Der Gänsehautproduzent: Arash T. Riahi im Porträt
Seine Filme machen betroffen, rütteln auf oder bringen zum Lachen: Regisseur und Produzent Arash T. Riahi erzählt am Rande der Dreharbeiten zu »Cops« von seiner Arbeit, was ihm Freiheit bedeutet und weshalb er sein Publikum emotional erschüttern möchte.
von Michael MazohlDarf alles, macht es aber nicht
Am »Cops«-Set im Gemeindebau ist kurz vor Mitternacht wieder Mittagspause. In einem Gemeinschaftsraum ist für die über dreißigköpfige Crew ein Buffet aufgebaut. Arash reiht sich in die Warteschlange an, scherzt über die Pistazien im persisch angerichteten Reis. Bereits Platz genommen hat Maria Hofstätter, diesmal in Polizeiuniform. »In erster Linie hat mich das Drehbuch davon überzeugt, bei ›Cops‹ mitzuspielen. Es ist meine erste Zusammenarbeit mit Stefan Lukacs, auch mit Arash und der Produktionsfirma.« Arash stellt sie ein gutes Zeugnis aus: »Er ist als Produzent sehr oft am Set, kümmert sich um alles und jeden.«
Dass Arash am Set der Chef ist, zeigt er selbst nicht. Man kann aber bemerken, dass viele aus der Crew ihm praktisch automatisch bei der Begrüßung kurze Status-Updates geben. »Ich dürfte mich zwar überall einmischen, das ist sogar mein vertragliches Recht als Produzent, aber das mache ich nur im absoluten Notfall.« So bemüht er sich am Set um möglichst spannendes Making-Of Material. »Ich kann als Produzent näher rangehen, als die Set-Fotografen das würden«, erklärt er. Und tatsächlich nimmt er Hauptdarsteller Laurence Rupp kurz zur Seite, um am langen Gang im Gemeindebau ein paar spezielle Shots zu machen.
Wie es der Zufall so will
Ein anderes Set, es ist wieder Nacht: Vor dem berüchtigten Nachtclub »Manhattan« am Neubaugürtel parkt eine Funkstreife, eine Fahrspur ist gesperrt. Das Blaulicht wirft im Sekundentakt seinen Schein auf eine Menschenmenge. Die Szene wirkt chaotisch, wie ein Ameisenhaufen, in den jemand hineingestiegen ist. »Welche Serie?« ruft ein Autofahrer, der extra stehen bleibt. »Spielfilm!« brüllt die Menge leicht erbost zurück. Equipment liegt am Boden, auf den Fensterbrettern stehen Tabletts mit belegten Brötchen. Was nach Chaos aussieht, ist minutiös geplant. Auf ein Kommando sitzt jeder Handgriff.
»Ich habe es einer Aneinanderreihung von Zufällen zu verdanken, dass ich hier und heute mit diesem Team ›Cops‹ produziere«, gibt sich Arash nachdenklich. »Ich habe zur richtigen Zeit mit den richtigen Leuten zu tun gehabt und die Chancen ergriffen, die sich ergeben haben.« Nach der Schule lernte er über einen älteren Schulkollegen den Starfotografen Michael Dürr kennen. Für ihn gestaltete er mit seinem Schulfreund einen Werbespot. Dieser gefiel der ORF-Moderatorin Marie-Therese Euler-Rolle so gut, dass er daraufhin einen Bewerbungsspot für sie drehen durfte. Dank ihr ergab sich ein Engagement beim ORF.
Dort machte er es sich nicht unbedingt einfach: »Die ORF-Kameramänner wollten beispielsweise keine Shots machen, die unscharf sind. Dann waren meine Beiträge meistens aufwändiger im Schnitt – die Cutter wollten aber pünktlich nach Hause gehen.« Schritt für Schritt eignete sich Arash immer mehr Fähigkeiten an. »Ich habe mir immer geschworen: An dem Tag, an dem diese Arbeit für mich zur Routine wird, bin ich raus.« Nach sieben Jahren war es soweit.
Die Szenen im Manhatten am Gürtel sind im Kasten, das Team macht sich auf zum nächsten Set. »Cops« wird Anfang September abgedreht sein, der Kinostart ist für das 2018 geplant. »Die nächsten Projekte der ›Golden Girls Filmproduktion‹ sind in der Pipeline«, darunter auch drei Spielfilme, für den Arash wieder selbst das Drehbuch schreibt und Regie führen wird. Ein Film über die einzige weibliche iranische Ministerin, die 1979 hingerichtet worden ist, ein anderer über die filmische Rekonstruktion des Todesfalles eines Kindes, und ein anderer, der von dem radikalenPerformancekünstler Pyotr Pavlensky in St. Petersburg handelt. Systemkritisch, rebellierend, und ganz nah dran – typisch Arash eben.