Patrick Pulsinger hat nach acht Jahren nun sein neues Album "Impassive Skies" veröffentlicht und The Gap hat dies zum Anlass genommen um sich mit ihm zu treffen und zu erfahren, was Patrick Pulsinger in letzter Zeit so getrieben hat.
Patrick Pulsinger ist nicht nur eines der wichtigsten internationalen Aushängeschilder was elektronische Musik Made In Austria angeht, sondern auch so etwas wie eine Wiener Musik-Institution. Neben seiner Studioarbeit für Bands und Musiker wie Elektro Guzzi, BulBul, DJ Hell oder Patrick Wolf hat er heuer erneut ein eigenes Album veröffentlicht, das prompt von de:bug, einem der wichtigsten deutschsprachigen Magazinen für elektronische Musik, zum Album des Monats gekürt wurde.
The Gap besuchte Patrick Pulsinger in seinen geräumigen Feedback-Studios im fünften Wiener Gemeindebezirk und plauderte lange mit dem sympathischen Musiker und Produzenten über Studioarbeit mit Größen wie Hercules & Love Affair, sein neues Album „Impassive Skies“ und die fade Zeit zwischen Weihnachten und Silvester.
Acht Jahre sind nun seit der Veröffentlichung deines letzten Albums „Easy to assemble” vergangen…
Stimmt nicht ganz – “Dogmatic Sequences” war 2005. Obwohl eigentlich war das die Komplementierung einer Serie. Das letzte “richtige” Album war 2002. Okay, ihr habt recht! (lacht).
Gibt es einen spezifischen Grund für die doch sehr lange Albumpause?
Grund gibt es so gesehen immer. Einerseits bin ich in dieser Zeit in mein neues Studio umgezogen und habe darüber hinaus auch begonnen extrem viel Aufnahmen für andere Musiker zu machen. Und ich muss auch gestehen, dass ich auch eine Zeit lang null Bock auf elektronische Musik hatte. Der Hauptgrund war aber eigentlich, dass ich mich in eine bisschen andere Richtung gezogen gefühlt habe und dann auch nach dem Ausstieg bei Cheap und der ganzen spannenden Studioarbeit keine Vision für ein elektronisches Album hatte.
Im Gegenzug zu “Easy to assemble”, das eher den Gestus eines Jazz-Albums hatte, schielt dein neues Album “Impassive Skies” wieder deutlich auf den Dancefloor. Eine Rückbesinnung oder logische Konsequenz?
Ich habe die ganzen Jahre über viel Material gesammelt und es ist ja nicht so, dass ich völlig abgeschlossen hatte mit der elektronischen Musik und nur mehr Bands produzieren wollte. Ich habe immer mal wieder an eigenen Tracks geschraubt, die aber dann auch mal beiseite gelegt.
Ein elektronisches Album zu machen musste sich einfach richtig für mich anfühlen, und das Tat es eine Zeit lang nicht. Dann kam schrittweise das Feeling bei Aufnahme- und Mastering-Arbeiten für andere Musiker wieder zurück. Du sammelst so nebenbei eine Unmenge an Material, hast immer mal wieder Pausen zwischen Produktionen, in denen du das Studio für dich alleine hast und eigene Ideen weiterverfolgst. Eigentlich wollte ich das Album schon ein halbes Jahr früher fertigstellen, dann kam aber die Produktion von Hercules & Love Affair dazwischen und das konnte ich nicht ablehnen. Es gab aber auch hier Pausen und in denen wollte ich das Album fertigstellen. Dann zwischen Weihnachten und Silvester – ist sowieso eine fade Kack-Zeit – habe ich dann einfach das ganze Album fertiggemischt, damit es einen durchgängigen Sound hat. Das Wichtigste an einem Album ist der sprichwörtliche rote Faden – weniger stilistisch, sondern eher der Sound des Ganzen.
Welche Musiker und Bands hast du neben Hercules & Love Affair noch produziert in der letzten Zeit?
Lasst mich kurz überlegen…Trio Exklusiv, Bulbul, Freud, Patrick Wolfs zweites Album habe ich gemacht. Dann war da noch eine japanische Pop-Band, die unbedingt in Wien aufnehmen wollte. Für DJ Hell habe ich ein paar Sachen gemacht. Letztens habe ich natürlich Elektro Guzzi in Zusammenarbeit mit Oliver Brunbauer, der auch hier in diesem Haus sein Studio hat, aufgenommen. Dazu kommen auch viele kleinere Arbeiten für die unterschiedlichsten Musiker und Kollegen.
Trotz immer besser werdender Home-Recording-Software, liegt das Auslagern gewisser Produktionsprozesse in Studios wieder im Trend. Woran liegt das deiner Meinung nach?
Momentan ist ein gewisser Trend zwischen klassischer Aufnahmetechnik kombiniert mit teilweiser digitaler Mischungs- und Produktionstechnik zu erkennen. Die Leute produzieren zwar oft zu Hause und Software-only, wollen dann aber gewisse Dinge fett und Old School aufnehmen. Das hört man dann dem Endprodukt natürlich auch an. Darauf haben wir uns auch ein wenig verlegt. Die Leute wollen einfach wieder aufnehmen und das ist gut so.
