Raumschiff-Shooter »Chorus« macht vieles halbherzig, reüssiert aber in Design und Inszenierung fetziger Weltraumschlachten
Der Einstieg in die Erzählung tut erst einmal ein bisschen weh. Heldin Nara, die einmal eine ganz eine böse war, hört ihre eigene Flüsterstimme und trägt pathosschwanger ihre Schuld mit sich herum. Einen ganzen Planeten hat sie zerstört. Und jetzt ist sie traumatisiert oder so. Sehr detaillier scheint man sich das beim Schreiben nicht überlegt zu haben, aber es wirkt wie ein unsensibel holpriger Versuch, den Stil von »Hellblade: Senua’s Sacrifice« aufzugreifen.
Nach ein paar ersten Spielszenen sitzt Nara dann in ihrem denkenden und fühlenden Raumschiff, „Forsaken“ (Gut, dass hier nicht übersetzt wurde.) Beim Pathos wird also weiterhin nicht gespart und eine weitere Stimme hebt an um nie mehr lang den Mund zu halten. Und doch bildet die Beziehung zu Forsaken in zweierlei Hinsicht den motivierenden Kern des Spiels: Zum einen ist die Beziehung der beiden der Teil der Erzählung, der neugierig macht. Und zum viel wichtigeren anderen liefern die Fähigkeiten, die die beiden durch ihre tiefe, mentale Verbindung erlangen, die Basis für ein schnell getaktetes und spektakulär forderndes Kampfsystem.
»Chorus« ist ein Dog Fighting Game für ungeduldige. Hier harmonieren Spielgefühl und Erzählung. Denn Nara und Forsaken sind so ziemlich das Gefährlichste, was das Universum zu bieten hat und so nehmen sie es wieder und wieder mit Heerscharen von Raumschiffen auf. Damit dabei nicht die Übersicht verloren geht und immer was zum Abschießen da ist, verfügen die beiden über übernatürliche Fähigkeiten und können sich etwa per Knopfdruck hinter ein feindliches Fluggerät teleportieren. Die genreüblichen, langen Anflugschneisen und die Suche nach ein paar dahinsausenden Bildpunkten vor Sternenkulisse bleiben also weitgehend erspart. Und da sich der gute Forsaken auch noch im Drift in die Kurve legen kann, spielt sich »Chorus« weit arcadiger und explosionsreicher als etwa »Star Wars: Squadrons«.
Damit es trotzdem nicht zur Allmachtfantasie verkommt, sind die Gegner nicht nur zahl-, sondern auch facettenreich, verlangen je nach Kombination nach unterschiedlichen Strategien und lassen durch ihre Feuerkraft nur bedingt Raum für Fehler.
Die Kampfdynamik ist es also, die »Chorus« über mehrere Stunden trägt. Das Missionsdesign ist über weite Strecken altbacken, das Erkunden beschränkt sich auf’s ubisoft’sche Umgebung-Scannen und warum in einem Singleplayer-Spiel nur zwischen den Missionen gespeichert werden kann, weiß kein Mensch.
Herausragend ist »Chorus« als nur in einzelnen Facetten. Aber als Vertreter eines schmal bestückten Genres ist es durchaus einen wohlwollenden Blick wert, wenn die Lust sich meldet, wieder einmal im schwerelosen Raum auf die Jagd zu gehen. Und wenn genug Menschen Gefallen daran finden, wird vielleicht ja noch der naheliegende Mehrspielermodus nachgeliefert.
»Chorus« ist bereits für PC, Konsolen und Stadia erschienen.