Der neue Film des Regisseurs Stephan Richter, "Einer Von Uns", stützt sich auf wahre Tatsachen und thematisiert Jugendrebellion und Polizeigewalt mit starken Bildern, die man sich garantiert einprägt. Wir haben den Wahlwiener zum Interview getroffen, um über den Film, Konsumverhalten und Polizeigewalt zu sprechen.
Ruhig, spannend und auf das Wesentliche reduziert – der neue Film "Einer Von Uns" des Regisseurs Stephan Richter. Er erzählt die Ereignisse aus dem Jahr 2009, bei denen der damals 14-jährige Florian P., in einem Kremser Supermarkt von einem Polizeibeamten erschossen wurde. Florian P. ist nachts mit einem Komplizen in den Supermarkt eingebrochen, bevor sich die tragischen Szenen abspielten. Langeweile, die falschen Kontakte und Gruppenzwang verleiten zu jugendlichem Blödsinn, der so nicht enden soll. Mit einer Aufarbeitung der Geschehnisse im Film könne man Florian P. ein Denkmal setzen, meint Schauspieler Jack Hofer, der die Rolle des Jugendlichen spielt.
Wir haben uns mit dem Regisseur Stephan Richter unterhalten.
Du beziehst dich in deinem neuen Film "Einer Von Uns" auf wahre Tatsachen aus dem Jahr 2009. Was war der Anstoß dafür, die Ereignisse in einem Film aufzugreifen?
Der grundlegende Anstoß war, dass mich der Vorfall sehr empört hat und ich auch ein bisschen schockiert darüber war, wie damit umgegangen wurde. Außerdem kann ich mich mit den Jugendlichen identifizieren, weil man als Jugendlicher manchmal einfach Blödsinn macht. Wie Michael Jeannée sagte: "Wer alt genug ist zum Einbrechen, ist alt genug zum Sterben", fand ich das einfach nur krass. Ich habe dann zwei Jahre später begonnen, an der Geschichte zu arbeiten. Das Bild von dem toten Jungen in dieser bunten Warenwelt des Supermarkts hat mich einfach nicht mehr losgelassen.
Es gibt einige Filme, die das Thema "Jugendrebellion" behandeln. Haben dich welche davon inspiriert?
Ja, da gab es sehr viele. Es waren verschieden Filme, "Elephant" von Gus Van Sunt zum Beispiel. Dann auch noch ein US-amerikanischer Film, der "Weapons" heißt, den ich ziemlich stark finde. "We Need To Talk About Kevin" war auch inspirierend und auch Filme von Michael Haneke.
Wie reagieren Betroffene, Familie und Freunde auf deinen Film?
Mit der Familie von Florian P. bin ich in Kontakt und ich halte sie immer über alles auf dem Laufenden. Natürlich besteht eine gewisse Angst, weil das Ganze erneut aufgearbeitet wird – damals wurde die Familie selbst manchmal für den Vorfall verantwortlich gemacht. Das ist natürlich ein Trauma. Man muss sensibel damit umgehen.
Die Jugendlichen im Film sind deiner Aussage nach von Konsum und ohnmächtiger Rebellion geprägt. Was meinst du damit?
Hmm, mit solchen Sätzen ist das immer so eine Sache… letztendlich geht es darum, die Dinge im Film so umzusetzen, wie ich sie vorgefunden habe und die Jugendlichen so zu nehmen, wie sie sind. Wir leben in einer Welt, in der alle ihren eigenen Film fahren und wenig miteinander geredet wird. Das fand ich an diesem Ort spannend. Jugendliche sitzen da und rauchen Shisha, während ein paar Meter weiter die Leute ihren vollen Einkaufswagen vor sich her schieben. Rebellion und Pubertät sind irgendwie miteinander verbunden. Man weiß noch nicht genau wer man ist und wie man seinem Ich Ausdruck verleihen kann. Man testet seine Grenzen aus und macht manchmal Fehler. Ich will klarmachen, dass das natürliche Vorgänge sind und man Jugendliche nicht sofort verurteilen soll. Man muss den Jugendlichen zuhören. Was stört sie? Was fehlt ihnen? Diese Fragen sind zu beantworten.
Hängen die Jugendlichen immer noch dort rum und rauchen Shisha?
Ich war jetzt schon länger nicht mehr dort. Ich hoffe, dass es jetzt das versprochene Jugendzentrum gibt und dass das Verhältnis zwischen den Jugendlichen und der Polizei besser ist. Ich denke aber, dass sich leider nicht viel verändert hat.
Warum hast du erst nach zwei Jahren begonnen, diesen Film zu drehen?
Ich hatte einfach nicht sofort den Impuls, daraus einen Film zu machen. Ich bin kein Headhunter für Geschichten. Es hat einfach diese Zeit gebraucht, um zu erkennen, dass es auch etwas mit mir selbst zu tun hat und dass ich dazu etwas sagen möchte.
Inwiefern hat das etwas mit dir selbst zu tun?
Es hat damit zu tun, dass ich mich in der Art und Weise, wie diese Jugendlichen agiert haben, irgendwie selbst wiedergefunden habe. Ich bin zwar nicht in einen Supermarkt eingebrochen, aber diese eigenwilligen Freundschaften, die dann dazu führen, dass man total absurde Sachen macht, die kennt man. Ich konnte ehrlich gesagt auch nachvollziehen, dass man nachts in einen Supermarkt einbricht. Das ist doch eine spannende Mutprobe. Ich will das nicht gut heißen, aber reizvoll ist es nun mal.
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