Scorsese gräbt sich durch die Vinyl-Kiste. Seine Serie lässt Sex und Drogen aufleben. Um Vinyl geht es auch.
Alle wollen ein Stück vom Vinyl-Kuchen. Der durchschnittliche Musik-Konsument kauft schon längst lieber Schallplatten statt CDs und MP3s. Große Kaufhäuser verzeichnen in der Vinyl-Sparte Rekord-Verkäufe und erweitern stetig ihr Sortiment. Nach 30 Jahren wurden in Detroit wieder neue Vinyl-Pressen angefertigt. Martin Scorsese bringt eine neue Dramaserie mit dem Titel »Vinyl« heraus. Moment.
»I own so much Vinyl«
Zu Scorseses wertvollsten Platten gehört eine Gold-Pressung von »Sunshine Of Your Love«, ausgehändigt von Eric Clapton höchstpersönlich. Seine Leidenschaft zu Musik, 45s und 78s haben wohl eine wichtige Rolle gespielt, als sich er und niemand Geringerer als Mick Jagger zusammengesetzt haben, um eine neue Serie über Sex, Drugs, Rock’n’Roll und ja, Vinyl zu konzipieren. »It’s fast, it’s dirty, it smashes you over the head«, ein Zitat aus der neuen Serie, mit der man die Arbeit beider lebenden Legenden treffend beschreiben kann. Jagger und Scorsese sind jedoch noch nicht genug. Drehbuchautor Terence Winter (»Boardwalk Empire«, »The Wolf of Wall Street«) und Regie-Kollegen Allen Coulter (»The Sopranos«) und Carl Franklin (»House of Cards«) gesellen sich zum hochkarätigen Team dazu.
Golden Age
Dennoch geht es in »Vinyl« nicht um den Schallplatten-Hype, in dem wir uns zur Zeit befinden. Der wieder in den allgemeinen Sprachgebrauch zurückgekehrte Begriff soll zusammen mit dem Plot der Serie Nostalgie-Gefühle wecken. Trompetenärmel, Glockenhosen und viel Drogen zeigen die 70er Jahre in den USA wieder lebhaft auf dem Bildschirm. Aber nicht nur Stil-Sünden und Exzesse waren charakteristisch für diese Zeit. Es war die Wiege für Punk, Disco und Rap, die sich neben dem so dominanten Rock’n’Roll noch dazu reihten. Bands wie die Rolling Stones, Led Zeppelin oder AC/CD bescherten der Plattenindustrie große Umsätze. Bis Anfang der 80er Jahre die CD auf den Markt kam, war der Handel mit Vinyl ein blühendes Geschäft. Der Label-Dschungel war mit seinen Major-, Sub- und Independent-Labels mittlerweile unüberblickbar geworden. Alle kauften und fusionierten sich gegenseitig. Der Konkurrenzkampf nahm neue Ausmaße an.
Rock’n’Roll was real
Die Hauptrolle – der Plattenboss Richie Finestra, gespielt von Bobby Cannavale – ist der Klischee-Siebziger. Zurückgekämmte Brisk-Frisur, aufgeknöpftes Hemd mit besonderer Betonung der Brusthaare und borderline drogenabhängig. Er ist ein dauergestresster Label-Betreiber und steht gerade vor dem Deal seines Lebens. Der Labelriese Polygram will sein American Century Records kaufen, jedoch nur unter einer Bedingung. Finstestra muss ein großes Signing mitliefern. Um an sein Ziel zu kommen, kämpft er sich einmal quer durchs Musikgeschäft New Yorks, durch Partys, Drogentrips, Backstage-Orgien und Sex-Eskapaden. Das stellt dann seine Ehe mit Devon – gespielt von Olivia Wilde – ein wenig auf eine Probe.
Wer Scorseses Hang zu sizilianischem Machismo, Gewalt und Profanität mag, der wird sich an »Vinyl« erfreuen. Das Vintage-Szenenbild beeindruckt, ein einfach nicht alternder Ray Romano fasziniert und der nicht all zu übertriebene Humor macht Laune. Zusätzlich zu den Schauspiel-Veteranen erfrischen Jungstar Juno Temple und Jaggers Sohn James das Set. Scorsese hat ja ohnehin eine große Nähe zur Musik. Dass er jetzt ins Serienfach wechselt, ist nicht überraschend, aber dennoch erfreulich.
Ab 14. Februar ist »Vinyl« über Sky Go, Sky On Demand und Sky Online zu empfangen.