Duzz Down San ist so ein Label, das nicht nur einfach Releases raushaut. Seit 2008 ist es Impulsgeber für die hiesige Szene. Die neue Compilation haben wir als Anlass genommen nach dem Stand der Dinge zu fragen.
Mosch, P.tah und Testa machen Musik. Duzz Down San ist ihr Label und das vieler anderer nationaler und internationaler Acts. Feux hat dort schon released, lange bevor er mit Minor Sick Mieux gegründet hat. B.Visible hat mit Duzz Down San ein Stammlabel und Prcls hat hier seine erste EP herausgebracht. Das Label ist Tummelplatz für eine breite Palette an Genres. Hip Hop und verschiedene Varianten von Beats und Breaks findet man aber am häufigsten. Tobias Kovar, der Celeste-Programmchef, hat im letzten Interview die Crew für ihre außerordentlich guten Partys und Bookings gelobt. Ihre Philosophie, Musik in die Welt hinauszutragen, macht Duzz Down San so besonders. Wie diese Philosophie aussieht, könnt ihr zumindest ansatzweise in diesem Interview erfahren.
Das letzte Interview mit uns ist schon über vier Jahre her. Was hat sich in der Zwischenzeit getan bei Duzz Down San?
P.tah: 2013 und 2014 gab es sehr viele Releases. Wir wollten uns danach einschränken und weniger veröffentlichen, weil wir nicht mehr so viel Zeit hatten all die Projekte ausreichend zu betreuen. 2015 kam es zu einer Vereinsgründung.
Mosch: Davor waren wir zwei Jahre lang unternehmerisch ein Label aber wir sind dafür einfach zu nischig und solange wir nicht wirklich am deutschen oder einem anderen größeren Markt andocken können, macht das einfach keinen Sinn. Sonst ist alles beim Alten. Wir machen viele verschiedene Sachen, die uns selber gefallen just for the sake of it.
Ihr seid Producer, Label-Betreiber, Club-Veranstalter und habt dann noch eure Brotjiobs. Wie geht sich das alles für euch aus?
Testa: Gutes Time-Management und dadurch dass wir nicht darauf angewiesen sind mit der Musik oder dem Label Geld zu verdienen, kann man sich auch einfach manchmal mehr Zeit lassen.
P.tah: Es geht sich alles aus, weil wir Bock drauf haben – sowohl Partys veranstalten als auch andere Artists supporten, auflegen, Raps schreiben, produzieren. Das ist, was wir gerne tun.
Mosch: Ich habe immer schon darauf geachtet für mich selbst andere fixe wirtschaftliche Standbeine zu haben, die aus dem ganzen Musikzeug den Druck rausnehmen. Ich muss keine Kompromisse machen, damit etwas vielleicht funktionieren könnte. Ich mag es diese Einflüsse aus meinem künstlerisch-kreativen Prozess komplett rauszuhalten.
Eure Spezialität sind eindeutig kleinere Produzenten und Produzentinnen. Mit Yarah Bravo hattet ihr 2014 erstmals einen Release von einem größeren Act. Wollt ihr euch in Zukunft zunehmend dahingehend öffnen oder soll DDS bei den derzeitigen Maßstäben bleiben?
P.tah: Wenn wir zeitlich können und es uns taugt, machen wirs. Es kommen zwar monatlich mehrere Demos in unsere Mailbox, aber nicht alles geht sich aus.
Testa: Es muss sich irgendwie ergeben. Aus Zeitgründen haben wir auch schon größere Sachen, die uns angeboten wurden, abgesagt.
Mosch: Das mit Yarah war cool, aber halt so ein gemeinsam chillen und Handschlagding. Wir haben weder damals noch heute den Drang unser Standing und unsere Außenwirkung künstlich aufzublasen und uns größer zu geben als wir sind. Wir gehen mit dem Flow der Dinge. Wenn das bedeutet, dass größere Releases dabei sind, cool, wenn nicht, dann nicht. Insgesamt kann man sagen, dass Yarahs Release selbst für ihre Begriffe sehr erfolgreich war und sie sich von uns gut unterstützt gefühlt hat, was natürlich voll auf Gegenseitigkeit basiert.
Ihr werbt bei eurer neuen Kompilation mit "Vielseitigkeit", "abstrakter Beatkonstrukte" und damit dass es nie euer Ziel war "den bequemsten Sound zu machen." Das ist eher nicht die Formel für das große Geld. Wieso macht ihr Duzz Down San denn?
Mosch: Wir sind schon ein bisschen ein Gegenpunkt zu diesem schnelllebigen Hypeding – der Antihype sozusagen. Irgendwer macht ein nices Arpeggio mit Plastik-Brass Sounds und alle rennen ihm nach in die selbe Richtung. Heut der heiße Scheiß, morgen kann sich schon keiner mehr so genau erinnern wer damit angefangen hat und warum das grad so dem Zeitgeist entsprochen hat. Bei uns ist der gemeinsame Nenner, dass jeder etwas ästhetisch anderes macht. Wir hoffen da als willkommene Abwechslung von musikaffinen Menschen entdeckt zu werden. So zumindest der Masterplan, den man nicht verraten darf.
