Date mit Ikea

»Der Weg ins Herz einer Dame führt vom Klo über den Kühlschrank zum Badezimmer«, antwortete ich, als ein frisch verliebter Freund verwirrt bei mir um Rat anklopfte und wissen wollte, was denn zu tun sei, damit ihm die aktuell Angebetete nicht abhold wird.

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Und weil ich ein netter Mensch bin, fuhren wir gleich zum Ikea, um gemeinsam Produkte auszuwählen, auf dass seine Garconniere muschifit werde. Du kannst nämlich der beste Schleckomat aller Zeiten sein, du kannst deine stramme Gurke noch so gut nach allen Regeln der Kunst versenken, es hilft alles nichts, wenn dein Häusl gammelt, die Dusche schimmelt und der Kühlschrank teilweise lebt. »Da rennt sie weg und rinnt nicht aus, mein Lieber!«, war meine oberflächliche Diagnose.

Dann kassierte ich einen schmerzhaften Schlag auf den Oberarm, denn die meisten Frischverliebten reagieren auf kleinere Obszönitäten das Objekt ihrer Begierde betreffend oft sehr gereizt. Ich jaulte hoch auf und auch ein bisschen Kreischen war dabei. Gleichzeitig wurde dieser Übergriff für Außenstehende als vertraute Geste interpretiert. Deswegen hielt uns auch das Pärchen, das zur gleichen Zeit den Ikea betrat und uns noch wie ein Schatten folgen sollte, nach kurzem Beäugen wohl für homosexuell. Sie schauten uns, vor allem aber mich sehr musternd und grimmig an. Zwei Typen mit einem Einkaufswagen im Möbelhaus, die sich scheinbar auch noch gerade zanken, sind zwar nur kleine, klischeebehaftete Indizen für gleichgeschlechtliche Vorlieben, es reicht aber wohl aus zur Vorurteilsbildung. Wobei, ich bin am Vortag auf einer ziemlich lustigen Party untergegangen und an meinem Hals und dem rechten Ohr klebten trotzt ausgiebiger Dusche immer noch grüner und goldener Glitter. Keine Ahnung wo ich war und wie der dort hinkam. Aber das verschärfte wohl das Bild.

Das Pärchen vom Eingang, dessen bin ich sicher, glaubte jedenfalls, dass mein Hilfe suchender Freund und ich verpartnert sind. Solch grimmig verwunderte Blicke richtig einzuschätzen ist mir nämlich ein Leichtes. Die kenn ich, weil ich nach rund sieben Krügerl manchmal kurz bierschwul werde und zu schalkhaften, homophilen Attacken neige. Es kann dann schon mal vorkommen, dass ich guten Freunden, wenn sie irgendwo unbedarft herumlehnen, im Vorbeigehen zum Spaß in die Eichel zwick’. Das kommt übrigens nicht immer gut an, wenn ich das mal so sagen darf. So oder so, entschuldige ich mich dann förmlich für die bereiteten Schmerzen und zahle ein Versöhnungsbier. Bier Numero acht ist das üblicherweise und das macht mich dann wieder straight. Soll heißen: Ich lege mich bevorzugt auf gepolstertes Mobiliar, das noch spürbar von Damenhintern gewärmt ist und stelle mich schlafend. In Wirklichkeit schnuppere ich aber daran und denke mir Synonyme für primäre und sekundäre weibliche Geschlechtsmerkmale aus. Manche sind gut, manche sind schlecht, viele schlicht und völlig zu Recht von mir bereits am nächsten Tag wieder in Vergessenheit geraten.

Egal, wir starteten unsere Ikea-Tour, schließlich gab es eine Mission zu erfüllen und ich muss schon sagen, dass ich mich nicht ungern in die blaugelbe Vorhölle begebe. Ich bin nämlich von der Natur mit einer guten Portion Konsensgeilheit ausgestattet worden, die in Möbelhäusern jeder Art zur vollen Entfaltung gelangt. Soll heißen: Streit und Zank sind mit mir beim Interieurkauf nur schwer möglich. Lediglich eine heftigere Auseinandersetzung hab ich diesbezüglich in Erinnerung. Es ging damals ums Bett. Ich wollte, weil ich grade für griechische Heldensagen schwärmte, Eiche, um so Odysseus nahe zu sein. Sie schwärmte für Rattan, wegen der schlichten Exotik. Ich lenkte schließlich ein und ließ in zorniger Selbstgerechtigkeit ein lautes »Nimm dein Bett und gehe heim!« gen Himmel fahren. Ewige Lächerlichkeit, im Angesicht halbherzig furnierter Pressspanplatten.

Aber sonst – keine Konflikte. Wenn ich Maßbänder aus Papier kriege, bin ich schon zufrieden. Ich nehme übrigens immer gleich zwei davon. Eines verarbeite ich sofort in der Jackentasche zu kleinen Kügelchen – das hält mich ruhig. Mit dem anderen vermesse ich zu Hause dann meinen Schwanz. Nach jedem Besuch. Immer.

Deswegen empfinde ich jetzt die oben gewählte Bezeichnung blaugelbe Vorhölle auch ein wenig ungerecht von mir. Aber es ist nicht immer einfach, Synonyme zu finden und bei aller Liebe zur Designdemokratisierung, Vorhölle ist ja trotzdem nicht ganz verkehrt, weil es letztendlich kein hochsensibles Sensorium braucht, um auch die Aggressionen zu spüren, die dort durch die Halle flirren. Vor allem, wenn sie einem entgegen gebracht wird, wie mir vom Eingangs-Pärchen, das dummerweise seinen Einkaufswagen immer so dämlich zwischenparkte, dass man ihn de facto rammen musste.

Die Situation eskalierte dann durch ein Missgeschick meinerseits auch noch fürchterlich. Ich habe nämlich die Angewohnheit, eigentlich ist es aber eine Grille, mit der Hand auf die Schaustücke draufzuklopfen, wenn ich sie passiere. Zwei, drei Tätschler aufs Holz oder die Couch oder das Regal. Das geht mehr automatisch, als dass ich schau, wo ich eigentlich hinlange. Was ich aber künftig wohl besser tun werde. Denn wie ich so durchmarschiere, setz ich zwei ordentliche Klapse auf den Popsch vom männlichen Part des Pärchens, der extrem blöd zwischen zwei Couches zu stehen gekommen war. Der brüllt wie irre, beschimpft mich unflätig. Als er mir eine zimmern will, geht seine Freundin dazwischen und beschimpft mich auch noch, aber irgendwie freundlicher. »Du, die haben jetzt schon ein bisschen überreagiert oder?« – »Ja, aber ist dir aufgefallen, die hatte den gleichen Glitter wie du am Hals.« – »Ha, und ich dachte noch, dass ich die von wo kenn …«

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