Die Musik ist im Umbruch. FL Keys entwickelt eine völlig neuartige Tastenmechanik für Keyboards. Das Projekt erhielt von departure eine Förderzusage.
Friedrich Lachnit, seines Zeichens langjähriger Entwicklungsleiter der Abteilung Klavierelektronik bei Bösendorfer und ausgebildeter Klavier- und Tontechniker gründete 2011 sein eigenes Unternehmen mit dem Fokus auf die Herstellung von High End Keyboards. Seitdem hat FL Keys die Entwicklung einer speziellen lichtleiterbasierten, gummikontaktlosen Tastensensorik zu verbuchen, welche dem Spielgefühl und der Anschlagdynamik eines Konzertflügels sehr nahe kommt. Dabei wird die Anschlagstärke der Tasten aus einer Geschwindigkeitsmessung der frei fliegenden Hämmerchen ermittelt. Die Tastendynamik und die Velocity-Kurven können durch zusätzliche Betätigung dreier Drehregler moduliert und gespeichert bzw. an andere Klangquellen angepasst werden..
Diese Technik ist relativ verschleißfrei und führt zu einer Verbesserung der Haltbarkeit bzw. minimiert die bei Gummikontakten auftretende Fehleranfälligkeit. Im Rahmen der departure-Förderung soll das Produkt bis zur Serienreife geführt und vermarktet werden.
Was genau ist an Ihrem Produkt neu bzw. innovativ?
Neu sind eine patentierte Lichtsensorik zur Messung der Geschwindigkeit der Gewichtungshämmerchen statt der üblichen Gumminoppen unter den Tasten zur Klangerzeugung, die Dynamikdrehregler und die handbearbeiteten Konzertflügeltasten an einem MIDI-Keyboard. Weiters sind verschiedene Edelholzseitenteile und Sonderlackierungen auf Wunsch möglich.
Wo genau stehen Sie in der Entwicklung des Produktes?
Wir haben einen Protoypen fertig und getestet und bauen derzeit eine Nullserie FLK MIDI Keyboards auf. Zwei davon befinden sich bereits im Beta Test bei Profis, nämlich Paul Urbanek und Georg Gabler. Des Weiteren bereiten wir derzeit Marketingaktivitäten vor und arbeiten an der Perfektionierung der Dynamikdrehregler.
Wie sieht ihr Zeitplan für die Dauer der Förderung aus?
Zunächst eben das Perfektionieren der Dynamikregelung und das Fertigstellen der Nullserie FLK MIDI Keyboards. Danach geht es um das Akquirieren von prominenten Renommierkunden um einen Endorsement-Effekt zu erzielen und in Folge das Marketing über Presse und Fachzeitschriften zu forcieren. Im Jahr 2013 wollen wir die Entwicklung dann auf Messen präsentieren.
Ein Schwerpunkt liegt auch in der Erarbeitung des Konzeptes Masterkeyboard mit PC-Verwaltung über USB und ein neues Bedienkonzept mit Display bzw. über den PC. Auch hiervon soll es möglichst bald einen Prototypen und später eine Nullserie geben.
Welche Zielgruppe bzw. welches Preissegment wird ihr Produkt bedienen?
Das FLK ist naturgemäß im Hochpreissegment. Es steckt viel Handarbeit darin, wird zur Gänze in Österreich produziert und der Entwicklung liegen hohe Kosten zugrunde. Die Zielgruppe sind in erster Linie Profis, Musikproduzenten und Komponisten. Natürlich und hoffentlich wird unsere Entwicklung auch Hobbyspieler mit Geld und Prestigewünschen erreichen können.
Gibt es in Österreich einen ausreichend großen Markt oder ist das primäre Ziel der internationale?
Es wäre schön, wenn es sich in Österreich ausginge. Ansonsten wäre als nächstes Deutschland und dann die USA dran. Wenn man dort Referenzkunden aufzuweisen hat kann man leichter wieder in Europa Kunden gewinnen.
Ist der Plan die Keyboards weiterhin selbst zu produzieren oder wäre es eine Option für Sie, die lichtleiterbasierte Tastensensorik an andere Hersteller zu verkaufen?
Das käme auf das jeweilige Angebot an, wird aber nicht direkt angestrebt. Eine teilweise Lieferung von den Lichtleitertastaturen an andere Hersteller, wie etwa Clavia–Nord ist sicher eine Überlegung wert und wäre parallel zur eigenen Keyboardproduktion durchaus vorstellbar.
Ist Ihr Produkt primär auf den Bereich klassischer Musik ausgerichtet oder theoretisch für jeden Musikstil geeignet?
Ein klassisch ausgebildeter Pianist wird sich auf dem FLK sicher sehr wohl fühlen. Die Wurzeln im traditionellen Klavierbau sind da natürlich deutlich zu spüren. Generell ist das ja auch für jeden guten Keyboarder ein erstrebenswertes Spielgefühl. Und wer seine Synth-Solis darauf spielen will, hat die Wheels und eine perfekte Tastatur. Selbst Organisten können mit der Einstellung „Waterfall“ auf dem FLK spielen.
Ist Serienproduktion geplant?
Ja, ist sie.
Was genau ist mit den Drehreglern zu bedienen?