Testa: Duzz Down San wurde gegründet um eine gemeinsame Plattform für unsere Releases zu haben und einfach unser eigenes Ding machen zu können, ohne dabei von jemandem anderen abhängig zu sein. Irgendwie hat man oft das Gefühl, dass Leute es nicht verstehen, warum man etwas aus Überzeugung und Spass macht und nicht aus finanziellen oder Selbstdarstellungs-Gründen. Wir machen es, weil wir Bock darauf haben.
P.tah: Um Artists zu supporten, die wir feiern, um den Sound, den wir machen zu veröffentlichen, aber auch wegen unserer Gemeinschaft und Freundschaft. Ich sehe DDS mehr als Kollektiv und Plattform, nicht als ein Geschäft.
Ist es realistisch, dass ihr irgendwann von Duzz Down San leben könnt? Wollt ihr das überhaupt?
Testa: Nein. Um das zu erreichen, müssten wir zuviel verändern und vielleicht auch unsere eigene Musik zurückschrauben und das will keiner von uns. Wir sind ja alle selber Künstler und veröffentlichen regelmäßig. Bei uns gibt es niemanden, der sich nur um das Label kümmert. Wir machen das alles nebenbei.
Mosch: Wenn ich gern von Labelarbeit leben wollen würde, würde ich einfach ein neues Label gründen und von Null wegstarten. Ein fixes Soundbild zu meiner USP machen. Wenn du auf Erfolg abzielst, musst du erst noch frisch und undefiniert sein und daraus im Dialog mit deiner Fanbase etwas entstehen lassen woran deine Follower beteiligt sind. Die Leute wollen deine Entwicklung sehen, sehen wie sich dein Image zu einer Marke formt, wie du die Leiter raufkletterst und so weiter und so fort. Ich würd nur blutjunge Kids signen die keinen Eff geben. Dafür bin ich allerdings zu lazy und gemütlich und ich mag meinen richtigen Brotjob viel lieber. Außerdem hast du natürlich immer das Risiko, dass der Schuss nach hinten losgehen könnte. Falk Schacht hat vor kurzem gesagt, er kenne viel mehr Artists und Projekte, die gescheitert sind, als welche die Erfolg hatten. In dem ganzen Spiel gibt es viel zu viele Unbekannte, die es echt schwierig machen gutes Geld mit gutem Gewissen zu verdienen.
Österreichischem Hip Hop wird weniger Aufmerksamkeit geschenkt, als er sollte. Wieso ist das so?
Testa: Ich denke in Österreich gibt es eine generelles Problem mit der Wahrnehmung österreichischer Musik und bei Hip Hop ist das noch etwas stärker ausgeprägt.
Mosch: Österreichischem Hip Hop geht es meiner Meinung grad so gut wie selten zuvor. In Deutschland hast du fast nur noch HipHop in den Charts. Und wem die Landschaft dort zu fad wird, der schaut gern auf den kleinen Nachbarn, wo alle lustig reden. Die ganzen Jungen machen sehr unbelastet und künstlerisch ihren Stuff, was extrem gut ankommt. Wenn du in Deutschland Top 10 gehst, wird auch hierzulande irgendeinem Mediengenie ein Licht aufgehen und dann kriegst du auch bei uns Coverage im Mainstream.
P.tah: Dafür gibts viele Gründe. Ich denke, jeder von uns hat Antworten darauf. Aber ich bin es bisserl Leid die aufzuzählen. Mediale Unterstützung, Interesse und mehr urbaner Raum würde vielleicht was verändern, von der Artistseite könnte mehr Kompromisslosigkeit und die Lust darauf, in Promo zu investieren etwas nützen. Glaub ich.
Ist auf deutsch rappen gerade cool, nicht mehr cool oder wird es wieder cool?
Mosch: Da hat sich in den letzten Jahren definitiv was getan. Viele Dogmen wurden abgelegt und Einfachheit wurde wiederbelebt. Teilweise schon mit dadaistischen Ansätzen. Ich bin schwerstens geprägt von amerikanischen Abstract-Hip Hop und hab schon immer abstraktere Textgeflechte flashig gefunden. Auf deutsch geht das jetzt grad langsam erst los, weil das ganze Ding so groß wird. Es scheint als wäre plötzlich mehr Platz für das ganze Spektrum von Rap von Street- über Raop, Grime, Cloud und was da noch so für Begriffe herumschwirren.
Testa: Es ist cooler denn je.
P.tah: Die Coolness-Frage stelle ich mir nicht. ich denke und spreche deutsch, ich mag Rap, klar schreib ich in dieser Sprache.
Österreichische Beat-Musik in seinen verschiedenen Ausformungen ist mit Leuten wie Dorian Concept oder Salute international erfolgreich. Ihr mischt bei euren Releases und Bookings in dem Genre auch ordentlich mit. Wer ist aus eurer Sicht the next big Thing?
Testa: Karma Art bzw. Leyya.
