Kaveh Ahi war schon als „kleiner Bub“ im Volksgarten, wie er selbst sagt. Vor kurzem hat er seinen Job als Clubmanager aufgegeben und mit uns im Interview über seine Homebase, Entwicklungen in der Wiener Clubszene und die neue Pratersauna gesprochen…
Letzte Woche kam via Facebook-Posting die doch recht überraschende Nachricht – nach über 20 Jahren zieht sich Kaveh aus dem Clubgeschäft zurück und verlässt den Volksgarten. Selbst wer diesen Club persönlich nicht mag, zollt ihm gewissen Respekt, schließlich hat kaum eine andere Location so lange in Wien überlebt. Die Familie Böhm führt den Club bereits in zweiter Generation und noch heute stehen freitags und samstags gleich zwei Menschenschlangen davor. Einen Anteil an diesem (geschäftlichen) Erfolg, hat unter anderem auch Kaveh Ahi, der den Club zuerst als Veranstalter und später als Clubmanager mitgeprägt hat. Wir haben mit ihm über seinen Abschied, seine Pläne, die neue Pratersauna und seine Highlights aus über 20 Jahren Clubleben gesprochen.
First things first, wieso hast du aufgehört? Und wie schwierig war der Abschied?
Ich hab aufgehört, weil ich immer neue Herausforderungen brauche – und ein Projekt, dass ich aufbauen kann. Im Volksgarten war das so nicht mehr gegeben. Da ist nicht mehr viel aufzubauen, was gut ist und auch sehr schön. Ich hab einfach Lust, etwas Neues zu machen, vielleicht auch etwas eigenes, aber ich habe noch keinen konkreten Plan. Natürlich war es schwierig, ich war mit 16 schon als Gast im Volksgarten, hab versucht reinzukommen und es ist mir fast nie gelungen (lacht). Ich hatte ein bisschen Glück, ich war als Perser mit 16 schon behaart im Gesicht, war muskulös und sah älter aus und hab es ab und zu reingeschafft. Ich hab den Club schon als „Kind“ geliebt und mir, vor allem weil ich so oft nicht reingekommen bin, immer gedacht: Ich muss den Scheißladen mal selbst machen, dann sagt mir keiner ob ich rein darf oder nicht. Und mit 18 hat mir der damalige Clubmanager Shahin Nejad ermöglicht, eine Party zu veranstalten. Da ist also eine große emotionale Bindung, von der Pubertät weg als Gast, dann als jemand der selbst Partys dort gemacht hat und dann noch das Management. Es war wirklich schwer und ich muss auch ehrlich sagen, ich bin ein bisschen in einem Schockzustand und realisier das erst.
Wie hat dein Geschäftspartner Michael Böhm reagiert?
Er war schon etwas überrascht, als ich mit ihm darüber geredet habe, weil er nicht gemerkt hat, dass mir zum Schluss auch ein bisschen die Lust gefehlt hat. Ich habe meine Arbeit natürlich gemacht, aber mir hat dieses Funkeln in den Augen gefehlt. Der Betrieb läuft super, alles ist gut, wieso sollte man da aussteigen? Rein rational gesehen ist das auch verrückt, weil ich einen guten, sicheren Verdienst hatte. Es war mehr eine Bauch- und Herzentscheidung.
Kannst du dir vorstellen in der Club- oder zumindest in der Gastroszene zu bleiben?
Ich dachte schon, als ich den Entschluss gefasst hab. Als ich aus dem VoGa raus bin hab ich mir gedacht: Ok, ich such mir jetzt irgendeine kaputte Bude und die bau ich auf und es macht mir Spaß und ich kann das. Aber ich muss ehrlich sagen, so nach 10 Tagen stell ich immer mehr fest, dass ich das gar nicht mehr unbedingt will. Die Tendenz was Club betrifft geht Richtung nein, aber ich bin da sehr wechselhaft. Es tun sich momentan – leider – ein paar Optionen auf, aber eigentlich will ich wegfliegen (lacht). Gastronomie an sich reizt mich schon… vielleicht auch was für älteres Publikum, wäre jetzt auch authentisch.
Was waren deine Highlights aus den letzten über 20 Jahren?
In der Kronenzeitung steht, dass Sven Väth gratis für mich gespielt hat. So würd ich das nicht formulieren, aber das war schon ein Highlight. Ich glaub 2003 oder 2004 kam Sven Väth privat als Gast in den Club und dann haben wir ein bisschen Champagner getrunken und geredet und dann sagt er plötzlich: „Die Zeichen stehen hier auf Party!“ und dann hat er irgendwann gesagt, er spielt jetzt. Und ich hab das zuerst gar nicht ernst genommen und hab gesagt: „Ja, aber du hast keine Platten mit.“ – und dann hat er sie aus seinem Auto geholt. Er hat dann um 4 Uhr angefangen und bis 9 aufgelegt – damals war die Sperrstundenregelung noch lockerer. Um halb 5 war es nicht mehr wirklich voll, aber dann standen plötzlich 500 Leute vor der Tür. Das hat sich dann auch wiederholt, es kamen einige DJs privat zu uns und haben dann gratis bei uns aufgelegt, dafür war der VoGa auch eine zeitlang bekannt. Sie waren oft in anderen Clubs gebucht und sind danach zu uns und haben noch gratis gespielt. Das hat die ganzen Veranstalter natürlich geärgert, weil die mehrere tausend Euro DJ-Gage bezahlt haben und am Ende waren ihre DJs bei uns… Danach haben die Veranstalter irgendwann in die Verträge hineingeschrieben, dass die Acts in Wien nur in ihrem Club spielen dürfen – das war praktisch mein Werk.
