Masturbation, Shades Of Grey und Referate auf Blu-ray – die Facebook-Seite der Büchereien Wien bringt die Bibliothek des 21. Jahrhunderts auf unterhaltsamste Weise in unsere Timeline.
Kann man die Bücherei-Besucher den verschiedenen Genres zuordnen? Sieht man den Lesern in der Ratgeberecke ihre Verzweiflung und den Science-Fiction-Lesern ihre Fantasie an?
Zumindest meine Menschenkenntnis reicht dafür nicht aus – ich stelle allenfalls anhand von Äußerlichkeiten Vermutungen an. Junge Asiaten und Asiatinnen wollen Klassik-Noten (stimmt oft), Emo-Teens wollen Mangas (stimmt meistens), grantige Mütter in Begleitung von maulenden Jugendlichen wollen den Film zum Buch fürs morgige Referat (stimmt immer).
Welche Angebote hat eine Bücherei mit maximalem Fun-Faktor noch? (also neben dem Multifunktions-Kopierer)
Das Highlight habt ihr ja leider schon in der Frage vorweggenommen. Außer den naheliegenden Büchern: Musik, Filme (auf DVD und Blu-ray), Zeitungen & Zeitschriften, E-Medien, den Austria Kiosk (digitaler Zeitungsstand der APA), WLAN (noch nicht in allen Zweigstellen), Internet-PCs, viele Veranstaltungen für Kinder und Erwachsene,… . Gut, bevor sich jemand totlacht, höre ich jetzt lieber auf.
Die Hamburger Unibib hat ja ein Masturbationsverbot zu Stoßzeiten. Wird Masturbation in den Wiener Bibliotheken geduldet bzw. wie geahndet?
Wir legen Wert auf die Niedrigschwelligkeit unserer Angebote, aber deswegen muss es nicht gleich tief werden. Nein, selbst wenn dabei nur ganz leise gestöhnt wird und die Masturbationsvorlage nicht unseren Beständen entstammt – das wollen wir eher nicht. Meines Wissens wurde bei uns noch niemand dabei ertappt, daher weiß ich auch nicht, wie wir ahnden würden. Vielleicht ein Jahr lang nur Titel aus dem Regal PI.CD (Systematische Theologie, Dogmatik, Moraltheologie) ausborgen dürfen?
Ist der Alltag einer Bibliothekarin so lustig, wie es die Facebook-Seite vermuten lässt? Erzähl uns ein wenig davon.
Naja, nicht ganz. Die Postings sind sozusagen das Konzentrat an Lustigkeit, die unser Job zu bieten hat. Der bibliothekarische Alltag hat viel mit Ordnen, Systematisieren, Katalogisieren zu tun – das sind ja eher nicht die Schenkelklopfer. Das Berufsbild hat sich aber in den letzten Jahren drastisch verändert: den Bibliothekar, der im stillen Kämmerlein sitzt, gibt es längst nicht mehr – wenn es ihn in Öffentlichen Bibliotheken denn je gegeben hat. Heute geht es vor allem um die Arbeit mit Menschen, um Kommunikation – da ist das Potenzial für lustige Erlebnisse natürlich um einiges höher.
Bleibt der engagierte Bibliothekar immer freundlich, oder werden unduldsame Besucher schon mal ins falsche Regal geschickt?
Wir versuchen es. Und bewusste Falschinformationen geben wir sicher nicht – schon im Eigeninteresse. Der unduldsame, zum falschen Regal geschickte Leser kehrt schließlich nach wenigen Minuten wieder zum Bibliothekar zurück – und ist in der Zwischenzeit vermutlich nicht duldsamer geworden.
Hattest du schon mal Probleme "with the man", weil deine Posts zu lustig waren?
Keine ernsthaften. Es beschweren sich schon immer wieder mal Leute – nicht darüber, dass die Posts zu lustig waren, sondern weil sie sie im Gegenteil überhaupt nicht witzig fanden. Ich versteh das ja, ich finde schließlich auch nicht alles lustig, worüber andere Menschen lachen können.
Wo passieren skurrilere Dinge – in den Bücherein Wien oder auf der Facebook-Seite der Büchereien Wien?
In den Büchereien Wien, da bin ich mir sicher – und es macht mich wahnsinnig, dass ich nur einen Bruchteil davon erfahre.
Für 23 Euro kann man sich in den 39 Zweigstellen der Büchereien Wien ein Jahr lang Bücher, Musik, Filme, Zeitschriften und Zeitungen ausleihen. Die virtuelle Bücherei verleiht es E-Medien, außerdem gibt es regelmäßig Veranstaltungen und Lesungen.