Mosch: Ich hab vor kurzem die neue ZenSupremacy Compilation "Friends" gediggt und finds so lustig, dass da paar junge Heads aus Österreich drauf sind wie zum Beispiel MoVibez, der mir davor gar kein Begriff war wie wahrscheinlich vielen anderen in der Szene. Aber trotzdem ist der international oder im Internet zumindest schon bigger als so manch anderer. Man muss halt nach wie vor immer erst auf einer anerkannten Plattform ein Standing bekommen, damit man bei uns auch dementsprechend wertgeschätzt wird. Es wär alles viel cooler meiner Meinung nach, wenn sich mehr Leute auch bei uns auf ihren eigenen Geschmack verlassen würden und nicht zu viel drauf schauen, was auf irgendwelchen Blogs trendet.
Grime ist hierzulange bereits angekommen. Was könnt ihr zu Duzz Down San und Grime sagen?
Mosch: Ja, scheint langsam auch bei uns anzukommen. Ich war sehr positiv überrascht wie gut die Stimmung bei Stormzy war. Ein textsicheres Publikum und ein volles Flex habe ich mir da am Sonntagabend nicht erwartet. Genau so mit den ganzen anderen Spielarten. Wir haben hier auch langsam die Kurve gekriegt und gecheckt, dass in allen Rap-Subgenres super Sachen passieren und sich diese Welten gegenseitig nicht ausschließen.
P.tah: Ich sammle und feiere Grime live und auf Tonträgern seit 2005 ca. und es gab für mich immer schon dope Tunes und Hits aus dem Genre. Jetzt, wo es etwas weniger hart und rau klingt als früher, finden auch viele andere Zugang zu dem Stil. Meine Musik ist stark geprägt von UK Bass, Dubstep und Grime. Die Geschwindigkeit, das hohe Energie-level, die Rawness all das macht Grime für mich seit Jahren so speziell und war für mich oft interessanter als typischer, sample-basierter, 90-Bpm-Hiphop-Sound.
Bitches und Hoes bzw. frauenfeindliche Texte kommen ja bei euch eher nicht vor. Ist das eine bewusste Entscheidung?
Mosch: Bei uns is halt keiner dabei der in irgendeine Richtung provozieren will, um zu polarisieren. Keine Skandalnudeln bei Duzz Down San. Sorry.
P.tah: Ob das zu 100% nirgends vorkommt, weiss ich nicht, aber ich denk schon, dass wir ein gewisses politisches Bewusstsein teilen, in dem zum Beispiel Frauenfeindlichkeit, Schwulenfeindlichkeit oder Sexismus keinen Platz haben. Auf Klischees und Vorurteile kann man verzichten, man muss so einen Tenor nicht bedienen.
Es gibt nicht nur das Label Duzz Down San, sondern auch Clubbduzz die Eventreihe. Eine Party an das ihr euch besonders gerne zurückerinnert?
Testa: Im Oktober hatten wir Gäste aus Griechenland, Schweiz und Deutschland mit super Sets und auch sehr unterschiedlichen Stilen. Ich finde es immer super, wenn nicht den ganzen Abend der gleiche Sound läuft. Kill Emil aus Griechenland ist im Mai wieder da.
Mosch: Ich erinnere mich tatsächlich auch an jeden einzelnen Club gerne zurück. Inzwischen kommen die Leute schon voll gezielt, weil sie den Vibe cool finden und sich gern musikalisch überraschen lassen. Ich bin so froh mit dem Celeste die perfekte Venue für unser Vorhaben gefunden zu haben. Wir sind da in unserer Vision voll auf einer Wellenlänge.
P.tah: Es ist immer sehr voll, die Leute tanzen, es kommen nice Leute, wir fühlen uns sehr wohl im Celeste und arbeiten gern mit den Menschen dort zusammen. Besonders leiwande Abende für mich waren zum Beispiel mit Persian Empire, die Nächte mit B.Ranks, oder die Partys, als Cid Rim und Wisdom bei uns gespielt haben.
Wir sich dahingehend etwas Neues tun?
Testa: Wir werden so weitermachen wie bisher.
Mosch: Läuft zu gut, um was ändern zu wollen. Ich freu mich auf den Sommer wenn man den Gastgarten wieder hat um auch ein bisschen an der frischen Luft zu chillen.
P.tah: Wir buchen voll relaxed, was sich grad ergibt und machen uns da keinen Stress. Wir haben keine Lust große Namen zu buchen, die viele Leute ziehen, sondern das zu machen, was wir feiern und was in Wien unserer Auffassung zu wenig geboten wird. Natürlich viele Artists von Duzz Down San und aus unserem persönlichen Umfeld.
Euer Name klingt wie eine japanische Anrede.
Mosch: Der Name war eine sich verselbstständigende Schnapsidee. Wenn ich anfange von unserem Label zu erzählen, kommt zwangsläufig immer irgendwann die Frage: "Wie heisst denn euer Label?" – Ich hab da dann immer schon so erklärende Standardantworten parat.
Testa: Safe.
Die neue Duzz Down San Compilation ist ab heute auf Itunes und der Bandcamp-Seite erhältlich. Der nächste Clubbduzz findet am 14.5 mit Kill Emil live, Average, Mosch, u.a. im Celeste statt.