Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins. Cro feiert seit nunmehr drei Jahren Riesenerfolge mit Aufrufen zur Sinnfreiheit. Was das über uns aussagt und für den deutschen HipHop bedeutet.
Im Zeichen des Panda
2012 stand im Zeichen des Panda. Vielleicht lag es ja am drohenden Weltuntergang, dass Texte über die kompromisslose Lust an der Gegenwart so viel Anklang fanden. Tatsache ist, dass bis heute scheinbar eine ganze Menge Leute etwas mit dieser Nicht-Botschaft anfangen können. Im Idealfall sollen Konsequenzen und Sorgen zur Gänze ins Reich der Nichtigkeiten verbannt werden. Alles was zählt ist das Jetzt, dieser Moment, dieser Augenblick. Wie bei Christina Stürmer. An sich ja ein netter Gedanke. Doch sowohl im wahren Leben wie auch in Bezug auf Cro muss man sich fragen: Ah, schön. Und was kommt dann?
Natürlich darf man all dies nicht zu ernst nehmen, denn nur weil jemand bei einem Konzert begeistert seichte Hooks mitgrölt, muss er oder sie noch lange kein Vollidiot sein. Gar nicht. Es ist nur trotzdem interessant, womit sich eine Generation durchschnittlich am besten identifizieren kann. Und wenn es sich dabei um kurzsichtige Egozentrik handelt, ist schon mal Vorsicht geboten. Manchmal muss man sich eben auch mit den komplexen Mühseligkeiten auseinandersetzen, die diese Welt so zu bieten hat.
Die Liebe, das System, die Musik, der Tod
Diese Auseinandersetzung mit bedeutsamen Aspekten des Lebens ist ein wichtiger Prüfstein für jeden Teilnehmer im Rap-Game, dem die Anerkennung seiner Kollegen etwas wert ist. Die Liebe, das System, die Musik, der Tod … an Auswahl mangelt es nicht. Und wenn schon mal über seichte Thematik gerappt wird, dann bitte zumindest auf technisch herausragendem Niveau. Das klappt auch, wie Kollegah und Farid Bang mit JBG2 eindrucksvoll bewiesen haben. Hier trennen sich die Clowns von den Künstlern. Und wenn so ein Clown dann plötzlich mit durchschnittlichem Rap und quasi inhaltsleeren Lyrics die Herzen der Teenies im Sturm erobert, sieht das natürlich niemand gerne, der mit seinen Texten ernst genommen werden möchte. Die befürchtete Welle an Nachahmern blieb aus, davon abgesehen, dass nun auch andere Rapper mehr Fokus auf ihre Hooks legen. Aber dass Cro derzeit mit deutschem HipHop verwechselt wird, das schmeckt weder den alteingesessenen Fans noch den Veteranen dieses Genres. Klar ist da auch Neid im Spiel. Doch wenn man vor allem auf individuellen Ausdruck gesetzt hat und plötzlich ein Junge mit Panda-Maske aus deutschem HipHop eine harmlose Party macht, tut das schon weh. Vor allem, wenn es so viele hochwertige Alternativen gäbe.
Cros zweites Album »Melodie« erscheint am 6. Juni. Da hätte er nun die Chance, es allen zu zeigen. Dass ihm der Respekt seiner Kollegen doch etwas bedeutet. Dass er sich des Vermächtnisses seiner Vorgänger bewusst ist. Und dass er Musik nicht nur fürs Radio und die Sponsoren macht, sondern auch für sich und seine Crew. Oder er hat deutschen HipHop eben endgültig kommerzialisiert. Was ein Widerspruch in sich sein sollte. Rap und Pop sollten nicht zusammenkommen, schon gar nicht im Titel eines Albums. Das ist falsch. Klar, HipHop ist schon seit Jahrzehnten immer auch Pop. Aber nebenher. Nicht hauptberuflich. Wenn man nun ein hochgradig bekannter Vertreter einer so stark ausgeprägten Kultur wie Cro ist, hat man – altmodisch gesprochen – auch eine gewisse Verantwortung, der man sich bewusst sein sollte. Cro wird nun nicht ganz alleine den deutschen HipHop umbringen. Aber er tut, was er kann.
Cros zweites Album »Melodie« erscheint am 6. Juni via Chimperator. Am 17. November bespielt Cro den Wiener Gasometer.