Ein persönliches Highlight war dann auch noch Falco. Ich war 19 und hab die Samstage im Volksgarten mit meinem Freund Peter Czermak veranstaltet. Und dann ist Falco gekommen und ich hab mich nicht hingetraut und nach zwei Stunden sind Leute zu mir gekommen und haben gesagt: „Der Falco ruft nach dir, er möchte dich kennenlernen. Er möchte wissen, wer dieser Bub ist, der das hier macht.“ Dann bin ich hin und das war arg, ich bin neben ihm gesessen und hab eh kein Wort rausgebracht. (lacht)
Es tut sich generell viel in der Wiener Clublandschaft… woran könnte das liegen?
Das war in gewisser Weise immer so. Für mich war der Volksgarten natürlich meine Sternwarte von der aus ich das betrachtet habe (lacht). Es war immer so, dass es Zyklen gab, wo sich zwei oder drei Jahre wenig getan hat und dann haben sich neue Dinge aufgetan. Die letzten 4 Jahre war es doch recht ruhig, die Sauna war nicht mehr neu, die Forelle hat damals aufgemacht. Für mich war das zuerst zwar der Underground-Laden schlecht hin, ist aber aus bestimmten Gründen doch nicht so gut gelaufen, wie ich gedacht hatte.
Woran liegt es, dass der Volksgarten schon ewig auch geschäftlich erfolgreich ist?
Der Volksgarten wird ja in zweiter Generation betrieben und Vater Böhm, der leider nicht mehr lebt, hat eine wunderbare Anlage aufgebaut, das ist schon einzigartig, zwischen Parlament und Hofburg. Die Voraussetzungen waren super aber trotzdem hab auch ich Jahre erlebt wo gar nichts gegangen ist. Michael Böhm ist ein professioneller Geschäftsmann und behördlich und administrativ super aufgestellt. Ich bin da grundsätzlich sehr ähnlich, als ich mit 18 meine erste Party gemacht habe, wollte ich in der Früh einen Gewinn haben. Ich hab sehr genau gerechnet und bin am Ende nach Hause und hab meinen Eltern gesagt: „Ich verdien bald mehr als ihr.“ (lacht) Der wirtschaftliche Hintergrund ist uns sehr wichtig, wir haben damit auch Kompromisse gemacht, die im Underground verpöhnt sind. Auf der anderen Seite kannst du an diesem Ort auch keinen Underground-Club betreiben, du bist es der Stadt Wien fast schuldig, dass du breites Publikum ansprichst, weil auch viele Touristen kommen.
Ihr habt seit Jahren die selben Partyreihen Freitag und Samstag… habt ihr überlegt, das mal zu ändern?
Ja, sicher. Und die Antwort ist nein. Wir wollten das nicht. Ich hab eine Phase gehabt, wo wir im Volksgarten sehr viele Acts gebucht haben. Wir waren sehr Ibiza-lastig Anfang 2000, die sind jetzt alle kommerziell geworden, damals waren sie das aber noch gar nicht so. Zum Beispiel Axwell oder auch David Guetta. Der hat 2003 im Volksgarten ein supergutes House-Set gespielt. Aber wir hatten auch Trentemoeller und Sven Väth. Dann hab ich gemerkt, dass Acts einen Club auch kaputt machen können. Wenn die Leute nur danach gehen, was du für einen Act hast und nur deswegen kommen, dann ist der Act viel wichtiger als der Club und das Drumherum und das hat mir dann mit der Zeit nicht so gefallen. Noch dazu verlangen die Acts viel Geld, damit wird es fast unmöglich mit dem Eintritt die Kosten zu decken. Nach dieser Erfahrung hab ich gesagt, wenn wir den Volksgarten 2011 neu aufsetzen, will ich keine Acts mehr haben. Die Leute sollen kommen, weil der Club leiwand ist und weil sie den Ort mögen und weil die Qualität passt. Natürlich haben Freitag und Samstag jeweils eine eigene Ausrichtung bekommen, Freitag ist eher kommerziell und Samstag spielen wir mittlerweile am Mainfloor richtigen Techno. Die Leute wissen was sie bekommen und diese Konstante war gewünscht von uns und es funktioniert.
Was hat sich durch den Umbau 2011 verändert?
Bis 2007 haben wir sehr gut gewirtschaftet und danach ist es langsam aber stetig bergab gegangen und da war klar: Wir müssen etwas tun. Neue Events zu launchen wäre nicht genug gewesen, deshalb haben wir alles neu aufgestellt – personell, als auch architektonisch. Der Umbau hat die Erwartungen der Gäste nicht so erfüllt, weil sie wenig davon direkt gesehen haben, aber wir haben auch intern alles auf den Kopf gestellt. Ich glaub das ist dann auch aufgegangen – also, dass der Club im Vordergrund steht. Natürlich kann man es nicht jedem recht machen.
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