Der Abschlusstag des Festivals ging letzten Donnerstag recht smooth von statten. Zwar war der Andrang wie auch an den vorangegangenen Festivaltagen relativ groß, so dass wieder nur die frühen Vogerl zu Karten kamen. Die Filmauswahl war jedoch gelungen auf den Weltfrauentag abgestimmt. Das ohnehin frauenzentrierte Festival stellte hier nochmal bewusst starke Frauen in den Vordergrund.
Ein Film über das Bändigen
Maria Müllers Debutfilm “Hüllen” (2010) stellt die deutsche Muslimin Emel ins Rampenlicht, die nach über 30 Jahren das Kopftuch ablegt und ihr Leben radikal rändert. Es ist aber nicht ihr Glaube, den sie ablegt – sie lebt damit letztlich nur ihren eigenen, modernen Weg.
Der Film thematisiert die familiäre und soziale Tragweite ihrer Entscheidung, adressiert aber auch Alltagsbanalitäten wie den Gang zum Frisör: Was tun mit den wilden Locken? Bisher hatte das Kopftuch ihre “Wildheit gebändigt”, sagt Emel und bezieht dies nicht nur auf ihr Haar. Die Mittvierzigerin ist nun im Begriff, Versäumnisse der Pubertät nachzuholen. Selbige begann mit ihrer ersten Periode, woraufhin ihr von der Mutter das Kopftuch gemeinsam mit den Monatsbinden in die Hand gedrückt wurde.
“Hüllen” positioniert Emel in der Mitte dreier Generationen: so kommen ihre Mutter und Tochter ebenfalls zu Wort. Während erstere gewissermaßen einen umgekehrten Weg ging – erst nach der Emigration aus Istanbul legte sie im Alter von 29 Jahren das Kopftuch an und sieht nun die andere Lebensweise als Irrweg – beginnt die Tochter langsam nachzuvollziehen, was hinter Emels Entscheidung steckt. Sie selbst kann das Kopftuchtragen nicht mehr begründen, ist jedoch noch nicht bereit, es abzulegen. Gewohnheit und Angst vor familiärer und sozialier Ausgrenzung sind zu präsent. Verständlich, denn die Distanzierung von diesem Brauch schafft neben Freiheit auch Einsamkeit: Emels Sozialleben hat sich mit ihrer Entscheidung drastisch verändert. Von Seiten ihrer damaligen Freunde und Familie schlägt ihr nun Ablehnung und Misstrauen entgegen. Einige spekulieren, es sei ein Dschinn, eine Art Dämön, der von ihr Besitz ergriffen habe.
Der Film ist eine sehr gesetzte wie einfühlsame Darstellung einer Diktatur der Eltern, in der junge Mädchen sich zum Teil über ihre Väter definieren (lassen) und sich deren Wünschen unreflektiert unterordnen. Emel benennt das Tragen des Kopftuches dezidiert als Selbstaufgabe der Frau, die nur “für die Männer” stattfindet. Gleichzeitig lehnt sie ein Kopftuchverbot klar ab.
Es geht um das Verlernen gewisser Denkmuster und Mechanismen, in die viele Mädchen gewissermaßen hineingeboren werden. In der Tat ist Emel eine Vorkämpferin und “Hüllen” ein wichtiges, kommunikationstragendes Mittel, das einerseits Mut macht, andererseits jedoch hoffentlich auch Gehör abseits eines weiblichen Publikums findet.
She’s Got The Look
Angelina Maccarone, die 2009 noch einen Borowski-Tatort (Trier-Fraktion) drehte, wartet zwei Jahre später mit einem höchst glamourösen Projekt auf: “The Look” (2011) ist ein Doku-Portrait über Charlotte Rampling. Die britische Schauspielerin glänzt seit den Sechzigern in einer enormen Vielfalt an Rollen.
Eine herkömmliche Doku über sich selbst war Rampling zu “blah”. Stattdessen einigte man sich auf acht seperate Kapitel, bestehend aus thematisch festgelegten Zwiegesprächen mit ausgewählten Freunden, die jeweils an eine bestimmte markante Rolle ihrer Karriere anknüpfen. So spricht sie beispielsweise mit Peter Lindbergh über “Exposure”, mit Paul Auster über “Age” und mit Jürgen Teller über “Taboo”. Während sie gewichtige Motive wie diese mit einer Mischung aus Ernst und Witz adressiert, gehen die Gespräche selten in die Tiefe. Der Film weist somit einige Längen auf. Wer Hardcore-Fan der Schauspielerin ist, mag sich am zuweilen belanglos dahinplätschernden Gespräch ergötzen, ansonsten fällt “The Look” etwas zu wenig prägnant aus. Nichtsdestotrotz gebührt Charlotte Rampling ein Tributfilm. Nicht zuletzt deswegen, weil es um die Sichtbarkeit älterer und älter werdender Frauen in Hollywood geht – ein Thema, das die Filmindustrie wiederum gerne als “Taboo” wähnt.
Nach dem Ende der FrauenFilmTage bleibt nun zu hoffen, dass es möglichst viele der (aktuelleren) gezeigten Filme in die Kinos schaffen. Des weiteren darf das Festival angesichts des regen Zulaufs fürs nächste Jahr durchaus größere Bespielungsstätten ins Auge fassen.