die Klodame namens Naomi super freundlich und tanzt manchmal sogar zur Musik die im Café gespielt wird und in den sich gegenüberliegenden Spiegeln kann man gute Selfies machen, egal wie man aussieht. Weil sich die Spiegel spiegeln und das alleine sieht gut aus. Yaas!
Getränkepreise (© Cafe Leopold)
Die größte Lüge der Wiener Szene ist aber wohl, dass die Getränke im Leopold viel zu teuer sind. Bei einem Preis von 4,30€ für ein großes Bier oder 3,10€ für einen Spritzer hat sich das Leopold im Nachtclubsegment im unteren Drittel angesiedelt. Aber wer kann es der Underground Community schon verdenken: Helle Wände und ein museales Ambiente sind ganz klare Indizien dafür, dass es teuer sein muss, oder?
Publikumsclash (© Dominik Geiger)
Es gibt wenige Orte, an denen so viele unterschiedliche Leute aufeinandertreffen. Von vielen schicken Café Besuchern, die länger bleiben über Dreadheads bis zu Jutebeutelträger ist sehr viel vertreten. Dabei herrscht erstaunlich freundliche Co-Existenz und es gibt sehr selten Reibereien. Wünscht man sich das nicht genau so? Ja, eben.
Bookings (© Café Leopold)
Mit der musikalischen Ausrichtung der Bookings im Café Leopold haben sich besonders solche Menschen identifizieren können, die mit Hip Hop, Rap, urbaner Musik, aber auch treibenderen Spielarten von House und Disco was anfangen können. Natürlich kommt es immer auf den jeweiligen Abend und den Veranstalter an, aber die Vielfalt und das Interesse an neu-aufkommenden Genres war gerade in den letzten Jahren sehr groß.
Türsteher (© Dominik Geiger)
In jedem Club der Welt gibt es Reibereien mit Türstehern oder Securities, aber man muss den Türstehern im Leopold großen Lob aussprechen: Sie verhalten sich in den meisten Situationen äußerst professionell und zuvorkommend. Es gab Situationen in denen belästigende Typen sofort rausgeworfen wurden, Schlägereien die geschlichtet wurden und es wird auch ein nachträgliches „Entschuldigung“ akzeptiert. Gemeinsam mit dem alten Pratersauna-Security-Team, hat man in Wien zumindest selten ein besseres gesehen.
Eine der letzten Bastionen (© Dominik Geiger)
Am selben Tag, an dem in London der langjährigen und wahrscheinlich wichtigsten Clubinstitution „Fabric“ die Lizenz zum weitermachen entzogen wird, wird auch im kleineren Wien bekannt, dass das Leopold – sowie wir es kennen – seine Pforten mit Ende des Jahres schließen wird. Die Leopold-Community hatte gehofft, vom hiesigen Clubsterben verschont zu bleiben und weiterhin einen Ort für die eigenen Genres zu haben, doch wie es scheint, wird sich auch dies jetzt ändern. Heimatlos zu neuen Ufern...
Café-Floor (© Dominik Geiger)
Der Salon wurde bereits ausführlich beleuchtet, aber auch der kleinere Café Floor hat manche Partynächte unvergesslich gemacht. Von gängigen Rap- und Grimehits, die nur ein paar Leute mitsingen konnten, bis hin zu den schlimmsten Pophymnen, die das ganze Café zum Gröhlen animierten, gab es hier alles. Die besten Fotos sind auch hier entstanden und geben ein wirklich gutes Bild von der Ausgelassenheit mancher Nächte.
Bekenntnis zu Communities (© Canyoudigit)
Das Leopold hat von Beginn an ein Bekenntnis zu verschiedensten Communities gemacht. Angefangen mit den legendären Hip Hop, Breaks und Nu Funk Parties, über die Rap, Future Beats, Grime und Housigeren Parties der neueren Ära, war man stehts bemüht den Hauptteil des Programms mit kulturell wertvollen und weniger kommerziellen Elementen zu bestücken und voranzutreiben. Man hätte das Leopold sicher ähnlich wie den Volksgarten aufziehen können und mehr Geld damit verdient.