Das Kleingedruckte zwischen den Zeilen

Die Wiener Band „Der Nino aus Wien“ vermittelt beim ausverkauften Gig im Großen Sendesaal des Radiokulturhauses vor allem eines: Melancholie à la „Schwunder“.

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Stille – bevor der erste Akkord ertönt herrscht Stille im ORF Radiokulturhaus. Nino Mandl, Hauptsänger von „Der Nino aus Wien“ kostet selbige beinahe provokativ gelassen aus. Mit Urwerk bricht das Quartett mit "Urwerk" das spannende Schweigen.

Es folgt ein halbes Dutzend weiterer Lieder aus dem neuen Album „Schwunder“. Für "Hotel" bittet Nino seinen Gastsänger, Multikönner Fred Schreiber, auf die Bühne und lädt ihn vorerst zum Zuschauen ein, bis sein Part kommt. Spätestens mit "Plurabelle" wird klar, dass dies ein vorwiegend melancholischer Abend bleiben würde.

Reflektieren, statt lamentieren

Es ist faszinierend, wie die vier Musiker diese besondere Stimmung erzeugen: diese unerwartete Intensität, diese merkwürdige Mischung aus Melancholie und Hoffnung, der Satz „Und wenn wir in irgendwas gut sind, dann vielleicht im Sich-Was-Einfallen-Lassen“.

Sein Umgang mit "Du Oasch" erinnert an die künstlerisch reservierte Haltung von Radiohead gegenüber ihrem Song "Creep", deren ersten Duftmarke in den Charts: Selbstironie. Jeweils zwei Damen und Herren vom „Badener Chor“ lamentieren für Nino über den unglücklichen Zwischenfall mit der Klara. Frei von Allüren stellt die Band klar: Das Projekt „Der Nino aus Wien“ ist kein Halli-Galli-Feelgood-Liedgut-Brunnen, sofern es das je war.

„Vielleicht bin ich nicht zugedröhnt, aber ich glaube, man könnte es meinen“

Auch wenn Nino Mandl vermeintlich planlos auf der Bühne durch die Gegend steuert, hat man nie das Gefühl, er hätte die Situation nicht im Griff. Die Truppe teilt sich ein Tetra Pak Orangensaft. Jeder weiß, was er zu tun hat. Das Besondere an der Show ist, das es eben keine ist. Nino Mandl steht nicht auf der Bühne, weil er sich denkt, er sei ein großartiger Sänger – denn das ist er nicht. Er mag auch kein herausragender Musiker sein. Doch darum geht es auch nicht. Es geht darum, dass dieser 24-jährige Anti-Popstar klare Gedanken zu seinem sozialen Lebensraum hat, und diese in außergewöhnlicher Art und Weise zu artikulieren versteht. Diese bedingungslose Authentizität gepaart mit intelligentem Songwriting und dem musikalischen Handwerk machen „Der Nino aus Wien“ zu dem, was es zu sein scheint: das Kleingedruckte zwischen den Zeilen.

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