Helga Traxler lebt und arbeitet als freischaffende Fotografin in Brooklyn, New York. Zu ihren Kunden gehören unter anderem T – The New York Times Style Magazine, MAC Cosmetics, Mango und die Verkaufsplattform Ebay. Mit The Gap spricht die erfolgreiche Künstlerin über glückliche Begegnungen in ihrer Vergangenheit und die besonderen Herausforderungen ihrer Arbeit.
Wie sieht dein bisheriger Werdegang aus?
Ich habe direkt nach meiner Matura beschlossen, ins Ausland zu gehen: Zuerst war ich ein Jahr in Barcelona – als Au-pair. Danach bin ich nach Wien, um für zwei Semester Theater-, Film und Medienwissenschaften zu studieren, gleichzeitig habe ich mich in Linz an der Kunstuni beworben. Ich habe ein abgeschlossenes Studium in Grafik-Design und Fotografie und meinen Master in Visueller Kommunikation auf der Faculty of Fine Arts in Lissabon absolviert.
Weggezogen hat es mich eigentlich schon immer.
Was ist das Schönste, dass du kennst?
Mit dem, was man macht, sein Umfeld anzuziehen und Konversationen herauszufordern. Manchmal kann aber auch schlichtweg Lavendel-Pfirsich-Eis das Schönste der Welt sein.
Bei kreativer Arbeit vermischen sich Arbeit und Freizeit oft. Technologie ermöglicht es uns, von überall und zu jeder Zeit zu arbeiten – wie hältst du persönlich die Balance?
Es gestaltet sich recht schwierig, vor allem als selbstständige Fotografin, eine „gesunde“ Balance zwischen Arbeit und Freizeit zu halten. Online bin ich sowieso immer – eine Instagram-Story kann man relativ schnell kreieren oder einen der Social-Media-Post ins World Wide Web schicken. Dieses 24/7 im Stream zu sein fühlt sich sehr oft nicht wie richtige Arbeit an, dennoch hat es natürlich sehr viel mit Eigenwerbung zu tun.
Gleichzeitig finde ich es aber unumgänglich und sehr wichtig, sich auch selbst oft mal zum Offline-Sein zu zwingen. Gelingt mir das, dann gehe ich ins Fitnessstudio, zum Boxen oder treffe mich mit Freunden. Das gibt mir einen guten Ausgleich zum hektischen Alltag in New York.
Welchem Tipp würdest du Fotografen geben, die im Ausland arbeiten wollen? Wie hast du damals angefangen?
Netzwerken und Kontakte schließen sind das Um und Auf in der Selbstständigkeit – egal in welchem Bereich. Ein Praktikum in New York bei einer Talent-Agency hat viel zu meinen heutigen Connections beigetragen. Das war vor sieben Jahren und ich war mir noch nicht bewusst, wie sehr ich davon längerfristig profitieren werde.
Auch wenn das Business sehr oft hart und herausfordernd ist: Ich sehe andere Fotografinnen und Fotografen nie als Konkurrenz – vielmehr als Kolleginnen und Kollegen bzw. Indikatoren, die du um Rat fragen und durch die du vielleicht neue Jobs an Land ziehen kannst.
Ebenso sollte man sich nicht scheuen, Fragen zu stellen, und Antworten einfordern – gerade am Anfang gibt es viele Unsicherheiten, die man gut aus der Welt schaffen kann, wenn man einfach um Rat fragt und Hilfe bittet. Es ist wichtig, mit Kritik umgehen zu können und gleichermaßen fähig zu sein, diese auch zu üben. Ich persönlich bin nur mäßig geduldig, aber diese Eigenschaft sollte man unbedingt auch im Repertoire haben.
Darüber hinaus: Raus mit euch! Geht auf Openings, schaut euch um, zeigt eure Arbeiten einem breiten Publikum – auf Festplatten daheim wird euer Talent nicht entdeckt werden.
Wie nah aneinander liegen Kreativität und Unsicherheit?
Ein Drahtseilakt! Aber mit den Arbeitsjahren wächst auch die Selbstsicherheit. Das Fashion-Business ist ein häufig männerdominiertes Arbeitsfeld, in dem man sich als Frau sehr oft extra behaupten muss. Was mich anfänglich total irritiert und unsicher gemacht hat, lässt einen dann auch irgendwann mal eher kalt und ich habe gelernt mich durchzusetzen.
Was ist der spannendste Teil deiner Arbeit?
Spannend und auch sehr oft sehr herausfordernd sind die Arbeit mit meinen Kundinnen und Kunden und die unterschiedlichen Bereiche, in denen ich die Möglichkeit habe meine fotografische Tätigkeit auszuüben und meine Bildsprache einzubringen. Egal, ob das heißt sich bei Fashion-Shows hinter den Kulissen durchzuschlagen, Porträts eines Galeristen zu schießen, mit Alec Baldwin und Julianne Moore ein paar Tage am Set zu verbringen, oder als Freelancerin in einem Studio zu retuschieren.
Das „Heute hier – morgen dort“ ist das Reizvolle an meinem Job. Ich liebe meine Homebase in New York – möchte es aber nicht missen, jedes Jahr ein paar Wochen in Österreich mit meiner Familie und Freunden zu verbringen. Es ist aber dennoch super spannend, nie so genau zu wissen ob man in zwei Wochen im Flieger zu einem neuen Gig sitzt oder eben nicht. Flexibel muss man in der Selbstständigkeit auf jeden Fall sein – egal wo auf der Welt –, aber das gehört dazu und macht eine Karriere erst erstrebens- und erlebenswert.
Was beeinflusst dich am meisten?
Ganz klar: Die Kritik von Kundinnen und Kunden, meinem Umfeld und die Bereitschaft diese anzunehmen und damit zu arbeiten.
Was inspiriert dich?
Inspiration finde ich oft durch Ausstellungsbesuche oder dabei, einfach eine Runde durch den Park zu drehen. Abschalten können birgt viel Inspirierendes und muss unbedingt am Tagesplan stehen.
Welche Projekte hast du in Zukunft geplant?
Beruflich: endlich ein Buch publizieren! Es gibt so viel Fotomaterial von den Trips und Assignments der letzten Jahre und leider so wenig Zeit diese Momente aufzuarbeiten und in eine Publikation zu packen. Außerdem möchte ich meinen Fokus noch mehr auf die Eyewear-Industry legen und mehr Editorials und eigene Produktionen realisieren.
Beruflich und privat: Wieder viel mehr reisen; die Welt hat noch viel zu viel zu bieten.
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