Mit dem Dynamics Drehregler können Sie das Ansprechverhalten der FLK Tastatur ihrem Tastenanschlag und dem Dynamikverhalten der angeschlossenen Klangquelle stufenlos anpassen.
In der Einstellung „Classic“ sind die größten Unterschiede in der Anschlagsgeschwindigkeit möglich. Das FLK Team hat sich hier an den Messdaten eines Profi-Konzertflügels, dem Bösendorfer Imperial orientiert. Der Keyboarder kann die Tasten und damit die Hämmerchen ähnlich schnell beschleunigen wie ein Profikonzertpianist mit echten Klaviertasten die Filzhämmer um das größtmögliche Forte zu erreichen. In der Einstellung „Pop“ sind die geringsten Unterschiede in der Anschlagsgeschwindigkeit möglich, der Keyboarder braucht die Tasten nur mäßig schneller beschleunigen um das lauteste Sample zu erreichen. Die Unterschiede in der Tastengeschwindigkeit zwischen ganz langsam (sehr leise) und sehr schnell (sehr laut) werden aber immer differenziert jedem einzelnen der 127 MIDI-Werte zugeordnet. Egal ob „Classic“ oder „Pop“ oder irgendeine Einstellung dazwischen.
Mit den beiden Velocity Curve Edit-Drehreglern können Sie die Lautstärke in verschiedenen Bereichen der Tastatur anheben oder absenken. Es lassen sich auch durch Kombination der Reglereinstellungen verschiedenste Velocity Kurvenformen erstellen.
Welche speziellen Möglichkeiten ergeben sich daraus?
So können Sie die Spielart des FLK MIDI Keyboards stufenlos mit einem kurzen Dreh, direkt auf der Bedienoberfläche und in Echtzeit individuell an alle verfügbaren Klangquellen anpassen. Die Einstellungen sind natürlich speicherbar.
Haben Sie eine SWOT-Analyse gemacht?
Die Stärke liegt zunächst natürlich im Vorsprung in der bereits erprobten Sensorik-Technologie. Das sehr kreative und eingespielte Team mit langjähriger Erfahrung, darunter zehn Jahre Entwicklung des CEUS-Selbstspielsystems und 30 Jahre lang Klavierbau bei Bösendorfer sehe ich ebenfalls als großes Potential, weiters die enge Verbindung zum Elektronik-Instrumentenbau. Auch der Aspekt der Handfertigung in einer Industrieproduktbranche zeichnet das Produkt aus und lässt flexible Produkt- und Designmöglichkeiten zu. Überdies ist die vorhandene Erfahrung mit Presse, Werbung und Messen, neben einem Gefühl für Musiker und Kunden unabkömmlich für den Erfolg. Und nicht zuletzt ist Wien schließlich mit seinem Klassik-Image ein hervorragender Produktionsstandort.
Die Ansprüche steigen durch fortschreitende Computerentwicklung und es gibt kaum Keyboards für Profis und hochwertige Samples am Markt, das sind gute Voraussetzungen für uns. Und da der Trend auch wieder in Richtung Qualität und Nachhaltigkeit geht, wissen Kunden heimische Produktionen mit klassischem, traditionellen Know-How eher zu schätzen und ziehen sie den Produkten mit Spielzeugimage und Asia-Design vor.
Aufholbedarf gibt es eventuell noch als Unternehmen und im Verkauf. Die hohen Produktionskosten und der infolge dessen höhere Preis und die Tatsache, dass es eine neue und noch unbekannte Marke ist, könnten den Verkauf anfangs erschweren. Neue, teils kostengünstigere Profiinstrumente werden am heimischen Markt Einzug halten und Konkurrenz darstellen. Plagiate der FLK Sensorik bzw. des Konzeptes, unzuverlässige Lieferanten und das teils schwer einzuschätzende Kundenverhalten könnten den Markeintritt erschweren.
Wo besteht gegebenenfalls Verbesserungsbedarf? Wofür wird das Fördergeld in erster Linie genutzt werden?
Zunächst wird versucht werden, die Produktionskosten in der Serienproduktion und den Verkaufspreis zu reduzieren ohne Einbuße der Qualität und des Exklusivimages. Damit soll das Produkt einem größeren Kundenkreis zugänglich gemacht werden. Darüber hinaus wird an der serienreifen Ausarbeitung der Spieldynamik-Drehknöpfe und an der Nullserie gearbeitet.
Welche Zukunftspläne gibt es?
Das eigene FLK Soundmodul, das umfasst Physical Modeling (Klangerzeugungsverfahren, das für alle physikalischen Eigenschaften eines Musikinstruments mathematische Modelle nutzt, Anm. der Redaktion) gepaart mit perfekten Samples auf Chipbasis. Da gibt es schon vielversprechende Kontakte mit Vienna Symphonic Library und Modartt (Pianotheq). Aber das dauert noch und wird ein extra Förderantrag werden.
Einreicher: FLKeys e.U.
Projekt: Wiener Konzert Keyboard FLK
Programm: focus Musik 2011
Programmlinie: departure focus
Schwerpunkt: Musik
Förderquote: 57%
Gesamtfördersumme: EUR 103.338
departure fördert im Projekt von FLKeys die Weiterentwicklung des Keyboards bis zur Serienreife und die Vermarktung des FLK MIDI / Masterkeyboards.