Conor Oberst lud zum intimen Konzertabend ins Museumsquartier

Bright-Eyes-Frontmann Conor Oberst konnte die versprochene Intimität zwar nur halb einhalten, in Summe war das gestrige Konzert im Museumsquartier aber ein umwerfender Hörgenuss. Ein Bericht von Michael Kirchdorfer mit wunderbaren Fotos von Nikolaus Ostermann.

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© Nikolaus Ostermann

Es war 9 Uhr abends vorm Museumsquartier: Vor mir ging mit eiligen Schritten ein Mann mit Motoradhelm der Halle E entgegen. Als klar wurde, dass wir uns beide auf dem Weg zum Conor-Oberst-Konzert befanden, fingen seine Augen zu leuchten an. Er erzählte nun begeistert vom neuesten Fan-Gossip: Zum Beispiel, dass das aktuelle und wahnsinnig gute Album „Ruminations“ in wenigen Wochen neu aufgelegt werden würde – mit neu interpretierten, mit Band eingespielten Versionen der vormals eher akustischen Songs. Vorfreude rules! Nur: Nachdem ich anhand dieses verbalen Updates nun auch neu arrangierte Versionen für den heutigen Konzertabend erwartete, nahm mir der Beginn des Gigs kurz den Wind aus den Segeln der Antizipation. Denn was als „intimer Solo-Abend mit Bright-Eyes-Frontmann Conor Oberst“ beworben wurde, sollte genau so – und dann doch wieder nicht – über die Bühne gehen: Entweder auf dem Piano oder mit der Akustikgitarre zelebrierte Oberst sein melancholisches Liedgut, dabei nur dezent unterstützt von Schlagzeug und Bass. Anfangs wirkte Oberst dabei gar etwas verloren in der für solch intime Performances etwas überdimensionierten Halle. Songs wie „Tachycardia“, „You All Loved Him Once“ oder „Gossamer Thin“ hegen in ihrer akustischen Nacktheit nämlich den Anspruch, sich im Rahmen eines intimen Clubkonzerts anstelle einer beinahe klassizistischen Sitzplatzhalle zu entfalten. Die versprochene Intimität ging jedoch in der Größe des Raumes verloren – dafür war die Akustik im Saal klar, räumlich, miteinbeziehend – und in Summe ein umwerfender Hörgenuss.

Zweigeteiltes Set mit Rauchpause

Der erste Teil des Sets bestand weitgehend aus den Songs des aktuellen Albums“Ruminations“. Dazwischen gab sich Conor Oberst von Lied zu Lied sichtlich gelöster, selbstsicherer und gesprächsbereiter. Anbrechende Monologe über Trump oder die Wahrscheinlichkeiten für die anwesenden Konzertbesucher, hier und heute Abend zu sterben, gingen meist ohne thematische Conclusio in den jeweils nächsten Song über. Das Felice-Brothers-Cover „The Rockefeller Song“ war ein frühes Highlight des Abends, auch wenn die heimliche Drogenhymne lyrisch nicht so recht ins Gesamtkonzept zu passen schien. Nach der Darbietung erklärte Oberst dem Publikum, dass das Set in zwei Teilte geteilt wäre, und er jetzt mal eine rauchen gehen würde. 

Das Rauchen tat ihm anscheinend gut, denn die zweite Hälfte des Konzertes wurde richtig großartig. Als Oberst mit der bezaubernden Vorgruppen-Sängern Phoebe Bridgers (Oberst: „She is going to be a star soon! Wait until der debut album comes out.“) im Duett den Bright-Eyes-Klassiker „Lua“ anstimmte, war von der im Sitzen zum Zuhören geeichten Crowd erstmals euphorische Resonanz zu vernehmen. Als das schaurig-schöne Duett zu Ende war, hatte Oberst das Publikum schließlich voll und ganz für sich gewonnen. Mit Darbietungen alter Bright-Eyes-Klassiker wie „At The Bottom Of Everything“, einem spritzigen „Everything Is Free Now“-Cover und ausgewählten Perlen seiner Soloprojekte gelang es Oberst, den Charme und die Magie vom „damals“ (der Zeit, in der die Bright Eyes für uns alle das „große Ding“ waren) gekonnt und ohne Stilbrüche ins Heute zu transferieren. Doch so magisch dieser Zauber auch war, so schnell war er dann auch schon wieder vorbei: Das zweite Set endete recht abrupt – und gänzlich ohne weitere Zugaben.

Oberst und die Band verließen die Bühne, es wurde geklatscht, das Licht ging an, die Show war aus. Das alles passierte sehr plötzlich und dennoch berechnend, als ob bei dieser Art von Performance von vornherein keine Zugaben vorgesehen wären. Das unvorhergesehen kommende, statische Ende des zuvor emotional aufwärmenden Gigs ließ die Konzertbesucher etwas verwirrt und gegeißelt zurück. Die als „intim“ verkaufte Atmosphäre des Akustikkonzerts wurde zwar im Sinne der Raumakustik durchaus übermittelt, die große Halle selbst – und die zugehörige Distanz zur Band – karikierten die dargebotene Intimität aber wieder. Am Ende hatte man das Gefühl, dass der Konzertsaal ehest möglich geleert werden solle – und man fühlte sich als Gast gar etwas zu rausgeschmissen aus der Stimmung und der Atmosphäre.

Text: Michael Kirchdorfer

Conor Oberst – An Intimate Solo Performance fand am 19. Jänner 2017 in der Halle E im Wiener Museumsquartier statt.

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