Zurück zum Album: Es klingt Old Schoolig auf eine ansprechende Art und Weise. Siehst du das auch so?
Ich habe versucht meinen Stil von Drum Programming treu zu bleiben, aber auch ein wenig zu modernisieren. Man soll zwar hören, dass das Album von mir ist, aber nicht nach einem Album von 1995 klingt. Es klingt vielleicht etwas Old Schoolig, weil ich auch etwas Old Schoolig bin. Schließlich bin ich dieses Jahr 40 geworden. Nach mehr als 15 Jahren hat man seine Produktionsprozesse und man erfindet sich nicht alle drei Jahre neu.
Fast auf jedem Track des Albums sind Gast-Vokalisten oder Gast-Musiker zu hören. Wie setzt du das dann live auf der Bühne um?
Bei der Album-Release-Party im Wiener Flex war es richtig aufwändig. Da waren wir zu neunt auf der Bühne. Ich arbeite mit Ableton und der Rest wird live gespielt. Zu viert oder zu fünft funktionert es aber auch richtig gut. Es wird sogar viel clubtauglicher wie wir zum Beispiel kürzlich in der Roten Sonne München feststellen konnten. Ich hab früher auch schon viel live gespielt, da ist man es gewohnt viel Equipment mitzuhaben. Man sollte es sich halt auch nicht zu bequem machen. Wenn man sich und seine Musik auf einer Bühne präsentiert, sollte es für das Publikum auch nachvollziehbar sein. Die Kommunikation reißt sonst schnell ab.
Wird es eigentlich eine Tour zum Album geben?
Diesen Sommer über nicht. Im Herbst wird es eine kleine Deutschlandtour geben. In England und in Schottland werden wir auch spielen. Zehn bis fünfzehn Gigs werden wir uns zusammenbasteln. Wir wollen in den großen Städten und guten Clubs spielen um die Platte zu promoten. Da die Platte auch gesondert in Japan rauskommt, werden wir auch für zirka drei Gigs nach Japan fahren. Ist halt auch nicht so einfach mit einer großen Partie an Leuten so weit herumzufahren. Eigentlich bin ich sowieso lieber daheim in Wien… (lacht).
Stichwort: Wien. Zu Zeiten des Wien-Hypes in den Neunzigern warst du einer der Haupt-Protagonisten. Wie siehst du die Lage im Moment? Man munkelt ja von ersten Anzeichen eines neuen Wien-Hypes…
Es ist immer schwierig zu sagen, was die Grundbausteine dafür sind, dass sich die Medien wieder auf eine Stadt stürzen. Das kann man ja teilweise nur schwer abschätzen. Das passiert alle zwei Jahre mit einer anderen Stadt. Berlin hielt jetzt gerade relativ lange das gelbe Trikot inne. Da sind Gott und die Welt und seine Mutter nach Berlin gezogen. Das Problem an solchen Hype-Situationen, ist die einseitige Berichterstattung.
Bei Wien war das damals genauso. Die Leute, die aus dem Blickwinkel rausgefallen sind, hatten eher damit zu kämpfen. Ich seh das immer ein wenig ambivalent für die Szene einer Stadt. Im Zuge dessen kommen dann immer sehr viele Sachen raus, die besser nicht rausgekommen wären. Das sind dann aber keine Sachen mit Nachhaltigkeitswert. Für die Leute die in der Zeit nach dem Hype an den Start gehen, wird es viel schwerer entdeckt zu werden, weil die Medien und Hörer sich denken, dass wir das ja gerade so überrepräsentiert hatten. Immer dort wo die Aumerksamkeit nicht liegt, können sich Sachen ungestört entwickeln. In Wien gab es dann um die Nuller Jahre eben fast nix. Eigentlich ein gewisses Vakuum. Jetzt beginnt eben gerade wieder ein Erwachen mit Acts wie Soap&Skin, Dorian Concept oder Ogris Debris. Ein verträgliches Spotlight ohne übermässig gehypte Protagonisten ist viel gesünder finde ich.
Was steht bei Patrick Pulsinger in nächster Zeit an?
Als Musiker, wie gesagt, einige Konzerte, DJ-Gigs und ein paar Produktionen für das neugegründete Label von Hercules & Love Affair-Mann Andrew Butler namens “Mr. International”. Darüber hinaus werde ich im Rahmen von Wien Modern drei Abende im Casino Baumgarten kuratieren. Das wird superspannend. Weiters werde ich das kommende Album der steirischen Noise-Rocker “Killed by 9V-Batteries” aufnehmen und mit Richard Eigners Band “Ritornell” Aufnahmen machen. Eigentlich ist dieses Jahr termintechnisch richtig gut gefüllt! (lacht).
“Impassive Skies” von Patrick Pulsinger ist bereits auf Disko B erschienen. Weitere Informationen, Hörproben und Tour-Daten findet man unter span lang=“en-US“> oder span lang=“en-US“>